Hilfe zu Schleimpilz

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 791 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sebastian_RLP.

  • Hallo zusammen,


    neben Pilzen mit Hut und Stiel gabs auch einige Schleimpilze. Die Bestimmung ist leider gar nicht einfach :cool:


    Vielleicht kann jemand helfen, lamproderma


    Hier der erste Fund, auf weichem, nasstriefendem Laubholz:



    Das Teil ist gestielt, hat nach meinem Verständnis keine Columella, Sporen befinden sich im Inneren



    Die Sporen sind globos, etwas unter 10µm und haben nur eine leicht punktierte(?) Oberfläche:


    Ein Capillitium ist meiner Meinung nach vorhanden, glatt, verzweigt und zeigt immer wieder Auftreibungen/Verdickungen:


    Danke für eure Hilfe,


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,

    Deinen Schleimi würde ich für Physarum nutans (Ph.album) halten. Typisch sind die nickenden Köpfchen.

    Allerdings ist Deine Aufsammlung noch nicht reif. Im reifen Zustand sind Schleimpilze einfacher zu erkennen. Meist hilft aber nur das Mikroskop.

    LG Ulla

  • Hallo Ulla,


    super, vielen Dank, das sieht passend aus. Da wäre ich beim Schlüsseln nicht gelandet. Beim Schlüsselschritt Physarales bin ich schon falsch abgebogen: Sporen in Masse dunkelbraun, violettbraun, schwarz, selten heller. Braun sind die Sporen ja aber auf jedenfall, "dunkel" hatte ich dann ausgeschlossen. Was gelernt.


    Kalk ist in dem Gebiet in jedem Fall. Das scheinen die ja zu "verwerten". Die Verdickungen scheinen also Kalkknoten zu sein.


    Vielen Dank nochmal, Gruß Sebastian

  • Einen habe ich noch,


    auf Laub, erinnert an kleine Heidelbeeren:


    Sporen diesmal um die 10µm, bzw. etwas größer, dickwandig, Farbe kräftig lilabraun:


    Capilitium glatt, aber immer wieder auch mit dezenten "dornenartigen" Fortsätzen


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,

    das wird schon etwas problematischer.

    Man sieht nicht ob die Fruchtkörper einen Stiel haben. Er kann auch sehr kurz sein.

    Man muß dann die Peridie mikroskopieren ob die weißen Kalkteile aus Kalkkristallen bestehen --> das wäre dann Didymium.

    Das Capillitium schein ja keine Kalkknoten zu haben. Das spricht auch für Didymium.

    Ich würde auf einen kurzen weißen Stiel tippen und Kristalle auf der Peridie?

    Dann könnte es Didymium squamulosum sein. Die Art wächst gern auch auf Laub.


    LG Ulla

  • Hi,


    also einen Stiel konnte ich tatsächlich nicht erkennen, die saßen direkt auf dem Blatt, hatte noch ein Schnitt durch einen Sporokarb samt Blatt gemacht:


    Mit der Peridie war es etwas schwierig, der Sporokarb war extrem fest. Man konnte das kaum quetschen. Ich versuche es morgen nochmal.


    Danke und LG, Sebastian

  • So, habe mich mal weiter versucht ...


    Was meine ich zu sehen/zu verstehen: also, die Sporokarpien sitzen flach auf dem Substrat, ein Stiel ist nicht zu erkennen.


    Ich deute dieses hyaline Band (siehe Bild unterhalb: Querschnitt Fruchtkörper + Substrat) auf dem die Myxocarpien sitzen als Hypothallus? Also zarte Haut, welche die Myxocarpien mit dem Substrat verbinden (hier im Bild hat sich dieses vom Substrat flächig abgelöst, wird aber im Regelfall ansitzen).

    Dieses Band enthält wahrscheinlich nicht wenig Kalk (so würde ich die kristalloiden Strukturen deuten) und zieht wie ein "Stamm" in den Sporokarb hinein (deutet man das noch als ?inneliegenden? Stiel? Oder wie nennt man das? Unter Columella habe ich mehr zarte Stiele und Äste verstanden - so wie bei Stemonitis z.B.)




    Von dort zieht das Capillitium zur Peridie. Es wirkt auf mich nicht stark verzweigt. Es enthält nun doch ebenfalls reichlich Kalkknoten, wie ich heute nochmals deutlich herausarbeiten konnte:



    Im letzten Bild kann man deutlich erkennen, das die Peridie aus kräftigen, hyalin wirkenden Kristallen besteht. Hier weitere Eindrücke dazu:


    Bei der Bestimmung scheitere ich dann. Ich gelange erstmal zu Myxogastromycetidae, dann zu Physarales. Dort wäre ja zu entscheiden zwischen Physaracea und Didymiaceae. vom Capillitium spricht einiges für letztere (strahlend, verzweigt und eher nicht dicht vernetzt). In der Regel kalkfrei passt wieder eher nicht, da hier ja knotige Einlagerungen deutlich sind. "In der Regel" schließt das aber auch nicht aus.


    Bei Physaracea wirds richtig schwierig: am ehesten vielleicht noch Physarella oder Badhamia? Aber so richtig passen will nichts. Insbesondere wegen dem dort regelhaft stark verzweigten Capillitium.


    Am ehesten also doch Didymiaceae mit Kalk in Peridie (und ?Pseudostiel?)


    Hier Kalk in Peridie kristallin - Fruktifikation Sporokarpien (keine Aethalien) - hier Kalk am ehesten zu Schale vereinigt, (nicht zu Schuppen? puuh?) = Didymium


    Ob das Wachstum nun nivicol (Wachstum durch schmelzenden Schnee angeregt?) ist, kann ich nicht sagen, wir hatten Schnee, das liegt aber einige Wochen zurück (Weihnachtsfeiertage). Also durchaus denkbar.

    Da landet man bei D. nivicolum. Da passt die Mikroskopie aber die Makroskopie gar nicht. Kommt außerdem nur über 1600m vor.


    Ansonsten Peridie einfach, Sporenskulptur stachelig, ohne gratig netzige Verbindungen, Sporen zwischen 8-13µm.


    Vielleicht D.annelus. Würde auch von Makroskopie, vom Substrat und Vorkommen passen? Aber einiges (mikroskopisch) passt auch nicht so gut, Hypothallus Rand der Fruktifikation nicht überragend, das deute ich hier anders.


    So richtig sicher bin ich also bei alldem nicht. Kein ganz einfaches Geschäft :kaffee:

    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    da hast Du Dich ja redlich bemüht das Richtige rauszubekommen.

    Bei den Physarales lagst Du schon richtig.

    Zur Unterscheidung von Physarum und Didymium muß man die Kalkauflage auf der Peridie untersuchen ob sie kristallin (Didymium) oder amorph (Physarum) ist. Auf Deinen letzten Fotos sieht man gut die Kalkkristalle (wie kleine Sternchen) --> deshalb Didymium

    Dann das Capillitium untersuchen: die Verdickungen der Capillitiumfäden hast Du als Kalk interpretiert. Das sind aber "nur" Verdickungen. Kalkknoten bei Physarum sitzen meist in den Achseln der Netzstruktur. Sie sehen auch anders aus als die Verdickungen. Da kommt man wieder auf Didymium.

    Du schriebst, die Fruchtkörper seien nicht gestielt, aber auf dem ersten Foto sieht man das sie nicht ganz aufsitzen und auf den 2 folgenden Fotos sieht man auch, das da eine weißer stämmiger aber sehr kurzer Stiel ist, der bis in den Fruchtkörper reinragt. Die Fruchtkörper haben oft auf der Unterseite einen Nabel in den der Stiel reinragt und sie deshalb wie sitzend scheinen. Die von Dir vermutete D. anellus ist wirklich sitzend, hat keinen Stielansatz und die Columella sitzt direkt auf dem Hypothallus auf.

    Die dunkle Verdickung im Köpfchen auf dem 2. Foto ist die Columella. Die besteht auch aus Kalk. Das ist anders als bei den Stemonitales. Die sind ja völlig kalkfrei.

    Die Sporenstruktur und -größe ist auch i.O. sodass ich wie vermutet wieder auf Didymium squamulosum komme.

    Diese Art ist sehr vielgestaltig (vielleicht kommt bei zukünftiger Sequenzierung raus dass es mehrere Arten sind?). Sie ist aber sehr häufig und kommt gern auf Laub vor.

    Da Du mit einem Schlüssel versucht hast zum Ergebnis zu kommen, versuch den doch mal rückwärts zu gehen. Da findest Du vielleicht raus wo der Denkfehler war.

    Noch eine Bemerkung zu nivicolen Arten. Die wachsen wie bekannt am Rande des tauenden Schnees. Die Schneelage muß dick sein und mehrere Wochen liegen bleiben und dann erst bei frühlingshaften Temperaturen tauen. Solche Bedingungen hat man in der Ebene nicht, deshalb das Vorkommen im Gebirge (teilweise schon ab 500m in Mittelgebirgen, z.B. Harz, Thüringer Wald, Schwarzwald). Dieses Jahr wird es aufgrund der ungünstigen Schneelagen sicher auch in den Alpen schwierig für diese Arten von den Mittelgebirgen ganz zu schweigen.


    LG Ulla

  • Hallo Ulla,


    vielen Dank für deine zahlreichen Erläuterungen. Habe doch die Tage (auch dank deiner Hilfe) mal mehr Verständnis für die Schleimpilze entwickelt.


    Ja ich bin bei ungestielt abgebogen. Aber wie du es beschreibst ist der parallele Schlüsselschritt passend; "... Stiel bisweilen in genabelter Basis eingesenkt, selten fast sitzend/verwachsend". Dann kommt man auch dahin. Dort findet sich auch eine Angabe für die Möglichkeit eines "selten reduzierten" Stiels.


    Habe mir auch die Beschreibung nochmal durchgelesen, dass passt schon alles sehr gut zu der Art. Auch die Verdickungen und die Schwarzvioletten Sporen, die Beschreibung der Columella usw usw.


    Ich danke dir.


    Gruß Sebastian