Inocybe nothomixtilis - eine (noch) kaum bekannte aber (vermutlich) häufige Art

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!


    Ist vielleicht ein wenig speziell, was jetzt kommt, also vielleicht für manche nur am Rande interessant.
    Inocybe mixtilis, der "Gerandetknollige Risspilz" wurde lange Zeit wohl als eine einzige, recht variable Art verstanden.
    Mittlerweile ist bekannt, daß wohl Manches, was als "Inocybe mixtilis" bezeichnet wurde, nicht direkt die Art bezeichnet, bzw. "im weiteren Sinne" (sensu lato) verstanden werden muss.

    Einige Risspilzspezialisten (darunter Ditte Bandini, auch hier im Forum bekannt) haben sich dieser Gruppe angenommen, und so erschien im letzten Jahr eine Arbeit mit Neubeschreibungen und einer gründlichen, genetischen und morphologischen Diskussion dieser Gruppe.

    Das wäre folgende Arbeit:

    F. Esteve-Raventós et al.: Taxonomy of the Inocybe mixtilis group

    Persoonia 41, 2018: 213–236


    Vor gut zwei Wochen, anlässlich einer Exkursion des Vereins, konnten wir eine kleine Kollektion von Risspilzchen finden, die schon makroskopisch wie eine Art aus der mixtilis - Ecke aussahen. Also eher kleine, weißstielige Pilzchen mit ockerlichem, eher glattem Hut, ohne auffallendes Velum in der Hutmitte, nicht verfärbend, mit komplett bereiftem Stiel und auffallend dicker, gerandeter Knolle.
    Eine gute Gelegenheit, mal den erwähnten Artikel auszuprobieren, ob auch jemand mit sehr wenig Risspilzerfahrung damit möglicherweise zu einer Bestimmung kommt.


    Gelandet bin ich letztlich bei:

    Inocybe nothomixtilis Esteve-Rav., Bandini & V. González 2018

    Ditte hat die Makro- und Mikroaufnahmen angeschaut und ist immerhin vorsichtig zuversichtlich, daß das eben tatsächlich Inocybe nothomixtilis ist. Freilich mit Restunsicherheit, weil sie den Beleg nicht selbst untersucht hat.


    Die Pilze wuchsen im Pfälzer Wald am steilen Südhang eines Tales (eher trockene Verhältnisse), auf saurem Buntsandsteinboden. Als Baumpartner in Frage kommen Kiefer, Rotbuche und Eiche.


    Auf Bildern sieht das dann so aus:





    Die Bilder sollte man noch anklicken und vergrößern, um die Details auch richtig zu sehen.


    Bestimmungstechnisch (für die Art) sollten folgende Punkte wichtig sein:
    - Hutfarben eher gedeckt, ockergelblich bis blass ockerbräunlich
    - Hutoberfläche nicht ausgeprägt klebrig sondern mehr radialfaserig

    - Knollenrand mit auffallend deutlicher, hochgezogener Pseudovolva (ähnlich wie manchmal bei jungen Amanita citrina)
    - Sporen nicht rundlich (Qm>1,2), im Profil aber nicht "kastenförmig", sondern überwiegend ellipsoid
    - Sporenhöcker gerundet (wenn auch recht kräftig ausgeprägt)

    - Zystiden im Hymenium (Cheilos & Pleuros) deutlich dickwandig (vor allem apikal), Hals selten eingeschnürt, meistens eher sublageniform und einzelne auch spindelig
    - Zystidenbasis zwar gelegentlich mit kurzem Stiel, aber meistens ungestielt


    Der Schlüssel im Artikel für die Artengruppe ist durchaus hilfreich, um einige Arten vorab schon ausschließen zu können, wenn auch an einzelnen Punkten etwas vage, so ist gerade diese Art schwer zu schlüsseln, weil gleich zu Anfang nach Sporenquotient und Höhe der Sporenhöcker getrennt wird. Inocybe nothomixtilis liegt allerdings in beiden Punkten irgendwie so einigermaßen dazwischen, so daß man im Schlüssel beide Wege gehen muss und - das muss man aber immer! - auch die Beschreibungen der Arten mit den Abbildungen dazu genau vergleichen muss.

    Die ähnlichste Art (wenn man dem alternativen Schlüsselbaum folgt) wäre Inocybe occulta, die neben einer anderen ökologischen Amplitude auch eine etwas andere Sporenform und etwas andere Zystiden haben müsste. So ungefähr (nicht im Wortlaut) auch Dittes Erklärung dazu.


    Belegte Abbildungen zu Inocybe nothomixtilis findet ihr natürlich auch auf >Dittes Seite<.


    Inocybe nothomixtilis dürfte im Grunde ziemlich häufig sein, und ich glaube, daß alle meine (wenigen) Funde (bisher auch einfach als "mixtilis" abgelegt) ebenfalls zu dieser Art gehören. Allerdings müsste ich die nochmal genauer angucken, eben weil die Abgrenzung zu Inocybe occulta nicht so ganz einfach ist.


    Also falls mal jemand solche schicken "mixtili" findet, und Zeit und Lust hat, das genauer aufzudröseln: Probiert's mal aus. :thumbup:



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Pablo,


    sehr schön, da ist ja dein Fund endlich. :) Also ich wäre hier unsicher. Für nothomixtilis wären nach meinem Verständnis der Art die Höcker schon etwas zu ausgeprägt. Leider aber fehlt mir die Erfahrung in der Gruppe, denn meine Aufsammlungen von I. mixtilis waren meist I. mixtilis s. st. Ich halte sowieso die Augen offen.


    l.g.

    Stefan

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stefan!


    Dito. Das ist natürlich auch mein Problem: Ich kenne die anderen Arten nicht, wegen allgemein viel zu wenig untresuchten Kollektionen aus der Gruppe.

    Jedenfalls kam ich ja mit dem Schlüssel acuh wegen Sporenform & Sporenornament parallel zu Inocybe occulta (die vermutlich auch nicht selten ist), aber die Abbildungen der Sporen (Ditte hat für die Art leider noch keine Abbildungen auf ihrer Seite) zeigt schon noch mal was Anderes.

    Und da Ditte auch nothomixtilis favorisiert, müsste das schon passen. Die anderen, im Artikel beschriebenen und diskutierten arten fallen wegen diverser anderer, dann recht klarer Abweichungen raus.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo und Stefan,

    also ich bin unter dem Vorbehalt, dass ich die Kollektion nicht selbst untersucht habe, schon sehr sicher, dass das nothomixtilis ist. Ich schrieb dir ja, Pablo, dass überhaupt nur diese beiden Arten - also occulta und nothomixtilis - der vier möglichen hier in Frage kommen. I. occulta wächst überwiegend auf mehr basischen Böden und hat überwiegend eine andere Zystidenform, ich hänge mal je ein Bild von einer DNA-abgesicherten nothomoxtilis (das obere Bild) und einer occulta an, da sieht man die Unterschiede deutlich.

    Ich bin kein Freund des Schlüssels im Artikel, das schrieb ich dir ja Pablo, zumal die Höckerhöhe etwas ist, was ich selbst bei der Bestimmung dieser mixtilis-Arten gar nicht als Kriterium für maßgeblich erachte. Also ich hänge auch noch ein Bild von Sporen von nothomixtilis an. - Das passt schon...

    Es sind für mich immer mehrere morphologische Bestimmungsmerkmale zur Artunterscheidung relevant, die im Idealfall alle anzutreffen sind, zumindest aber zwei bis drei: In deinem Fall sprechen also für nothomoxtilis zum einen der Standort, dann die eher faserige Hutoberfläche und schließlich die Zystidenform. Das genügt eigentlich schon für einen Ausschluss von occulta.

    werde ich in den nächsten Wochen auf die Website stellen...

    Herzlich, Ditte

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ditte!


    Danke für diese Gegenüberstellung. Das ist schon stark, so präsentiert sieht man es wirklich sehr gut.

    Was den Schlüssel betrifft: Ich fand's in der Tat eben "teilweise hilfreich". letztlich habe ich mich an den Beschreibungen und Abbildungen im Artikel orientiert, und daraus wird dann schnell klar, daß eben der erste Schlüsselpunkt (Sporenquotient + Höhe der Höcker) nicht ideal ist. Oder man müsste mindestens Inocybe nothomixtilis zweimal ausschlüsseln (was in der Folge nicht geschieht).
    Die Beurteilung von Hutoberfläche und Zystidenform ist irgendwann sicherlich auch Erfahrungssache. Wenn man (wie ich) diese Erfahrung eben nicht hat, muss man sich an Beschreibungen und Abbildungen orientieren - und dann ist ein einfacher Schlüssel sowieso nie ausreichend.

    Wenn man Glück hat, kennt man halt jemanden, mit der entsprechenden Formenkenntnis und kann nachfragen. Ansonsten hilft nur ausgiebiges Vergleichen - möge dieses Thema eventuell Interessierten eben dabei helfen.

    Übrigens: Wenn ich mir deine Bilder so anschaue, Ditte, fällt mir vor allem auf: Zystiden apikal mit ziemlich großem Innenabstand zwischen den Wänden bei I. nothomixtilis und mit zielmlcih geringem Innenabstand bei occulta. Falls die Wanddicke variieren sollte (ist bei meiner Kollektion teils ja schon etwas dicker als bei deinem Vergleichsbild): Dieser Innenabstand scheint relativ identisch zu sein.



    LG; Pablo.

  • Ja, Pablo, alles ist eine Erfahrungssache und man muss sich eben einsehen in eine Gattung, in jede Gattung, die schwierig zu unterscheidende Arten enthält. Da kann ein Schlüssel noch so gut sein, wenn man von einer Gattung keine Ahnung hat, kann man dennoch verzweifeln. Ich erinnere mich noch, wie Felix mir mal die Haare bei verschiedenen Russula-Arten zeigte und ganz entnervt war, dass ich die für ihn völlig offensichtlichen Unterschiede nicht gesehen habe.

    Und in der heutigen Zeit muss man sowieso wirklich lernen, viel genauer hinzuschauen. Naja letztlich erinnert mich das immer an diese Kinderbilder, wo zwei auf den ersten Blick identische Bilder nebeneinander stehen und man muss die drei Unetrschiede finden.

    Ich verstehe aber nicht, was du mit ziwschen den Wände meinst. Meinst du den breiten oder nicht so breiten Hals?

    Und die Wanddicke, ja, die kann die bis zu einem gewissen Grad variieren. Das ist das wirklich Schlimme bei Inocybe, dass es auch immer Schlupflöcher, immer auch eine Ausnahme gibt, wenn man gern ein "so ist es" sagen möchte. Daher kann man Schlüssel eigentlich auch nur sehr weit fassen.

    Herzlich Ditte

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ditte!


    Ja, so ist es ja in sehr vielen Bereichen. Darum bin ich auch kein Freund davon, wenn vor allem aus komplizierten Gattungen "Arten" nach PilzeDerSchweiz oder vergleichbarer Literatur bestimmt werden - ohne besondere Formenkenntnis in dem entsprechenden Spezialgebiet. Neben Inocybe gibt es noch einen Haufen Beispielgattungen wie Entoloma, Cortinarius, oder - eher mein Bereich - Antrodia, Hyphoderma und solche Sachen.


    Zurück zur Sache:
    Ich meinte diesen Abstand:


    Am besten dürfte das bei den Pleuros zu beobachten sein, da die anscheinend in der Form am konstantesten ausgeprägt sind (Cheilos und Kaulos variieren vielleicht in der Form stärker als Pleuros). Also hätte man eventuell bei den Pleuros auch bei annähernd gleicher Wanddicke durch die unterschiedliche Zystidenform (vorwiegend spindelig vs. vorwiegend sublageniform) hier einen anderen Abstand jeweils bei occulta und nothomixtilis.

    Ich habe natürlich keine Ahnung, ob das irgendwie als Merkmal taugen könnte. Also als vergleichsweise solide Beobachtung, die sich auch mit konkreten Messwerten unterfüttern ließe.
    Wichtig dabei: Meine Beobachtungen sind in KOH3%. Auch das mag ja einen Unterschied machen - falls so niedrig dosiertes KOH bei Inocybe denn einen Einfluss auf die Wanddicke der Metuloide hätte (die Verfärbung in KOH kann ja immerhin schon wichtig sein).



    LG, Pablo.

  • Ja, die Halsweite ist durchaus ein wesentliches Kriterium bei Inocbye und bislang oft viel zu wenig beachtet - ebenso wenig wie die Zystidenbasis, die ebenfalls oft sehr wichtig ist als eines der Unterscheidungsmerkmale. Nur ist es auch hier so, dass man da nicht von ein paar Zystiden auf die Gesamtheit schließen kann (weshalb ich immer auch selbst untersuchen möchte), weil man eben auch bei nothomixtilis durchaus in manchen Kollektionen recht enge Hälse finden kann, wie etwa bei der Holotypkollektion aus Spanien, die ich ja auch untersucht habe. Hat man auch solche Zystiden unterm Mikroskop, muss man eben die anderen Merkmale überprüfen, die die beiden Arten voneinander trennen, wie eben etwa Standort, weißliche Velipellis ja oder nein und die generelle Sporenform.

    Aber du hast das gut gemacht mit der nothomixtilis, Pablo!

    Herzlich Ditte

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ditte!


    Danke. g:-)

    Hilfreich sind übrigens auch anschließende Diskussionen, die dann dabei helfen, bei einem Fund gezielt einzelne Details noch mal genauer zu betrachten.



    LG; Pablo.