Es war einmal... Skeletocutis nivea

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    2018 erschien eine Arbeit von Aku Korhonen et Al. in Mycokeys mit dem Titel "Cryptic species diversity in polypores: the Skeletocutis nivea species complex".

    Man ahnt es schon bei der Überschrift: Wieder eine Art weniger, die man bisher als leicht zu bestimmen glaubte, die nun aber in ein Durcheinander von morphologisch kaum zuordenbaren genetischen Sippen zerplatzt ist.
    Nun, man kann das bejammern, aber so ist das eben in der Forschung: Nicht jede Erkenntnis ist unbedingt bequem.
    Was die effus-reflexen bis pileaten Aufsammlungen aus der Gruppe betrifft: So schlimm ist das gar nicht. Zunächst mal ganz praktisch: Skeletocutis nivea s.str. kommt wohl in europa ar nicht vor.
    Damit wären die hütchenbildenden, europäischen Arten mit winzigen Sporen nur noch zweie, nämlich Skeletocutis semipileata und Skeletocutis nemoralis.
    Die beiden sind morphologisch nach der zitierten Arbeit tatsächlich nicht wirklich trennbar. Minimale, quantitative Unterschiede in Porengröße und Sporengröße lassen meiner Ansicht nach keine sichere Trennung zu - und nach Ansicht der Autoren wohl auch nicht.
    Tendenziell wären die Verbreitungsschwerpunkte wohl ein wenig anders, und Skeletocutis semipileata soll wohl eher an dünneren Ästen und Skeletocutis nemoralis eher an dickem Substrat (Stämme, Stümpfe) vorkommen.

    Skeletocutis nemoralis wäre die Art mit etwas süddlicherer Verbreitungstendenz, also nicht so weit nach Nordosten vorrückend wie Skeletocutis semipileata.

    Ich kann es selbst natürlich nicht sicher erkennen, würde folgende, durchaus hübsche Kollektion aber angesichts der ökologischen Umstände (fetter, liegender Ahornstamm in einem thermophilen Auwald) aber einfach mal als Skeletocutis nemoralis vorstellen:







    Eine ziemlich junge Kollektion wohl, und sehr schick fand ich die roten bis bernsteinfarbenen Guttationstropfen, zu denen ich übrigens auch keine Literaturhinweise finde.

    Jung heißt hier leider auch: Kaum Sporen zu finden, zudem ist es ohnehin eine Pein, solche Winzspörchen zu fotografieren - bzw. es ist kaum wirklcih möglich.


    Eine andere Möglichkeit als das Substrat, um Skeletocutis nemoralis und Skeletocutis semipileata zu trennen, wüsste ich momentan nicht.
    Aber ich halte mal Ausschau nach weiteren Kollektionen, vielleicht findet sich noch hier und da was Interessantes...



    LG; Pablo.

  • GriasDi Pablo,

    die beiden anderen Arten, die auch noch zum Artenkomplex gehören sind S. futilis und S. cummata. C. futilis ist nur von der Typuslokalität in Finnland an Eberesche bekannt, und S. cummata kommt an Nadelholz vor, und ist deshalb wohl die einzige Art aus dem Komplex, die ohne Sequenz zu bestimmen ist. S. "nivea" an Nedelholz hab ich aber noch nicht gehabt.

    Ich halte es entsprechend dem Beitrag vom Christoph im BMG Forum


    Skeletocutis nivea - unbestimmbar und nicht in Europa existent!


    und nenne meine "niveas" S. nemoralis s.l., weil die S. semipileata in Nordamerika beschrieben wurde, und deshalb die europäische S. nemoralis wahrscheinlicher ist.

    Ja, leider kann man nun auch S. "nivea" nur noch auf Aggregatsebene benennen. Aber schau zu den Botanikern...da ist das seit Jahren ganz normal.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Das wär natürlich toll, wenn Dir da tatsächlich signifikante Unterschiede auffallen würden.

  • Hallo Pablo,


    hier stoßen wir Amateure leider an unsere Grenzen, besonders bei diesen kryptischen Arten. Morphologisch habe ich bei meinen Exsikkaten bis jetzt auch keine nachvollziehbaren Unterschiede feststellen können. Bleibt allein die Ökologie, wobei Skeletocutis nemoralis hauptsächlich an Fraxinus vorkommen soll, aber eben nicht immer. Die Funde unter dem Aggregat Skeletocutis nivea ss. auct europ. abzulegen, wäre vielleicht wissenschaftlich korrekt, macht einen aber nicht sehr glücklich, zumal die Skeletocutis nivea ss. str. eine tropische Art ist, die 1838 von Junghuhn aus Indonesien (Java) beschrieben wurde.

    Solange es keine privaten Schnelltests zur Genanalyse gibt, werden wir noch öfter vor solchen Problemen stehen. :)


    Ich wollte Otto Miettinen mal Exsikkate zur Bestimmungshilfe zusenden, aber er hat dankend abgelehnt. Die Unterscheidung wäre auch für ihn nur genetisch möglich!


    Liebe Grüße

    Frank

  • und nenne meine "niveas" S. nemoralis s.l.

    Hallo Werner,


    Skeletocutis nemoralis s.l. wäre natürlich auch eine gute Benennung, so mal S. nemoralis höchstwahrscheinlich die häufigere Art in Deutschland sein wird. Ich wollte nur nicht in Mykis neben dem Aggregat, in das erstmal alle S. nivea-Funde automatisch gerutscht sind, noch eine sensu lato Art dieses Komplexes einfügen.


    LG

    Frank

  • GriasDi Frank,

    ich kartier meine Funde ja in der Pilzkartierung Online vom Axel Schilling. Und dort die Skeletocutis unter S.spec mit Ergänzung "=S.nemoralis s.l.". Da wird der Karasch Peter schon damit zurecht kommen, wenn er's in die DGFM Datenbank überführt. Und die Frankenfunde gehen eh übern Harald Ostrow.

    Hast Du dann diese S. cummata an Nadelholz schon gehabt?

    An liabn Gruaß,

    Werner

    • Offizieller Beitrag

    Bon Soir!


    Ach, da hatte Christoph sich den artikel auch schon vorgenommen und durchgearbeitet. :thumbup:
    S. futilis und S. cummata hatte ich gedanklich wohl einfach aus dem Arbeitsspeicher geschubst, weil futilis wohl - abgesehen davon, daß die wohl extrem selten ist - schon deutlich größere Sporen haben sollte, und cummata eben an Nadelholz gehört.
    Ich denke, die Autoren haben schon reichlich Material gesichtet und analysiert, und so wie ich das verstanden habe, sind europäische Kollektionen von S. semipileata schon der Sippe zuzuordnen, auch wenn der Typus aus Nordmaerika stammt. Die ist wohl einfach sowohl in Eurasien als auch Nordamerika verbreitet.

    Ich denke, daß aber wohl vor allem herbarmaterial untersucht wurde für die Studie - und in dem Sinne wird auch Otto Miettinen resigniert haben, noch weiteres Material zu untresuchen, von dem er weiß, daß er es morphologisch eh nicht zuordnen kann.
    Aber - und jetzt kommt meine vielleicht abstruse Idee: Kann ja sein, daß beim Frischmaterial was möglich ist?
    Mal so rum betrachtet: Herbarmaterial von Ritterlingen oder Phlegmacien ist in den meisten Fällen auch nicht morphologisch bestimmbar. Frischmaterial geht aber ganz gut.
    Möglicherweise lässt sich ja auch hier was entdecken - diese Tröpfchen sind mir ja wie erwähnt zB aufgefallen. Die wären im Herbarmaterial eben weg, und vermutlich auch schon im späteren Entwicklungsstadium der Fruchtkörper. Reine Phantasie jetzt, aber das wäre so ein Beispiel, wo vielelicht ncoh was drinstecken könnte. S. nemoralis jung mit roten bis bernsteinfarbenen Tröpfchen, S. semipileata mit weißen... Oder sowas.


    Persönlich finde ich das schon richtig, solche Studien zu veröffentlichen. Auch wenn das Ergebnis erstmal unbefriedigend aussieht. Aber immerhin weiß man dann mal: Genetisch muss man damit rechnen, daß es da mehrere Arten gibt. Also bitte ienfach mal beobachten und dokumentieren, und gucken, was man da so in Zukunft noch rausfinden kann. Ansonsten muss man es halt so machen, daß man ein "agg" oder "cf" dran baut.



    LG; Pablo.