Clavulinopis dichotoma im Kontrast zu einer Ramariopsis

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 512 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von AlexanderK.

  • N'abend,


    es gäbe noch einiges mehr von der Wiese zu zeigen, aber ich komme zu nichts. Die Tage ist mir eine weiße, jeweils einfach - d.h. in zwei Äste - gegabelte Keule/Koralle untergekommen. Einen passenden Kandidaten dafür hatte Wolfgang P. vor einiger Zeit mit Clavulinopsis dichotoma genannt [altgriechisch dichotoma heißt genau das, aufgegabelt in 2 Teile]. Die im letzten Jahr gefundenen Exemplare entsprachen jedoch nicht den Vorgaben, insbesondere mit Verweis auf das Bildmaterial hier https://www.mycocharentes.fr/pdf1/1859.pdf


    Etwa 4,5 cm hoch, in drei Hierachien aufgegabelt. Weiß. Zwischen einer gelb-beigen Keule und Hygrocybe insipidia. Vorgestern.

    Heute entnommen

    Durchlicht, erfreulich - es sind reichlich Sporen zu sehen

    KR, Sporen sind 4,5-5,5*3-3,5 µm groß, gelegentlich mit einer Blase/Tropfen

    Wie heißen die Schnallen, die man im Englischen "crozier" nennt?

    normale Schnallen

    Das scheint soweit alles zu passen.


    LG, Bernd

  • Hallo,

    nach allem was ich heute weiß, sind Wiesenkeulen aktuell nicht bestimmbar.

    Es gibt in der Natur weit mehr Arten als in der Literatur, und da geht ziemlich viel durcheinander.


    Die Schnallen sind korrekt erkannt, aber die Gattung Ramariopsis hätte man auch vom Bild ohne Mikros vermutet.

    Die Sporen haben vermutlich eine sehr feine Ornamentierung, die nur mit optimal eingestellter Optik im Lichtmikroskop zu sehen ist. Oft hilft eine Färbung mit Baumwollblau und Beobachtung in Chloralhydrat.


    Gruß,


    Wolfgang

  • Hallo,


    die Sporen aus dem Abwurf sehen in BWB so aus. Diverse Beleuchtungsvarianten und Filter brachten mich zu dieser Version, bei der man am ehesten ein Relief der Oberfläche erkennen kann. Da gibt es flache Erhebungen, aber keine Warzen oder Stacheln.

    Dass man unterm Elmi evtl. was sehen würde, kann schon sein. Das habe ich aber gerade nicht dabei. Im sichtbaren Licht halte ich das für weitgehend ausgereizt.


    Wolfgang P. - erkennst Du die Gattung Clavulinopsis nicht an? Oder warum meinst Du, dass man hier schon aus der Ferne Ramariopsis sieht? Ich sehe ja, dass Du ziemlich nihilistisch eingestellt bist

    nach allem was ich heute weiß, sind Wiesenkeulen aktuell nicht bestimmbar.

    das hindert doch aber nicht daran, einen Pilz einer konkreten Beschreibung einer Art durch einen Art zuzuordnen, deswegen gehört ja normalerweise der Autor zum wissenschaftlichen Namen (in der Faunistik auch das Jahr, was ich für plausibel halte). Dass eine heute bestimmte Art in 20 Jahren noch so Bestand hat, steht doch ohnehin in den Sternen. Letztlich ist die Taxonomie mehr eine Sozialwissenschaft (wie wir die Welt gern geordnet hätten) als eine Naturwissenschaft (wie die Welt ist), da darf man schon mal milde gestimmt sein.


    LG, Bernd

  • erkennst Du die Gattung Clavulinopsis nicht an? Oder warum meinst Du, dass man hier schon aus der Ferne Ramariopsis sieht? Ich sehe ja, dass Du ziemlich nihilistisch eingestellt bist

    Hallo Bernd,

    doch, ich erkenne die Gattung Clavulinopsis an. Das Problem ist, dass die Arten sich bei der Grenze zwischen "Sporen glatt" und "Sporen ornamentiert" nicht um die Wellenlänge kümmern, bei der wir versuchen, diese Ornamentation zu beobachten. Einige Ramariopsis-Arten wie die rund um subtilis, zu denen Dein Fund gehört, haben Ornamentationen, die - so wie Du es machst - nicht zu sehen sind, weil sie zu nah an der Beobachtungsgrenze der Lichtmikroskopie sind. Auf dem Foto oben ist die Kondensorblende jedenfalls fast zu.


    Versuch' doch einfach mal die Färbung mit Baumwollblau, und öffne dann die Kondensorblende fast vollständig. Manchmal hift dann noch Chloralhydrat oder 3% KOH als Kontrastmittel. Ob die Optik, die Du benutzt, überhaupt eine ausreichende numerische Apertur hat, weiß ich nicht.


    Oder Du suchst jemanden, der die Sporen mit REM anguckt.


    Gruß,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    ist das von mir erwähnte "BWB" nicht eine übliche Abkürzung für Baumwollblau? Jedenfalls sieht man doch das Blau des Hintergrunds? Das gezeigte Bild ist in der Tat mit fast geschlossenem Kondensor, aber wie ich sagte, habe ich mit den Einstellungen und Filtern (leider kein blauer oder violetter Filter vorhanden) experimentiert, und das war das maximale was an Relief zu sehen war. Bei offenem Kondensor hat man wesentlich weniger Beugungseffekte, die eventuelle Feinheiten zeigen könnten. Ein Orthoplan sollte die nötigen optischen Qualitäten haben. Abgesehen davon, dass das Trinokular nicht bestückt ist und ich per Handy fotografiere - sicher mit Qualitätsverlusten. Aber eine Ornamentierung war nicht zu erkennen. Ich weiß, dass meine Mikrobilder nicht sonderlich hochwertig sind. Das liegt aber eher daran, dass ich mangels Stereolupe freihändig präpariere und mit Handy durchs Okular fotografiere. Der erste Punkt greift aber beim Sporenabwurf nicht. Und beides ist nicht dem Mikroskop anzurechnen.


    Doch, der Begriff der Ornamentierung bezieht sich schon auf sichtbares Licht. Denn spätestens beim AFM kriegt man immer molekulare/atomare Strukturen zu sehen, die ncht mehr glatt sind. Der Begriff "ornamentiert" ergibt keinen Sinn, wenn man keine Bezugsgröße hat.


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,

    Bei offenem Kondensor hat man wesentlich weniger Beugungseffekte, die eventuelle Feinheiten zeigen könnten.

    so wie ich das mal gelernt habe, ist es umgekehrt: eine geschlossene Blende verringert die Auflösung. Aber ich lasse mich gerne von Mikroskopikern belehren.

    Hast Du das BWB erhitzt? Nehmen die Sporen tatsächlich keine Farbe an? Hast Du ein Exsikkat?


    Der Begriff "ornamentiert" ergibt keinen Sinn, wenn man keine Bezugsgröße hat.

    Das ist korrekt. Aber die Grenze zwischen Ramariopsis und Clavulinopsis ist eine genetische. Im Schlüssel hat man leider kein sauberes Unterscheidungsmerkmal für die Gattungen.


    Am ehesten könnte man vielleicht schlüsseln:


    1 Sporen globos mit großem Apiculus und großem Öltropfen, Frk verzweigt --> Donkella ("Clavulinopsis") corniculata, umbrinella und weitere

    1* Sp anders ...2

    2 Sp unter LM glatt UND Frk unverzweigt ( aber gelegentlich büschelig) --> Clavulinopsis s.str.

    2* Sp unter LM ornamentiert ODER Frk verzweigt --> Ramariopsis


    Leider gibt es aber selten auch unverzweigte Formen im Ramariopsis subtilis agg.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang, hallo sonstige Interessierte,


    da Wolfgang geltend gemacht hat, dass bei besserer Meßmethode erkennbar sein würde, dass die Sporen Stacheln haben und es sich um Ramariopsis handele, mir aber bessere Meßmethoden aktuell nicht zur Verfügung stehen, bleibt mir nur die alternative Beweisführung, indem ich die bestehende Meßmethode auf eine echte Ramariopsis anwende und zeige, dass, wenn dort Stacheln vorhanden sind, diese auch zu sehen sind (zu sehen wären).

    Also heute früh vor dem Frühstück ein paar Ramariopsis eingesammelt - der Vorzug eine gut sortierten Wiese.

    Schon im Auflicht ist hier unterm 25er beim Durchscrollen die Rauigkeit der Sporen zu sehen. Auf den Fotos davon eher nicht mehr. In KR dann aber ganz deutlich, ganz ohne BWB und Erhitzen ...

    Schnalle


    Ich bleibe also dabei, dass die eingangs gezeigte Art eine Clavulinopsis mit glatten Sporen ist, die der Beschreibung von Clavulinopsis dichotoma genügt und daher entsprechend benamst werden kann.


    Wenn man, wie Wolfgang eine komplette Neudefinition der Gattungen vornimmt, dann hat man zwar vielleicht einige enge Gattungen die schlüssig beschrieben sind, aber mit Ramariopsis eine Müllgattung in der alles Mögliche reinfällt und die ziemlich sicher nicht monophyletisch wäre. Wurde denn eine solche Neudefinition der Gattungen gültig publiziert?


    LG, Bernd

    Pilze aus Litauen, sofern nicht anders angegeben.

    Einmal editiert, zuletzt von kruenta ()

  • kruenta

    Hat den Titel des Themas von „Clavulinopis dichotoma“ zu „Clavulinopis dichotoma im Kontrast zu einer Ramariopsis“ geändert.
  • Wurde denn eine solche Neudefinition der Gattungen gültig publiziert?

    Nein, es handelt sich nicht um eine Neudefinition. Die Typusdefinition ist ja voll OK für Ramariopsis (die Typus-Art ist kunzei). Bei der nahezu glattsporigen subtilis wurde schon seit Jahrzehnten immer wieder diskutiert, ob sie nicht bei Ramariopsis besser aufgehoben wäre als bei Clavulinopsis, lange bevor das durch Sequenzen bestätigt wurde. Die Bandbreite der Ornamentation bei Ramariopsis geht von sehr kleinen, flachen Warzen über deutliche Höcker bis zu langen Stacheln.


    Corner (1950), der wohl als Einziger eine originale "dichotoma" von Bourdot (1928) untersucht hat, hält das Taxon für ein Synonym von subtilis.


    Nach dem was ich an - nicht publizierten - Phylogrammen gesehen habe, scheint Ramariopsis nicht polyphyletisch zu sein. Eher muss Clavulinopsis geteilt werden, und es tauchen einzelne "Clavulinopsis"- Sequenzen im Ramariopsis-Clade auf.

    Aber da wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren was tun.


    Grüße,


    Wolfgang


    P.S.: ich beneide Dich um Deine Wiese. Sammel' mal ein paar Kollektionen und trockne sie, vielleicht freut sich AlexanderK über die Belege und sequenziert sie sogar kostenlos.

  • Hallo,


    das was Bernd hier zeigt (beides) ist ganz klar Ramariopsis. Clavulinopsis-Arten haben in der Regel einen großen "Öltropfen" in der Spore und außerdem sind die Sporen selten so klein, wie bei Bernds Fund und die Basidien sind i.d.R. relativ lang, bzw. eben recht kurz (selten über 20 µm) bei Ramariopsis. Ein Indiz für Ramariopsis ist auch das eher "bereift" wirkende Hymenophor. Bei Clavulinopsis ist das normalerweise glatt/speckig und evtl. faltig im Alter.

    Ich habe inzwischen einige Belege gesehen die den beiden hier gezeigten ähneln aber darunter verbergen sich mehrere Arten.


    LG,

    Alex