Hallo zusammen,
bitte seid mir nicht bös, denn ich meine ganz ausdrücklich niemanden persönlich, aber:
in den Kommentaren gibt es viel unverbindliches Blar-Blar, teilweise inhaltlich weit weg vom Ausgangsproblem, und auch von Leuten, die von sich selber sagen, dass sie sich nie in eine solche Prüfungssituation begeben wollen, und die deshalb auch nicht gut nachvollziehen können, worin die anderen das eigentliche Problem sehen.
Das eigentliche Problem liegt in der Nicht-Vorhersehbarkeit für den Prüfling, wie der Prüfer eine konkret in schriflicher Form vorliegende Antwort bewertet. Man schreibt etwas gut Durchdachtes hin, wovon man mit einem gewissen Recht überzeugt ist, und erlebt dann, dass es als falsch bewertet wird. So begibt man sich vollkommen in die Abhängigkeit vom Prüfer. Gleichzeitig verliert die Prüfung an sachlicher Akzeptanz.
Was genau wird denn z. B. bei dieser Frage als falsch angesehen? Wenn der Mengenaspekt nicht berücksichtigt wird? Wenn das Problem der Pilzüberalterung nicht angesprochen wird? Wenn ein Pilz freigegeben wird, dessen Speisewert "uneinheitlich" bewertet wird, der aber zumindest nicht als giftig anzusehen ist? Wenn behauptet wird, der Samtfußkrempling sei giftig? Wenn nicht darauf hingewiesen wird, dass man ihn vor dem Verwurstsalaten 15 Minuten abkochen muss? Oder noch was anderes, das ich nach 17 Jahren Beraterpraxis nicht auf dem Schirm habe? Alles vollkommen intransparent. Nur dadurch zu lösen, dass der Prüfer Fragen dieser Art vor der Prüfung zeitnah mit dem Prüfling "durchgeht" und ihm dabei die erwarteten Antworten sozusagen einsagt.
Leute, die dann sagen: och, lass doch den Prüfer mal machen, der macht das schon richtig so... oder so ähnlich, verkennen, dass das Wohl oder Wehe bei einer solchen "Prüfung" im zu großen Ermessensspielraum des Prüfers und Auswerters liegt, mit anderen Worten, diese Fragetechnik provoziert geradezu Bewertungen nach Gesicht oder der persönlichen Nase. Denn es ist nicht definiert, wo der Lösungshorizont liegt, bzw. wo genau die Trennlinie zwischen "Prüfling bekommt den Punkt" und "Prüfling bekommt nicht den Punkt" liegt. Damit ist die Prüfung nicht wirklich "ehrlich", denn natürlich muss eine Prüfung so angelegt sein, dass der Prüfer transparent und objektiv bewerten kann, und möglichst wenig Ermessensspielraum walten lassen muss. Sie muss auch so angelegt sein, dass befähigte Prüflinge bestehen und nicht befähigte durchfallen.
Verursacht ist das Ganze dadurch, wie ich hier schon mehrfach erläutert habe, dass der Fragenersteller meint, mit der Formulierung einer Frage wäre sein Werk schon getan. Dem ist aber mitnichten so, denn anschließend muss er noch einen Antwort- bzw. Erwartungshorizont formulieren. Dies geht z. B. bei einer Drei-Punkte-Frage so weit, dass feststehen muss, wofür genau es den ersten, den zweiten und den dritten Punkt gibt. Neben der größeren Transparenz für den Prüfling wird dadurch eine deutlich bessere Korrigierbarkeit für den Prüfer erzielt, dem damit auch das unbefriedigende Gefühl genommen wird, einem Prüfling bei der Bewertung nicht wirklich gerecht geworden zu sein.
FG
Oehrling