Kleiner Täubling unter Roteiche

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 1.402 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Oehrling.

  • Hi zusammen,


    normalerweise mache ich um alles, was wissenschaftlich "Russula" heißt einen weiten Bogen und kümmere mich lieber um alles andere. Aber die folgende Kollektion stand einfach zu schön da, sodass ich es mal versuchen wollte die Art herauszubekommen. ALlerdings bei meiner Null-Erfahrung mit der Gattung versande ich recht schnell, zumal mir manche Chemikalien fehlen und ich die HDS-Struktur nicht wirklich in Begriffe fassen kann.

    Da die Art aber doch recht auffällig daher kommt hoffe ich mal, dass sich mit den Angaben zumindest für Gattungskenner was anfangen lässt. Und wenn nicht, dann bleibt es halt Russula sp.


    Die Angaben dazu:


    Standort: Unter sehr großer einzeln stehender Roteiche, über Muschelkalk

    Größe: recht kleine Art, bis 5cm Hutdurchmesser gemessen, dürfte bei dem überalterten Exemplaren dort nie die 7cm überschreiten

    Stiel: Vollständig weiß, keine Verfärbungen bemerkt, keine erkennbare Reaktion mit Eiselsulfat (allenfalls könne man kurz nach Auftragen einen Hauch rosa reininterpretieren, der aber wieder verschwindet), mit KOH 20% tut sich gar nichts (Guajak und co hab ich nicht)

    Geruch: Unauffällig, vor Ort hätt ich leicht süßlich gedacht, in der Dose dann aber eher nach nichts

    Geschmack: mild, nach nichts

    Sporenpulver: Nach Romagnesi IIa

    Sporen: 6,5-7,5 x 5,3-6 µm

    Sporenornamente: bis ca. 0,75 µm hoch

    Huthaut: nur recht schwer und nur in Stücken abziehbar; Farbe einheitlich trüb wie auf den Fotos zu sehen

    Pileozystiden: Verschiedenartige Elemente (siehe Fotos, kenne mich nicht aus, wie da was heißt). Auffällig sind sehr häufig nach oben hin deutlich raue Hyphen, siehe Fotos.



    Sporen in Melzers:



    Hymenium in Melzers (Lamellenpräparate von Täublingen muss ich noch üben):


    HDS in Wasser (hab kein Sulfovanilin)





    Danke im Voraus,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • GriasDi Matthias,

    makroskopisch passt das gut zu R. pectiatoides. Der milde Geschmack, Begleitbaum und auch die rötlichen Flecken an der Stielbasis sprechen dafür.

    Literatur hab ich grad keine wegen der Mikros.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Hallo Matthias,


    unstrittig dürfte sein, dass es sich um einen Täubling aus der Sektion Ingratulae und hier aus der Gruppe um R. amoenolens, also einen Kammtäubling i. w. S. handelt. Diese haben oft einen markanten Geruch und sind teilweise scharf bzw. kratzend im Geschmack. Dagegen ist R. insignis mild und weitgehend geruchlos, was deinen Angaben entspricht. Die von dir angegebenen bzw. gezeigten Mikromerkmale passen auch sehr gut zu R. insignis, vor allem diese rauen Huthautelemente, die zusätzlich zu den gewöhnlichen Dermatozystiden auftreten. R. pectinatiodes/praetervisa/livescens (Kratzender Kammtäubling) hätte etwas größere Sporen als die von dir gemessenen, dagegen passt die Sporengröße auch bestens zu R. insignis. Die übrigen in dieser Gruppe: R. sororia, R. pectinata und R. amoenolens sind alle fühlbar scharf.

    Leider gibt es aber ein Problem: R. insignis hat laut Literatur gelbliches Velum an der Stielbasis und sogar am Hutrand (das sind diese unter dem Mikroskop rauen Huthautelemente). Beides reagiert mit KOH freudig rostrot. Da du geschrieben hast, dass der gesamte Stiel, also auch die Stielbasis weiß gewesen sei (Edit: stimmt das wirklich? dein Foto suggeriert etwas anderes) und mit KOH gar nicht reagiert hätte, spricht das wiederum gegen R. insignis. Daher kann man das nicht ohne weiteres als R. insignis durchwinken, so naheliegend das hier auch wäre.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    2 Mal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Hallo Werner, Hallo Oehrling,


    danke für Eure Antworten.


    Ich habe die KOH-Reaktion an der in der Tat gelblichen Stielbasis geprüft, und siehe da, intensiv rot:


    Denke daher, nun kann ich den als Russula insignis beschriften.


    Warum meine Angaben nicht passten oder nicht präzise genug waren:

    - Die Basis war definitiv gelblich. Aber ich habe gedacht, dass das bloß eine standortbedingte Verfärbung wäre, weil die vielleicht etwas zu feucht geworden ist, habe das nicht als bestimmungsrelevant erachtet und nicht genug drauf geachtet. Hatte "vollständig weiß" geschrieben, weil ich keine Ansätze von grau oder rötlich sah, wie ich es bei anderen Täublingen kenne und jenseits der Basis war der Stiel auch weiß. Die Basis aber eben nicht, insofern ist die Angabe schlicht falsch gewesen.

    - Die KOH-Reaktion hab ich zwar nicht falsch angegeben, aber an der falschen Stelle getestet. Habe KOH an die weiße Stielaußenseite gegeben und ins Stielfleisch, dort passierte jeweils nichts. An die Basis hab ich nicht als Merkmal bei Täublingen gedacht, das hätt ich eher bei Cortinarius erwartet.


    Nächstes Mal bin ich schlauer, worauf ich achten muss, auch dank Deines sehr guten Überblicks, Oehrling. Danke nochmals dafür.


    Viele Grüße,

    Matthias

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  • Hallo Matthias,

    sehr schön, dass du dich noch dank des zusätzlichen Tests mit dem Namen deines Bestimmlinges belohnen konntest. Diese KOH-Reaktion an der Stielbasis hat außerdem noch die grünlichgelbe R. ochroleuca und, da bin ich mir allerdings nicht ganz sicher, eine Art aus der Stinktäublings-Gruppe. Dagegen habe ich bei Täublingen noch nichts von eventuellen KOH-Reaktionen im Fleisch oder auf der weißen Stielrinde gehört.

    FG

    Oehrling

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  • Hallo Oehrling,


    dann hab ich bei den Reaktionen wohl geistig einen Dreher drin, dachte das wäre im Fleisch auch mal relevant. War dann vielleicht aber Cortinarius.

    Nächstes Mal weiß ich Bescheid.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Ja, bei Cortinarius sind KOH-Reaktionen im Fleisch relevant, z. B. die Gelbverfärbung bei den Variicolores oder Rotverfärbung bei den Splendentes.

    FG

    Oehrling

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