Zwei Peziza-Arten auf Sägeabfall (P. arvernensis & P.ampliata?)

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 995 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sebastian_RLP.

  • Hallo,


    heute konnte ich auf letztjährigen Sägeabfällen bis zu handgroße Pezizen finden.

    Es waren einige Duzend Fruchtkörper über nur wenige Quaratmeter verteilt.

    Da das meine ersten Peziza-Funde sind und da die Fruchtkörper mich sehr beeindruckt haben, möchte ich den Fund hier zeigen und hoffe auf Bestimmungshilfe.


    Zum Fund:

    Keine 20 m neben dem Wanderparkplatz befindet sich seit letztem Jahr ein verteilter Haufen mit Sägeschnipseln und Sägemehl.

    Heute lassen sich darauf braune bis beige Fruchtkörper finden.

    Die Außenseite ist mal filzig, mal etwas glatter.

    Der Becherrand ist mal glatt, mal geriffelt.

    Ich habe natürlich nicht alle FK ausgebuddelt, sondern nur 2 (einmal hell, einmal braun).

    Womöglich sind zwei Arten vermischt: eine hellere, größere (bis 12 cm Durchmesser!) mit eher wachsiger Außenseite und glattem Becherrand sowie einem kurzem Stiel, und eine etwas dunklere Art mit filzigem Äußerem, geriffeltem Rand ohne erkennbarem Stiel.

    Oder es ist alles dasselbe nur unterschiedlich reif?


    Bild 1 Heller Fruchtkörper Typ A mit Stiel


    Bild 2 Gruppe Typ A


    Bild 3


    Bild 4


    Bild 5 Dunklerer Fruchtkörper mit wellig-geriffeltem Rand (Typ B?)


    Bild 6 Brauner Typ B


    Bild 7 Zwei sehr große, helle Fruchtkörper (Typ A), der rechte FK hatte gu 12 cm Ausdehnung


    Bild 8


    Bild 9 Brauer Typ B, außen weiß filzig


    Bild 10 heller Typ A mit kleiiger Außenseite


    Die Asci beider FK-Typen sind an der Spitze amyloid und besitzen Haken.

    Die Sporen sind ellipsoid, ohne in BWB erkennbares Ornament.

    Der große, helle FK liefert kaum freie Sporen. Ich messe an den wenigen freuen Spiren 15-16 x 8-9 µm (verm. unreif). Keine Öltropfen.

    Der kleinere braune FK liefert hingegen viele freie Sporen, die etwas größer sind, um 17-20 x 9-12 µm. Zwei Sporen des braunen FKs zeigen deutlich zwei Tropfen, der Rest nicht.

    Die Medulla besteht - bei beiden Typen - aus sehr großen blasigen Zellen, die bis 100 oder fast 200mm groß werden.

    Unterhalb der Medulla soll man auf eine Textura intricata prüfen, parallel zum Hymenium ausgerichtete Hyphen - solche Hyphen kann ich in beiden Fällen nicht finden.


    Bild 11 Ascus in Lugol von hellem Typ A, Sporen ohne erkennbares Ornament 15-16 x 8-9 µm, tw. unreif in Ascus gemessen


    Bild 12 Hymenium und Medulla bei dem hellen Typ A, Asci um 250µm lang, blasige Zellen bis deutlich > 100µm


    Bild 13 Medulla und Außenseite ohne Textura intricata


    Bild 14 Schläuche amyloid um Operculum (in Lugol)


    Bild 15 Unornamentierte, freie Spore mit 2 Tropfen (gefunden bei braunem Typ B), in BWB gefärbt


    Wachsen mehrere Peziza-Arten auf Holzschnipseln wie hier gerne durcheinander, oder darf ich davon ausgehen, dass hier vielleicht nur eine Art (z.B. Peziza cf. varia - der Name ist Programm) vorliegt?

    Ich fürchte aber, es sind bestimmt mehrere Arten.

    Scheinbar gibt es ja annähernd 100 Peziza-Arten in Mitteleuropa.

    Es scheint keine einfache Gattung zu sein.


    Ich versuche einen Sporenabwurf meiner beiden FK.

    Mal schauen, was dabei herauskommt.


    LG, Martin


    Probe Typ A (vor dem Zerschnippeln) auf 5mm-Raster (vgl. Bild 7, rechts)


    Probe Typ B (vgl. Bild 9)

  • Hi, ich bin's nochmal.


    Es scheinen tatsächlich zweierlei Peziza-Arten vorzuliegen.


    Der Sporenabwurf beim hellen Typ A hat geklappt, wenn auch nicht sehr ergiebig, aber ausreichend für eine genauere Untersuchung.

    1) Die Sporen sind feinwarzig ornamentiert

    2) Sporengröße liegt bei 14-17,5 x 7-9 µm²

    3) 2 Öltropfen sind vorhanden!


    Bild N0 Fundplatz von Peziza-Probe "Typ A", der Fruchtkörper hatte einen angedeuteten kurzen Stiel im Substrat, zwischen Buchenblättern


    Bild N1 Sporen von Fruchtkörper Typ A sind feinwarzig und besitzen oft zwei Öltropfen (teilweise in BWB gefärbt)


    Bild N2 Außenseite weiß feinfilzig


    Übernacht sind die Fruchtkörper etwas getrocknet und der Pilz, oder das, was noch davon übrig ist (den größten Teil habe ich im Garten verteilt), ist an der Außenseite glatt und weiß durch sehr einen feinen Filz.


    Damit komme ich beim Schlüsseln nach Hohmeyer bei Peziza arvernensis (Buchenwald-Becherling) heraus.

    Das sollte stimmen!



    Der zweite, dunklere Fruchtkörper hat mehr Sporen gebildet.

    Bei der Bestimmung bin ich mir aber nicht so sicher.

    1) Sporen sind unornamentiert

    2) Die Sporen sind tatsächlich deutlich größer, ihre Abmessungen liegen bei 17-20 x 10-13 µm².

    3) keine Öltropfen gesehen (nur 1x, könnte aber auch Fremdspore von der anderen Peziza-Probe sein!).


    Bild N3 Fundsituation des kleineren, braunen Fruchtkörpers auf Sägespähnen und Buchenlaub, ohne Stiel aber mit ausgefranstem Becherrand


    Bild N4 Sporen von brauner Peziza (Typ B) sind nicht mit Warzen ornamentiert und ohne Öltropfen (links unten in BWB gefärbt)


    Die Außenseite ist grobfilzig, nicht weiß, eher hell bräunlich mit etwas schollig wirkender Struktur.

    Bild N5 Lupnbild der Außenseite von Peziza Typ B


    Da die Paraphysen einfach und ohne Pigmente sind, schlüssle ich via Hohmeyer zu Peziza ampilata (Vielgestaltiger Becherling).

    Könnte das hinkommen?


    Laut Pilzflora Ehingen wurden beide Arten auf Holzhäcksel gefunden.


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Sehr große Peziza auf Sägeabfällen“ zu „Zwei Peziza-Arten auf Sägeabfall (P. arvernensis & P.ampliata?)“ geändert.
  • Hallo Martin,


    danke für die schöne Dokumentation. Ich muss zugeben, dass ich eine Weile gebraucht habe, um deine Anfrage in meinem Kopf zu sortieren und die Bilder alle den richtigen Fruchtkörpern zuzuordnen. Aber du hast ja alles beschrieben.


    Also ich denke P.ampliata kann schon sehr gut hinkommen. Würde mit deinen Daten auch mit Hohmeyer schlüsseln und dort zum gleichen Ergebnis kommen. Ich für mich selbst bin immer noch etwas skeptisch, ob ich bei Gattungen in denen ich mich nicht gut auskenne das im Mikroskop gesehene immer richtig interpretiere. So ein Excipulum kann ja durchaus herausfordernd sein. Mir hilft dann immer, wenn ich verschiedene Formen (intricata, globulosa, textura ... superior medial inferior ektal) schon einmal sicher identifizieren konnte. Da braucht es glaub eine kontinuierliche Auseinandersetzung in einer solchen Gattung.


    Ampliata passt ja hier aber auch Makroskopisch durchaus. Vielleicht hättest du noch zusätzlich die Paraphysen darstellen können (oder habe ich das übersehen?).


    Auf solchen Holzschnipseln habe ich die Tage übrigens auch so ein Massenaufkommen an Becherlingen finden können. Leider erst beim Abendspaziergang mit untergehender Sonne, so dass die Bilder nicht ganz optimal geworden sind im Halbdunkel:



    Mit Blitz:


    Lasse diese gerade nachreifen, denke, dass auch hier die Sporen ggf. noch nicht ganz reif sind. Sind jedoch ohne Anhängsel, glatt (bzw. maximal dezent "streifig" oder "schuppig wirkend", das aber auch in 1000fach Ölimmersion und BWB nur zu erahnen) und haben eine Größe von:

    20,0-21,1 µm (av. 20,6 µm, SD 0,4 µm) x 10,6-11,7 µm (av. 11,1 µm, SD 0,4 µm); Q = 1,7-1,9 (av. 1,8, SD 0,1)(n = 5)

    Interessant, mit einem kleinem kräftigen Öltropfen (KOH 3%):


    Zarte "Streifung" in BWB, sonst glatt:


    Die Asci sind operculat mit amyloider Spitze in IKI (Baralsche Lösung). Interessant sind auch die unteren Abschnitte der ASCI, die dextrinoid zu sein scheinen? Naja, wohl nicht bestimmungsrelevant, aber eine kräftige Farbreaktion.


    In IKI


    Füsse der Asci


    Paraphysen einfach, septiert, mit geschwollenen Spitzen


    Ich komme hier zu Peziza megalochondra cf. ... ich bleibe aber auch zurückhaltend, da ich in der Gattung einfach zu wenig Erfahrung habe. Der eine Öltropfen kommt wohl so bei dieser Art auch vor.


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    danke, dass du dich mit meinem etwas wirren Beitrag befasst hast.

    Ich hatte tatsächlich zuerst gemeint, es könne alles der gleiche Pilz sein, bis ich den Schlüssel von Hohmeyer entdeckt habe.

    Nach einer mehr oder minder kurzen Überlegung, ob ich für jeden Pilz nochmals einen Thread aufmache, habe ich mich dagegen entschieden.

    Das mag falsch gewesen sein - übersichtlich ist natürlich etwas anderes.


    Auf jeden Fall habe ich einiges gelernt, vor allem, wie man es besser macht und bei Peziza vorgehen muss.

    Das nächste Mal klappt es bestimmt (hoffentlich!) besser.


    Die Paraphsysen habe ich tatsächlich vergessen einzustellen, sie sind auch wenig spektakulär - keine Pimente, keine ausgeprägten Köpfe, Septen o.ä.

    Die Fotos sind auch nicht besonders geworden:

    Bild P1 Paraphysen von Peziza arvernensis (heller Typ A im Startbeitrag) in Wasser


    Bei P. cf. ampliata musste ich die Paraphysen suchen, es waren nur sehr wenige zu finden.

    Nach dem Färben der Sporen in BWB habe ich dann erst ein Foto gemacht.

    Leider ist ds Hymenium mit irgendeinem cyanophilen Schlunz umgeben, der auch die Paraphysen verunziert.

    Bild P2 Paraphysen von Peziza ampliata (Dunklerer Typ B im Startbeitrag) mit etwas BWB


    Ich war tags darauf nochmal vor Ort:

    Die helle Peziza arvernensis wachst an vielen Stellen im (Buchen-)Laub im Wald, aber nicht in so hoher Dichte wie auf den Sägeabfallhaufen neben dem Waldweg.

    Die dunklere Peziza cf. ampliata habe ich an anderer Stelle nicht entdeckt.


    Ich muss schon sagen, wenn man Flechten gewohnt ist, staunt man nicht schlecht über derartig große Apothecien-Klopper!

    Es gibt viel zu entdecken!


    Übrigens, sehr schöne Aufnahmen von der P. megalochondra hast du da gemacht, toll!

    Interessanterweise ist bei den Asci, die du zeigst, nicht nur ein Ring ums Operculum amyloid, die ganze obere Ascuswand schein blau gefärbt zu sein.

    Die dextrinoiden unteren Hälften der Asci sind mir bei meinen Exemplaren auch aufgefallen.

    Das ergibt einen starken Farbkontrast zur amyloiden Spitze.


    LG, Martin

  • Hallo Martin

    Servus Sebastian


    Wie kommst du auf P. megalochondra?

    Um diesen Bestimmen zu können brauchst du einen Schnitt durch das Excipulum hier mal eine Kurzbeschreibung für P. megalochondra:


    Apothecia stipitate, up to 7 cm diam., margin often coarsely granular/pustular; apical cell of paraphyses with distinct yellowish guttules, penultimate cell often somewhat inflated; flesh not distinctly stratified, containing large, thin-walled cells to c. 250 µm diam.; on wood-chip mulch in hothouse (spores 20–23 × 10–13 µm)


    Bei deinem Fund seh ich schon mal keine gelben Guttulen in den Paraphysen und wichtig wären halt dann auch die großen Zellen im Excipulum/Medula-.


    Der eine Öltropfen kommt wohl so bei dieser Art auch vor.

    Der Öltropfen den du in deinen Sporen erkennst ist der Zellkern !

    Ein Öltropfen wäre deutlich erkennbar

    Beispiel Helvella-Spore:

    Öltropfen 12µ

    Zarte "Streifung" in BWB,

    Die Streifung der Spore in Baumwollblau ist vermutlich nur eine leicht zusammengezogene Sporenhaut und kein Ornament.

    Die dextrinoide Färbung des Plasmas in den Asci kommt häufig , vorallem bei unreifen Asci vor und ist nicht bestimmungsrelevant.


    Zu P. arvernensis ist ja schon alles gesagt.

    Ob das aber wirklich P. ampliata ist, weiß ich nicht.

    Habe aber auch im Moment keinen besseren Vorschlag.


    Grüße

    Felli


  • Hallo Felli, geschlüsselt habe ich mit Hohmeyer,


    Schau mal, Bilder vom Excipulum in Kongorot:


    links Ektalexcipulum, rechts Hymenium/Asci


    Kann das hinkommen mit den großen Zellen?


    Mit dem Tropfen war ich schon auch eher an einen Zellkern erinnert, danke für die Korrektur. Dieser wird in Darstellungen der Art so gezeigt, siehe z.B. hier:

    Peziza megalochondra (Le Gal) Donadini • CEMAS Orden Pezizales
    Peziza megalochondra, Orden Pezizales, Ascomycota, en virutas de Quercus ilex, leg. M. González, det. E. Rubio, ERD-6334.
    www.centrodeestudiosmicologicosasturianos.org


    Ein Inhalt der Paraphysen wird bei Hohmeyer nicht abgefragt (oder habe ich es überlesen?).


    Woher stammt deine Beschreibung, womit schlüsselst du?


    LG Sebastian