Beiträge von Oehrling


    Von wo ist die Angabe, dass R. sanguinea nur auf Kalkböden vorkommen soll?


    Der Einwand ist berechtigt. Die Fachliteratur (Einhellinger, Favre, Krieglsteiner) ist einhellig der Auffassung, dass dieser Pilz sowohl auf kalkhaltigen als auch auf sauren Böden auftreten kann. Somit kann ich bei dieser Art nicht mit der Ökologie argumentieren.


    Die gezeigten Pilze aus Skandinavien können Bluttäublinge sein, in der SARNARI-Monografie werden aber noch ein paar andere scharfe rothütige, rosastielige, in skandinavischen Mooren wachsende Täublingsarten angeboten: Russula rhodopus, Russula helodes, Russula renidens.

    Folgende Hilfs-Systematik (nach: Großpilze BW) könnte ich dir anbieten:
    Ascomyceten (Schlauchpilze)
    Basidiomyceten (Ständerpilze)
    - Aphylloporales ("Weder-Lamellen-noch-Röhren"-Pilze)
    -- Gallertpilze
    -- Resupinate (Anliegende) Porlinge
    -- Pileate (Gestielte) Porlinge
    -- Stachelinge
    - Boletales (Röhrlinge)
    - Ramariales (Korallen-, Keulenpilze incl. der Leistlinge)
    - Epigäische und Hypogäische Bauchpilze; zweifelhafte Ordnung
    ohne inneren Zusammenhang,
    diese Pilze werden heutzutage anderen Ordnungen/Familien
    zugeordnet
    - Russulales (Sprödblättler)
    - Lamellige Nichtblätterpilze (Knäuelinge, Zählinge, Seitlinge...)
    - Agaricales (Blätterpilze)
    - Cyphelloide Pilze


    Als Anfänger solltest du dich an dem berühmten Lüder-Poster orientieren, welches meines Wissens dem Lüder-Buch "Grundkurs Pilzbestimmung" beigefügt war, aber auch frei verkauft wird.

    Jetzt meine Vorschläge (ich betone: Vorschläge!):
    1. decolorans sehr gute Idee, Hutfarbe und Huthabitus passen; falls der Stiel tatsächlich bräunt und FeSO4 grün, dann Heringstäubling spec.
    2. paludosa, der stark rillige Stiel wäre ein Indiz, ebenso wie rosa Flecken am Stiel; mit Sulfovanillin auf der Stielrinde blass bläulich-violett
    3. das ist die violette Varietät (Form?) von R. turci, heißt glaube ich R. amethystea; gelber Sporenabwurf und unterm Mikroskop in der Huthaut inkrustierte Primordialhyphen
    4. nigricans (der Dickblättrige Schwärztäubling heißt nicht R. adusta)
    5. amara/caerulea; mit Sulfovanillin auf der Stielrinde magentarot; Huthaut gummiartig-elastisch
    6. für mich rein optisch ein typischer Heringstäubling (bräunliche Hutfarbe, bräunender Stiel, andeutungsweise rosa überhauchter Stiel), doch wenn er scharf ist, wie angegeben, dann wird's schon R. badia sein
    7. Ingo hält ihn wohl für R. integra, möglicherweise zu recht, allerdings gibt es auch eine so gefärbte Form von R. mustelina; hier bräuchte man unbedingt die Farbe des Sporenabwurfs, um das zu klären
    8. optisch klare aeruginea (viele Rostflecken!), aber da bräuchte es zwingend eine Birke in der Nähe;
    9. eindeutige xerampelina (knallrot auf dem Hut, knallpink am Stiel)
    10. Ingo hält ihn wohl für R. laricina, aber das glaube ich nicht, es sei denn, es werden mikroskopische Beweise nachgeliefert. Ich kenne R. laricina als (Hoch-)Gebirgspilz; stattdessen schlage ich R. cessans vor
    11. eindeutige sardonia (zitronengelbe Lamellen!)
    12. Ingo hält ihn wohl für R. albonigra; das wäre meiner Erfahrung nach auch ein Gebirgspilz, außerdem wird der Stiel nicht so braun, sondern grauschwarz; ich schlage hier R. adusta vor, dies natürlich nur, wenn die Geschmacksprobe in den Lamellen mild ergab, was noch nicht gesagt wurde
    13. eventuell sanguinaria; das soll aber ein kalkliebender Pilz sein, der eher nicht in einen Kiefernsandkasten passt; vielleicht am Rand eines geschotterten Waldweges gewachsen?; auf jeden Fall nichts aus der emetica/Silvestris-Gruppe, denn dort kommen keine rosa gefärbten Stiele vor
    14. eindeutige vesca (vom Rand zurückgezogene Huthaut; Rostflecken)

    Nein, ich meine doch: keine der von mir eben genannten Arten, die im Kiefernwald vorkommen können, ist hier abgebildet. Pilz Nr. 1 mit dem nach Anfassen "olligen" (= bräunenden) Stiel sollte irgendeiner der Heringstäublinge sein.


    da ja die Geschmacksrichtung bei Pilzen in der Bestimmung durchaus eine Rolle spielt, wollte ich mal wissen, ob es Pilze gibt, die, wenn man ein linsen- bis erbsengroßes Stück abbeisst, zu Bestimmungszwecken kaut und dann wieder ausspuckt, bereits über die Mundschleimhaut so schnell und so viel Giftstoffe abgeben, dass es bedrohlich wird ?


    Welches Bestimmungsproblem betreffend gefährlicher Giftpilze willst du denn über eine Geschmacksprobe lösen?
    Vielleicht kann ich dir einen Tipp geben, wie du das gleiche Problem mit einer ungefährlicheren Alternative lösen kannst.
    Nur bei den allerwenigsten Pilzen gehört eine Geschmacksprobe standardmäßig zum Bestimmungsprogramm. Neben den genannten Täublingen und Milchlingen fallen mir noch gewisse Porlinge, Stachelinge und Dickröhrlinge ein, aber sonst??

    Hallo Gerd,
    ich kann die angegebene pdf-Datei ohne Probleme öffnen und lesen. Ein sehr informativer und schön geschriebener Artikel übrigens. Ich wusste gar nicht, dass du dich schon sooooooo lange mit Pilzkunde beschäftigst.

    [quote='Norbert.S','https://www.newboard.pilzforum.eu/board/index.php?thread/&postID=215244#post215244']
    > "Zahlreiche flaschenförmige Chrysozystiden im Hymenium" steht ja auch schon in WIKI , aber da steht nichts von der Größe.


    Die ist auch nicht erheblich für deine Bestimmungsaufgabe, sondern es ist schon mal viel wert, wenn du das Vorhandensein der Chrysozystiden nachweist. Du kommst bestimmungstechnisch über dieses Merkmal schnell in die Hypholoma- oder Stropharia-Ecke.


    > Gefärbt hatte ich in diesem Fall mit Kongorot in Ammoniak.


    Wenn du nach Chrysozystiden forschst, ist Patentblau DAS Färbemittel, wie schon weiter oben geschrieben wurde.


    > aber erstmal brauch ich ein Mikroskop ,wo man echt was sieht.


    Auf dem von dir gezeigten Foto sieht man doch all das, was man sehen muss!? Dass das Chrysozystiden sind, sieht man ja sogar ohne Anfärben.

    Es ist keineswegs so, dass es in der Fachwelt einen Konsens darüber gibt, dass alle schwärzenden Saftlinge nur zu einer Art gehören.


    Man kann auf jeden Fall mal sagen, dass du mit der "Gruppe um Hygrocybe nigrescens" bzw. mit "Hygrocybe nigrescens s. l." richtig liegst. Wenn du es genauer haben willst, musst du spezielle Saftlings-Spezialliteratur (z. B. die Boertmann-Monografie) sichten und interpretieren, da wird diese Gruppe diskutiert und z. T. gesplittet.


    Der hier gezeigte Pilz sieht, finde ich, wie eine ganz "normale", typische H. nigrescens aus.

    Ich wollte noch ergänzen, dass die von dir abgelichteten Exemplare extrem verwachsen sind. Das mag auch der Grund sein, dass du keine Fotoreferenzen gefunden hast, denn so verwachsene Exemplare werden üblicherweise nicht als Bestimmungsfotos eingestellt. Man darf sich da nicht von der Natur ins Bockshorn jagen lassen.


    Daß die Beschreibung makroskopischer Merkmale bei selten dokumentierten Arten eben auch nicht immer der Weisheit letzter Schluß ist, wäre nun meine Erklärung. Das kann ja alles in einer bis dato unbekannten Variationsbreite liegen.


    Das ist im Kern richtig und verweist unbarmherzig darauf, dass wir uns hier wohl an der Grenze des sicher Bestimmbaren bewegen.


    Wenn wir die grundsätzliche Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die makroskopische Beschreibung irrelevant oder unzutreffend ist und damit erklären wollen, dass eine kleinsporige Psathyrella mit geschnäbelten Pleurozystiden P. laevissima ist, obwohl sie viel Velum am Hutrand und oft einen Stielring hat, wäre das ein grundsätzlicher Zweifel an der Verlässlichkeit von Literaturreferenzen. Anders ausgedrückt: mit diesem Argument wäre es möglich, jedem ausführlich untersuchten Pilz einen willkürlichen, der Literaturreferenz in gewissen Merkmalen widersprechenden Artnamen zu geben. Bestimmungen und deren Ergebnisse erhielten ein gewisses Maß an Beliebigkeit.


    Nun hat praktisch jede Gattung ihre ganz speziellen "knallharten" Abgrenzungsmerkmale. Niemand würde z. B. in Zweifel ziehen wollen, dass in der Gattung Amanita die Abundanz bzw. das Fehlen eines Stielringes ein knallhartes Abgrenzungsmerkmal ist. In der Gattung Psathyrella kann das dagegen anders sein. Daher meine Frage nach der Referenzliteratur. Eine gute (überzeugende) Psathyrella-Literatur würde sicherlich Stellung dazu nehmen, ob das Vorhandensein eines Stielringes als Abgrenzungsmerkmal taugt oder nicht (ich kann mir freilich nicht vorstellen, dass das kein gutes Abgrenzungsmerkmal sein soll, selbst in der Gattung Psathyrella).


    Genauso ist es unsicher, ob die "Schnabel"-Ausbildung an den Pleurozystiden reliabel ist (es könnte auch Variationsbreite ansonsten normal zugespitzter Zystiden darstellen; wie man sieht, kann man das Argument auch andersherum verwenden ;)), so lange in der Referenzliteratur keine entsprechende Stellungnahme vorhanden ist. Solchen Stellungnahmen glaube ich im übrigen dann besonders stark, wenn es sich um einen Autoren handelt, der über lange, lange Jahre hinweg sich immer wieder mit extrem vielen Psathyrella-Funden auseinandergesetzt hat (also z. B. M. Enderle aus Ulm). Ich glaube auch sehr stark an das, was in Funga Nordica steht, weil die Gattungskapitel von Gattungsspezialisten ersten internationalen Ranges erstellt worden sind.[hr]


    Die Sporen sind nach Romagnesi 5,2-6,2 x 3,2-3,7 µm (ich fand 5-6,3 x 3-3,8 µm).


    Ja, das ist in der Tat ein Argument, das gegen meine Vermutung P. rostellata spricht. So klein können rostellata-Sporen nicht sein.


    Gehört nicht mal in die Nähe von candolleana oder leucotephra, sondern ist P. laevissima!


    Makroskopisch ist nicht viel zu sagen (halt eine Psathyrella). In den wenigen existierenden Beschreibungen ist von einem Ring keine Rede, das ist ein novum. Aber manchen jungen Pilzen sieht man förmlich an, dass sie gerne einen Ring bilden würden.


    Im Gegenteil wird in Großpilze Baden-Württembergs Band 5 über Psathyrella laevissima ausdrücklich geschrieben: "Hut ohne Velumreste"..., "von den anderen kleinsporigen Arten durch auch jung fehlendes Velum ... gut abgrenzbar". In "Funga Nordica" heißt es "veil when young not appendiculate as a membrane at the margin", ein Stielring wird nicht erwähnt, über den Stiel wird nur gesagt "stem 15 - 50 x 1 - 3 mm".


    Über eine andere kleinsporige Art mit geschnäbelten Pleurocystiden, Psathyrella rostellata, wird dagegen geschrieben: "veil as larger patches close or appendiculate to the margin, also as floccules or fibrils ..." und "stem ... rarely with a membranous ring in upper part". Allgemein scheint diese Beschreibung der Makromerkmale von P. rostellata auf den hier diskutierten Fund gut zu passen. Wie groß waren die Sporen denn? Und nach welcher Literatur hast du bestimmt?


    Ich habe eine Frage zum Anis-Klumpfuß (Cortinarius odorifer). Mir war dieser Pilz bislang als essbar bekannt, allerdings wird er in "Pilze der Schweiz" mit einem schwarzen Quadrat gekennzeichnet, was "kein Speisepilz; ungenießbare Pilze; sehr selten und zu schonen; sehr keiner Pilz und daher nur von botanischem Interesse" bedeuten kann. Weiß jemand, was davon zutreffend ist und wie es zu dieser Einordnung kommt?


    Ich kann mir vorstellen, dass die Datenbasis zu gering für eine verlässliche Einstufung als Speisepilz ist, so dass sich die Buchautoren nicht zu weit aus dem Fenster lehnen wollen.


    Grob gesprochen essen zu wenige Leute den Anis-Klumpfuß (sofern er es wirklich ist und nicht irgendein ähnlich aussehender Schleierling), als dass zum Speisewert verlässliche Angaben gemacht werden können. Wie man an den Beispielen Kahler Krempling oder Grünling sieht, brauchte man sehr sehr viele Verkonsumierer dieses Pilzes, um das Giftpilzpotenzial der beiden genannten Arten zu erkennen.


    Als Speisepilz lässt sich somit meiner Meinung nach nur eine Pilzart einstufen, die leicht und fehlerfrei kennbar ist und von vielen Pilzsammlern immer wieder gesammelt und beschwerdelos verzehrt wird, was auf den Anis-Klumpfuß eben so nicht zutrifft. Wer dann trotzdem so etwas isst, macht das Versuchskarnickel.


    Es ging darum, dass ich Gerhard (lebrac-Gerd) beweisen wollte, dass sein Butterrübling keiner ist.
    Dazu wollte ich einfach ein paar Makroeinschätzungen nach Bild von anderen Pilzlern hören.
    Mein Plan ist wohl mehrfach nach hinten losgegangen


    Und wenn du einfach beim nächsten Mal gleich deine Intention klarstellst? Etwa so: Ich habe einen Kumpel, der meint, dass die Teile auf Bild Nr. 1 Butterrüblinge wären und sich nicht von mir vom Gegenteil überzeugen lässt. Bitte schreibt hier eben kurz rein, dass das kein Butterrübling ist und vielleicht noch dazu, warum nicht.


    Dann entsteht nicht so eine Konfusion wie jetzt hier, wo jeder in eine andere Richtung abschweift (Amanita, Hallimasch, Gerd1, Gerd2 usw.) und niemand mehr irgendetwas nachvollziehen kann.


    Und die blauende Bergtrüffel sieht doch irgendwie aus wie das Ei vom Kornblumenröhrling - jedenfalls wie von einem anderen Planeten. :D


    Die blauende Bergtrüffel zählt ordnungstechnisch zu den Boletales, d. h. ihr Blau wird durch die gleichen Inhaltsstoffe erzeugt wie bei blauenden Röhrlingen.


    [hr]


    Dieser tolle Bericht holt mich mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurück 8| Ich kenne keine Pilze 8| Jedenfalls nicht SOLCHE Pilze 8| Wieso verstecken die sich vor mir?! 8|


    Du wirst mich für diese Antwort ewig hassen, aber:
    du gehst wahrscheinlich zu selten in wirklich gute Pilzgebiete
    :shy:
    Harzi gibt seine Fundorte genau an. Besser gehts nicht. Fahr hin, und du siehst alles live!

    Hallo Pilzologe,
    ich habe äußerst ähnliche persönliche Daten wie du zu bieten (eigentlich nur Altersdifferenzen bzgl. mich selber und meiner Tochter - plus 1 bzw. plus 2 Jahre) und fahre so ein bis zweimal im Jahr in den Schönbuch oder in den Glemswald, da hat es viele für Spezialfunde berühmte Stellen. Wir könnten also mal zusammen den Schönbuch rocken.
    Freundliche Grüße
    Oehrling


    Also Beringter Mürbling (Psathyrella leucotephra)?


    Hmm, in Großpilze BW wird P. leucotephra als weiß-lederblass und sein Ring als weiß und häutig beschrieben. Der Pilz ist auch als Foto abgebildet, aber der eindeutig graue Farbton gefällt mir nicht. Ich denke, es ist eher die genau neben dran stehende P. spintrigera (Dattelbrauner Faserling).

    Danke für das Bild mit der Sporenpulverfarbe. Das kann man als Anti-Galerina-Beweis verwenden (Spp. gelbbraun). Ihr habt recht, es ist wohl eine Psathyrella. Jetzt sucht nach beringten, braunen Psathyrellen mit filzig-striegeliger Stielbasis, da kann es nicht viele geben.