Suche Gedankenanstöße zu einem Porling

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 1.912 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Och nööööööö, soviel Text und nicht auch nur ein einziges Bild, kann der Neue nichtmal eben wenigstens die Regeln überfliegen und wer ist der Typ überhaupt, will der Pappkopp jetzt etwa nen Pilz essen, den er mit "sah aus wie nen Regenschirm" beschreibt ... :haue:


    Ja hallöchen zusammen, ich bin der Neue.


    Die meisten Pilze, die mich interessieren, sind für viele von euch völlig uninteressant, denn ich will sie nicht essen. 8|
    Ich bin Landschaftsgärtner und Baumkletterer und finde hilflose Aussagen wie "Da ist nen Pilz dran, hol mal die Kettensäge" sehr unbefriedigend. Daher beschäftige ich mich seit einiger Zeit mehr oder minder stümperhaft mit diesen kleinen lustigen Gesellen, die ihr so gerne eßt ... da will ich da jetzt mal ernsthafter einsteigen. Ich habe seit längerem so einen lustigen Pilzfächer zu gehölzschädigenden Pilzen und habe das ganze verlängerte Wochenende damit zugebracht, alle Beiträge dieses Forums zu allen dort genannten Pilzen (knapp 50) zu lesen ... das war teilweise sehr informativ. Anständige bedarfsgerechte Literatur steht auf der Einkaufsliste, aber das Fächermoped war ein guter Einstieg, vorher waren Schwefelporling "Gelbes Mupptet-lippanartiges Moped", Klapperschwamm "Wirres krauses Durcheinander", Hallimasch "EDEKA-Pilz", nur anders, und Riesenporling "Scheißpilz" ... langsam bekommt die (Pilz-)Welt jedoch Struktur.
    Ich lebe telephonmäßig noch im Mittelalter, meines hat noch 12 Tasten, von denen ich zwei noch nie außer zum Aufladen benutzt habe und noch so ein paar Wippschalter und eine Kamera hat das Ding auch nicht. Ob ich mir irgendwann die Mühe mache, mit nem Photoapparat zur Arbeit zu gehen, weiß ich noch nicht aber ich befürchte, daß ich das irgendwann wohl muß.


    Ich würde da gern zum Einstieg mal einen Sorgenkandidaten von mir vorstellen, derzeit ist es mein einziger. Mir ist völlig bewußt, daß eine anständige Bestimmung völlig ausgeschlossen ist, aber ich suche eher nach Gedankenanstößen und durchaus auch Bemerkungen dazu, was ich gleich mal links liegen lassen kann.


    Der Gesuchte ist ein Porling, eine sehr schöne und regelmäßige Konsole.
    Der Kandidat wuchs in etwas über zwei Metern Höhe an Sorbus intermedia (Schwedische Mehlbeere) im Raum Neuss (Hollandklima) nichtmal 50m über NN. Zm Boden sagt man in Gärten besser nichts, das kann von Meter zu Meter gravierend schwanken, mir scheint der Pilz aber eh über unsachgemäß große Schnitte am Stamm eingedrungen zu sein. Den fruchtkörperbefallenen Ast durften wir später abnehmen, es fand sich nur sehr wenig Kernfäule, nicht weit fortgeschritten, aber das könnte ja auch ein ANDERER Pilz verursacht haben, also davon nicht verunsichern lassen.
    Der Kandidat war sehr frisch, nur wenige Wochen alt, aber schon mindestens handteller-groß. Er war etwas breiter als lang, war an der Anwuchsstelle etwas dicker aber auch außen noch nen guten Zentimeter dick. Er ließ sich gut ablösen.
    Der Kandidat war unerwartet schwer, sehr viel schwerer als ein vollgesogener Putzschwamm derselben größe ... man hatte das Gefühl, daß man ihn auswringen könne aber bein dran rumfingern tat sich nichts, auch keine Verfärbungen (weder an den Fingern noch am Pilz)
    Der Kandidat war jetzt auch nicht sehr hart, er fühlte sich beim Drücken wie einer dieser unglaublich feinporigen Superschwämme (nicht Pilz, die Putzmopeds, die man zum Flüssigkeitsaufsaugen nimmt) in vollgesogen an, beim drüberstreicheln hatte man fast das Gefühl, über was pelziges zu streicheln ... ein sehr angenehmes Gefühl.
    Der Kandidat war komplett braun ... da hört mein männliches EGA-Farbsehen (16-Farben) auf ... Frauen, die nicht mit meinem minderbemittelten männlichem Sehsinn gestraft sind, würden es wohl Rehbraun nennen. Es gab keine weiße oder nennenswert hellere Zuwachszone ... einfach nur rehbraun.
    Einen auffallenden Geruch habe ich nicht bemerkt, aber meine Kettenrauchernase beginnt mit ihrer Wahrnehmung auch erst im Bereich von Gestank.
    Reigebissen habe ich auch nicht ... der war zwar schön, aber wenn ich als Gärtner schon nicht in Bäume beiße, fange ich mit Pilzen damit erst garnicht an.
    Die Besitzer haben solche Fruchtkörper dieses Jahr schon mehrfach abgetrennt und entsogt, doch der Pilz schob nach kurzer Zeit hartnäckick immer wieder einen neuen Pilzkörper nach. Ich war Mitte August da, ich weiß nicht, ob immer an der selben Stelle, konnte aber keine weiteren Abtrennungswunden finden.
    Da nach mir noch ein städtischer Beamter kommen sollte, der entscheiden mußte, wieviel wir an dem durch die lokale Baumschutzsatzung geschützten Baum entfernen dürfen, habe ich den Fruchtkörper nicht weiter zerstört, um ihm ein brauchbares Anschauungsobjekt zu hinterlassen.


    Ich persönlich hatte den Kandidaten stümperhaft unter Phellinus schlagmichtotus (Irgendein Feuerschwamm, P. igniarius nimmt ja auch Sorbus) abgelegt, womit ich nicht zufrieden war, aber ich wußte erstmal nicht weiter.
    Was mich im Nachhinein dann so richtig stutzig machte ist, daß der städtische Baumgutachter seinerseits einen (vermutlich Pilz-) Experten zurate zog und dann die Entnahme des Astes genehmigte. Die Genehmigung verwunderte mich schon, denn eigentlich sind diese Herren sehr konservativ und Phellinus (zumindest tuberculosis, das ist ein liebgewordener Feind von mir) ist eigentlich recht lange recht gutmütiig mit seinem Opfer und läßt den Baum (und befallene Äste) noch lange leben und so schnell bricht da auch nichts, allerdings hing der Ast über den Gehweg und war sehr weit ausladend (statisch ungünstig). Dennoch gehe ich davon aus, daß dieser Mann normalerweise einen Phellinus schon erkennt, wenn er in 100m Entfernung um die Straßenecke biegt und das macht mich dann doch stutzig.
    Der versteht sicher VIEL mehr als ich von Pilzen (pffffff Kunststück) und er hat den Kunden leider nicht gesagt, für was die beiden den Pilz halten. Ich zweifle daher mehr denn je.


    So, damit ist mein Problem geschildert ...
    Ich fasse das Wichtigste nochmal zusammen ... Hallo, ich bin der neue ... nein, ich will es nicht essen ... ja, die Informationen sind viel zu dürftig für eine Pilzbestimmung, ich suche nach Gedankenanstößen, denn irgendwann in naher oder ferner Zukunft werde ich wieder zu dem Baum gerufen werden und DANN hätte ich gern ein paar Ideen (eure) im Hinterkopf und wüßte gern, worauf ich achten können/sollte/müßte.


    Ich danke euch für eure Mühen schonmal im Voraus.


    Es grüßt,
    der Hessekopp



    Edith meint noch, daß ich was Wichtiges vergessen habe. Der Sorbus ist quicklebendig, auch der befallene Starkast war es noch bis in die Spitzen.

    Viele Grüße,
    Hessekopp


    Ich bin blutiger Pilz-Anfänger. Wer auf meine Bestimmung hin etwas isst oder auch nur in den Mund ninnt, begeht möglicherweise einen schweren Fehler.

    Einmal editiert, zuletzt von Hessekopp ()

  • Vielen Dank für diesen Tipp, dein Kandidat ist in meinem Fächer enthalten aber dort ist er eher rot und dabei frisch wirkend abgebildet, deshalb habe ich ihn wohl bei der Durchsicht ignoriert.
    Die von dir genannten Links schildern ihn - mal hier, mal da - sehr ähnlich, wie ich ihn geschildert habe und er scheint auch Sorbus zu mögen.
    Die Verfärbung nach Herumfingern habe ich nicht bemerkt, aber das habe das dieses Wochenende doch schonmal bei einem anderen sich eigentlich verfärben sollenden Pilz hier gelesen ... ich meine, es wäre Riesenporling gewesen (das war einfach zuviel Input für drei Tage, ich kann das auch durcheinander werfen) ... also gut möglich, daß er sich erst verfärbt hat, nachdem ich weg war, ich war nur ne halbe Stunde da.
    Der kommt auf jedenfall schonmal auch die Rechercheliste, vielen Dank.

    Viele Grüße,
    Hessekopp


    Ich bin blutiger Pilz-Anfänger. Wer auf meine Bestimmung hin etwas isst oder auch nur in den Mund ninnt, begeht möglicherweise einen schweren Fehler.

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    Phellinus scheidet schon mal aus. Die haben immer eine harte Kruste. Inonotus ist tatsächlich eine gute Möglichkeit. Aber so ganz ohne Bilder ist das nur ein Rätselraten. Wenn dein Kandidat I. hispidus sein sollte, müsstest du auch Borsten/starke Haare auf der Hutoberfläche gesehen haben. In deiner Beschreibung hast du darüber nichts erwähnt...


    Es wäre zukünftig wirklich besser, wenn du Bilder einstellst.


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Von der Beschreibung her wäre eine Inonotus - Art schon mal naheliegend. Aber es gibt sicher weitere Optionen: Porlinge gibt's ja einen ganzen Haufen. Ebenfalls recht weich und von der Farbbeschreibung her im Rahmen wäre zB Hapalopilus nidulans (Zimtfarbener Weichporling), wobei ich den noch nie an lebendigem Substrat gesehen habe.
    Der Riesenporling (Meripilus giganteus) sitzt entweder im Wurzelbereich (Fruchtkörper erscheinen dann auch auf dem Erdboden), oder am Stammfuß. Den würde ich hier nach der Beschreibung ausschließen.


    Nur so ganz am Rande: Der Phellinuis igniarius auf Sorbus heißt Phellinus alni. ;)
    Und ist natürlich auch bickelhart. Morphologisch sind die eh nicht trennbar, nur über das Substrat (und ITS - Sequenz, bzw. sind in Kultur nicht kreuzbar).



    LG, Pablo.

  • Naja, ich dachte mir, daß Phellinus am Anfang ganz frisch vielleicht noch butterweich ist und dann aushärtet ... ist wohl nicht so, wieder was gelernt.
    ... Borsten oder starke Haare ... die Oberfläche war irgendwie flauschig ... vielleicht sogar pelzig, aber da bin ich mir nichtmehr sicher.
    Ja son Bild oder zwei, das würde jetzt nen enorm schlanken Fuß machen, das gebe ich zu. Aber ich sagte ja bereits, daß ich mich auch mit dem Reiben an der Glaskugel begnüge.
    Es ist für mich ja durchaus schonmal ein Schritt nach vorn, wenn ich weiß, was es alles nicht ist. Ich gehe mal davon aus, daß nicht nur Phellinus "von Geburt an" bretthart ist, sondern das auch für die anderen Knochen gilt.
    Inonotus hispidus klingt neben der Ähnlichkeit mit meiner Beschreibung noch in einem anderen Punkt recht gut.
    Der Zottel-Schiller ist ziemlich aggro, das würde klären, warum wir den Ast entfernen durften ... und das mit einem 15cm-Schnitt (Querschnitt), in der Baumpflege wäre bei einem gesunden Sorbus schon bei 5cm das Ende der Fahnenstange des Fachgerechten erreicht.
    [hr]
    So ganz 100% zufrieden bin ich mit dem Inonotus hispidus aber noch nicht.
    Meiner war viel schöner als die auf den Bildern, die ich im Internet so finden kann. :D
    Damit will ich sagen, daß er viel regelmäßiger ... perfekter war. (So ein Idiot, da findet er nen "viel schöneren" Pilz und macht nichtmal ein Photo) :haue:
    Er verfärbte sich nicht bein dran rumfingern und war zudem beiderseits fast gleichbraun. Das würde voraussetzen, daß schon vorher jemand durch Herumfingern die komplette Unterseite braungefingert hat, was ich aber nicht ausschließen kann. Auf den Bildern, die ich hier so finde, ist die Unterseite überall viel heller als meine. Ich fand allerdings auch ein Bild mit Herumfingerspuren und die Farbe dort käme dann wieder ganz gut hin ... aber die komplette Unterseite braun fingern ... das klingt nicht wahrscheinlich.

    Viele Grüße,
    Hessekopp


    Ich bin blutiger Pilz-Anfänger. Wer auf meine Bestimmung hin etwas isst oder auch nur in den Mund ninnt, begeht möglicherweise einen schweren Fehler.

    Einmal editiert, zuletzt von Hessekopp ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Von Anfang an "bretthart" sind vor allem die mehrjährigen Porlinge. Also neben Phellinus auch einige Ganoderma - Arten, Fomitopsis und Fomes. Auch Perenniporia fraxinea ist bald schon sehr hart und fest (ist ja auch mehrjährig). Inonotus - arten sind immer einjährig, die Fruchtkörper können - wenn sie abgestorben und durchgetrocknet sind - auch hart sein, aber dann deutlich spröder.


    Die verfärbende Porenschicht muss nicht durch Berührung kommen. Wenn der Fruchtkörper ausgedient hat und abstirbt, verfärbt sie sich gleichmäßig dunkler, zum Schluss schwarz wie der ganze Fruchtkörper.
    >Im Portrait< ganz am ende gibt's ein Bild von einem überwinterten, toten Exemplar.
    Aber wie gesagt: Es ist oft nicht einfach, auch weil die einzelnen Arten eine enorm hohe optische Variationsbreite haben. Kann also auch ein anderer Schillerpolring sein, oder eben eine Art aus einer ganz anderen gattung.



    LG, Pablo.

  • In dem Portrait (und einem anderen, war aber das selbe Bild) hatte ich auch den Fruchtkörper mit den Fingerspuren gesehen.
    Du meinst also, mein Fruchtkörper war unter Umständen nicht so jung, wie ich es dargestellt habe sondern eventuell schon recht alt.
    Hmmmmmm, ein interessanter Gedanke. Ich bilde mir ein, daß die Besitzer des Baumes behaupteten, der Fruchtkörper sei erst ein paar Wochen alt. Aber wenn man grad nicht da ist, wenn er poppig gelb (wie im Portrait) aus der Borke schiebt, ist er ja erstmal halbwegs unauffällig und er wuchs auch auf der dem Hauseingang abgewandten Seite und auch der dem Gehweg abgewandten Seite. Den konnte man sicher gut lange übersehen.
    Für sehr jung hielt ich ihn ja auch, weil ich fälschlicherweise von einem "noch weichen Knochen" - FomFom oder Phellinus - ausging.
    Dann hätte ich aber einen sehr schönen alten Fruchtkörper in der Hand gehabt. Der machte wirklich einen sehr jugendlichen Eindruck. Die Konturen waren außen (auf der dem Holz abgewandten Seite) gefühlt fast eine perfekte halbe Ellipse und auch die Schichtstärke (Pilzdicke) war sehr regelmäßig und zur Anwuchsstelle hin relativ regelmäßig ansteigend ... oh man, wer konstruiert solche Sätze :haue:
    Der fühlte sich andererseits aber auch sehr frisch an, schön saftig, schwer, flauschig, keine sichtbaren Schäden.
    Man darf aber wohl durchaus davon ausgehen, daß an diesem Pilzkörper ertwas ungewöhnlich gewesen sein muß, denn sonst hätte sich der städtische Baumgutachter vermutlich keine Hilfe geholt, denn der wird seine Pappenheimer im Normalfall ja wohl kennen.

    Viele Grüße,
    Hessekopp


    Ich bin blutiger Pilz-Anfänger. Wer auf meine Bestimmung hin etwas isst oder auch nur in den Mund ninnt, begeht möglicherweise einen schweren Fehler.

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  • Das Puzzle fügt sich nun doch befriedigend zusammen und ich bin mir recht sicher, daß Mausmann seine Glaskugel an der richtigen Stelle gerieben hat. :thumbup:
    Hete Nacht tauchte hier im Forum - genauer Hier - ein Inonotus hispidus auf, der meinem ab dem zweiten Bild quasi wie ein Ei dem anderen gleicht. OK, bei Eiern gibt es auch braune und weiße und Guttationstropfen hatte meiner auch nicht. Wenn ich aber das unten weiße Ei aus dem anderen Thread abtrockne und etwas altern lasse, erhalte ich - danke für diesen Hinweis Beorn - eine perfekte Kopie meines braunen Eis.
    So extraflauschig wie der Zottige Schillerporling aus dem anderen Thread war meiner auch. Als borstig hätte ich das jetzt nicht bezeichnet und wohl auch nicht als stark behaart ... eher ... extraflauschig :D aber Bezeichnung hin oder her, meiner hatte die von Climbingfreak geforderten Haare/Borsten dann auch.
    Ich danke allen Beteiligten für ihre Hilfe und auch all denen, die nichts geschrieben, sich aber trotzem mal kurz Gedanken gemacht haben.
    Sehr nett hier und einiges gelernt habe ich auch, ich komme wieder.

    Viele Grüße,
    Hessekopp


    Ich bin blutiger Pilz-Anfänger. Wer auf meine Bestimmung hin etwas isst oder auch nur in den Mund ninnt, begeht möglicherweise einen schweren Fehler.

    Einmal editiert, zuletzt von Hessekopp ()