Guten Abend,
Der Wind, der Wind, das himmlische Kind. Wer kennt ihn nicht, den berühmten Ausspruch aus Hänsel & Gretel. Gestern und heute hat das himmlische Kind die begehrten, überwiegend abgestorbenen Äste aus der Krone einer mitten in Hornberg stehenden Ulme (Ulmus minor) heruntergerissen. Sturmböen fegten auch über das Gutachtal hinweg, der kleine Fluss Gutach schwillt auf ein scheinbar noch unbedenkliches "Maximum" an, und hoffentlich lässt ein weniger unbedenkliches, noch größeres Maximum die nächsten Tage keine Keller volllaufen.
Wie dem auch sei, auf dem Weg zur Arbeit habe ich ein paar der Äste eingesammelt und auf kleine unscheinbare Pilzchen untersucht. Eigentlich hatte ich das nicht vor, es hat dann aber doch den ganzen Tag gekostet. 4 Äste durchgucken, 4 Pilze gefunden, und mehrere Stunden Arbeit nur wegen ein paar kleinen schwarzen oder roten Kugeln.
Die Beschreibungen der Pilze sind reduziert auf die wichtigsten Merkmale, die für die jeweilige Art charakteristisch ist und auf die man zwingend achten sollte. So sind z.B. die Anzahl der Septierungen, die Sporenfarbe oder das Vorhandensein von Schleimhüllen oder Anhängseln oft viel bedeutender als die Sporengröße.
Die Angaben zu den Sporen sind: Septierungszahl (s) und Farbe (hyalin, phaeo, bicolor).
Hapalocystis bicaudata Fuckel 1864
Fk als Perithezien in valsoider Anordnung zwischen Rinde und Bast befindlich eingebettet. Einzelne Perithezien 0,4-0,7mm im Durchmesser, mit zusammenneigenden Perithezienmündungen.
Sporen 3s (-5s), phaeo, mit auffällig langen, im frischen Zustand aufgedrehten Anhängseln, ohne Schleimhülle. Asci unitunikat, ohne sichtbaren Apikalapparat.
Substrat vermutlich substratspezifisch an Ulmus spp.
Verbreitung Europa (Deutschland, Schweden)
Splanchnonema foedans (Fr.) Kuntze 1898
Fk als Pseudoperithezien direkt unter der obersten Rinde befindlich, an der Oberfläche der Rinde nur anhand der austretenden reifen Sporenmasse erkennbar, die Oberfläche selbst nur unerheblich anhebend, 0,4-0,5mm im Durchmesser, im Anschnitt mit wenig sichtbarem Mündungsbereich.
Sporen 2s, phaeo/bicolor, ohne Anhängsel, mit sehr dicker Schleimhülle, die in Wasser nach einiger Zeit zerfließt.
Substrat substratspezifisch an Ulmus spp.
Verbreitung Europa (Deutschland, Schweden, Österreich, Schweiz)
Melanomma sanguinarium Sacc. 1883
Fk als Pseudoperithezien dem Substrat aufsitzend oder etwas eingebettet (etwa zur Hälfte), einzeln wachsend, kugelrund bis etwas abgeflacht, nicht immer mit deutlich differenziertem Mündungsbereich (oft verformt), 0,2-0,3mm im Durchmesser.
Sporen 3s (-4s, vereinzelt M), sehr blass phaeo (gelbbraun), ohne Schleimhülle, ohne Anhängsel.
Perithezienmündung rot.
Substrat lignicol an berindeten oder unberindeten Ästen verschiedener Laubhölzer, in diesem Fall inmitten der Stylonectria-Fk auf den Mündungen von Hapalocystis bicaudata aufsitzend.
Verbreitung Europa (Deutschland: Salix, Ulmus an Hapalocystis bicaudata-Überresten; Österreich: Laubholz, Quercus)
Stylonectria wegeliniana (Rehm) Gräfenhan, Voglmayr & Jaklitsch 2011
Fk als Perithezien einzeln dem Substrat aufsitzend, birnenförmig mit abgeflachter Mündung, rot, 0,2-0,3mm im Durchmesser.
Sporen 14,2-16,7-17,8x7,9-8,6-9,1 µm, Q= 1,8-2,0; 1s, phaeo (nur bei Reife hellbraun!), warzig ornamentiert, Warzen bis ca. 0,5 µm hoch; Asci relativ breit, unitunikat, unregelmäßig biseriat, ohne sichtbaren Apikalapparat, 8sp.
Perithezienwand orangerot, aus flachgedrückten Zellen bestehend, in KOH 3% violett, in CB gelb.
Substrat spezialisiert auf Hapalocystis bicaudata.
Verbreitung Europa (Deutschland, Schweiz, Österreich)
Dank an Hermann Voglmayr für die Hilfe bei der Bestimmung der Stylonectria.
Bis zum nächsten Mal,
Björn