Kalkflachmoor

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 3.275 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kruenta.

  • Moin, heute war ich im großen Kalkflachmoor im benachbarten NSG Pravirsulis schauen, was denn so die Orchideen - die im Forum ja auch ziemlich populär sind - machen. Eine Zeit lang habe ich hier auch Tagfalter gezählt, bis das nationale Tagfaltermonitoring nur noch aus mir bestand ... Da ich das libellen- und schmetterlingstaugliche 300 mm Telemakro durch ein 60 mm Macro ersetzt habe, ist dazu aber mit Bildern nicht mehr viel, zahlreich waren jedenfalls biotoptypische Arten wie Coenonymphe hero, Euphrydryas aurinia und Melitaea diamina.


    1) Pinguicula vulgaris, Fettkraut

    2) Pedicularis palustris

    3) Pedicularis sceptrum-carolineum, Karlszepter

    4) Moosbeere in Blüte

    5) Dactylorhiza ochroleuca

    6) Dactylorhiza incarnata

    7) und in weiß, D. incarnata f. alba

    8) Dactylorhiza cruenta

    9) Dactylorhiza baltica (D. majalis ssp. baltica nach Eccarius)

    10) Dactylorhiza traunsteineri

    11) Potentilla palustris

    12) Salix rosmarinifolia, eine Zwergweide

    mit Pilzen sah es dünn aus

    13) Polyporus ciliatus

    14) nicht gesucht aber trotzdem gefunden, sehr grelle Angelegenheit: Exobasidium karstenii

    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,


    sehr schöne Blümchen gibt's da bei Euch noch!

    Kalkflachmoore sind in Deutschland in den letzten 200 Jahren mindestens 95% verschwunden durch Entwässerung und Überdüngung. Im Saaletal zwischen Saalfeld und Jena gabs vor 200 Jahren über 300 einzelne Kalkflachmoore - heute noch ein einziges das seinen Schutzstatus längst nicht mehr verdient hat, weil es inmitten eines Dorfes zwischen zwei Häusern in einer Baulücke liegt und komplett mit Großseggen und Schilf zugewachsen ist.


    Einige der von Dir gezeigten Arten kenne ich aus dem Alpenraum, z.B. D. ochroleuca und D. cruenta (Seiser Alm). D. traunsteineri ist auch am Feldberg im Südschwarzwald zu Hause, in kalkfreien Rieselfluren auf Granit mit Swertia perennis zusammen.

    Das Karlszepter steht dagegen noch in den TopTen meiner Pflanzenwunschliste ....


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas, gerade das Karlszepter ist hier auch selten (geworden), die neue rote Liste kennt nur noch aktuelle, nach 2007, Belege aus 3 MTB. Davon ist diese hier die mit Abstand größte Population. Wenn es blüht werde ich auch Bilder zeigen. Dann müssten da in den nächsten Tagen noch Ophrys insectifera und Liparis loeselii, Malaxis monophyllos blühen - die letzeren beiden sind aber ohne Blüten oder Fruchtstände kaum zu finden und auch nicht jedes Jahr anzutreffen.


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,


    Dein Beitrag ist ja unglaublich! Da wäre ich gerne dabei gewesen. Vielen Dank fürs zeigen.

    Nachdem ein befreundeter Botaniker gerade über einer Arbeit über Läusekräuter sitzt und um Meldungen bezüglich Standorte gebeten hatte, eine Frage - ist dieses Moor in Litauen oder in Deutschland? Sorry, ich habe nur gerade Litauen in Deinem Profil gelesen.


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo, was ich hier in diesem Kalkflachmoor auch noch suche, ist Bovista paludosa. Der wurde hier 2012 oder 2013 gefunden, bei einer Exkursion, die ich selber geführt habe, allerdings ist mir der Pilz dabei entgangen, zum einen weil ich zu dem Zeitpunkt noch kaum mit Pilzen befasst war und dann wohl auch, weil die Mykologin das wohl erst in ihrem Institut festgestellt hat, was sie da Schnuckliges gefunden hat.

    Die Seite aus der aktuellen Roten Liste (2021)

    LG, Bernd

  • Moin,

    ich war heute erneut im Kalkflachmoor, nachdem es gestern heftig geregnet hat und die 30°C derzeit wieder unterschritten sind. die Orchideen sind in voller Blüte und das Karlszepter, das wohl das meiste Interesse fand, fängt an zu blühen. Bei einem Drittel der Rosetten sind die Blütenknospen abgebissen - die scheinen lecker zu sein.

    1) am Rand gab es mit M. rotula sogar einen Pilz auf Erlenstubben

    2) Dactylorhiza baltica

    3) D. traunsteineri

    4) Ophrys insectifera ist im Land nur in 3 vorkommen bekannt, hier wurde die 96 erstmalig gefunden

    5) vermutlich D. baltica x traunsteineri

    6) D. baltica

    7) Karlszepter

    8) Coenonymphe tullia, auch ein Kalkflachmoorspezialist

    9) D. traunsteineri

    10) Euprhydryas aurinia, die Larven fressen an Teufelsabbiss, da werden dann auch die Eier gelegt, Blätter gibt es zuhauf, Blüte aber erst ab Ende Sommer

    11) Triglochin palustre, wird vermutlich ziemlich selten gezeigt, in Blüte

    12) Orchideen-Landschaften

    13) Pedicularis palustris hatte ich neulich in Blüte gezeigt, so sieht das in reif aus

    14) Betula humilis

    15) D. cruenta am Verblühen

    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,


    was für schöne Biotope - vernünftige Kalk-Flachmoore sind mir leider nirgends vergönnt .....


    Die Dactylorhiza-Arten sind in solchen Biotopen aber schon seeeeehr schwierig. Ich kenne D. traunsteineri aus den Alpen und vom Feldberg (Schwarzwald), typisch auf Rieselfluren über Urgestein. Ob deine Kalk-Flachmoor-trausteineri tatsächlich dasselbe ist? Oder vielleicht doch D. lapponica? Die ei-lanzelttliche Blattform soll der Hauptunterschied zur schmal-lanzelttlichen traunsteineri sein. Die bayerischen AHO-Leute halten traunsteineri für auf den weiteren Alpenraum beschränkt. Zumindest besteht wohl Konsens, dass alles was in Deutschland nördlich der Alpen-Schwarzwald-Bayerwald gefunden wird hybridogene Sippen sind die nicht zu traunsteineri zu stellen sind (alle Thüringer FUnde wurden z.B. wieder "kassiert" ...)

    Leider leider fehlt mir die praktische Erfahrung, weil ich einfach viel zu wenig in solche Biotope komme *heul*


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas, ich hatte vor einigen Jahren mal Helmut Presser zu Besuch, und da war dieses Biotop natürlich eins der wichtigsten - die anderen beiden sind mittlerweile kaputt (O. morio, Coeloglossum viride, Gymnadenia connopsea mit Tausenderpopulation) - und seine besondere Aufmerksamkeit galt eben auch der traunsteineri/russowii, die er wohl auch als synonym ansah. Einige sehr typische Exemplare mit den langen schmalen Blättern fand er dann auch, wobei ich die Art hier anhand des kurzen Blütenstands mit wenigen Blüten, niedrigem Wuchs, Form der Lippe fast ungeteilt und deutlicher Violettfärbung des Stiels im Blütenbereichs festmache. Und spätere Blütezeit, die hält am längsten in Blüte aus. Bei 5 Arten an einem Ort ist aber mit vielen Hybriden und Artanpassung zu rechnen, dass die Hybriden steril sind, glaube ich nicht, jedenfalls nicht generell.


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,


    vielen Dank für Deine Erläuterungen, sehr spannend. Dass die Pflanzen mit russowii, dem Ostsee-Knabenkraut, verglichen wurden kann ich mir vorstellen, das war ja ursprünglich sogar mal nur eine Subspezies von traunsteineri (ssp. curvifolia). Dein Bild 9 zeigt relativ wenig violett überlaufene Stängel, was besser zu russowii passen würde - andere Unterschiede an Merkmalen gibt's ja eh kaum zwischen den beiden, und auch das dürfte relativ variabel sein. D. lapponica hat stets einen +/- grünen Stängel, und vor allem eben breitere Blätter.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo, noch ein paar Bilder vom Karlszepter. Nach 2 Wochen über 30 Grad sind die entweder extrem schnell verblüht oder gar eingetrocknet. Ein paar Blüten habe ich aber doch noch gefunden. Übrigens ist auch der Fruchtstand sehr spezifisch und kann sogar im Winter leicht gefunden und identifiziert werden.


    Derzeit kommt der Wasserhanf in Blüte, als Haupttracht für Schmetterlinge.

    Gruß Bernd