Servus Stefan,
um das Thema zur Literatur abzuschließen
- vermutlich geht es jemandem ähnlich, der einen ersten Blick in eine aktuelle Russula-Monographie wirft - auch da wird mit Begriffen wie "Primordialhyphen", Spp. IIa-IIb etc. um sich geworfen. Bei Fälblingen sind es halt die Sporenkennungen wie O2-O3, P1-P2, D3 und die Cheilozystidentypen und Quotienten.
Ich schaue mir seit einigen Jahren Fälblinge genauer an und habe mich auch mit den hochalpinen Arten beschäftigt. Gerade in der Artengruppe rund um Hebeloma bruchetii hatte ich so meine Probleme, die durch das aktuelle Werk (vorerst?) gelöst sind.
In einem hast du aber ganz sicher Recht: Ein solches Werk sollte auch für einen Neueinsteiger in einer Gattung schnell erkennbar die Begriffe und Abkürzungen definieren. Hier ist es ein ganzes Kapitel - nämlich das Einführungskapitel zu den makro- und mikroskopischen Merkmalen. Eined Art Glossar am Anfang hätte aber trotzdem oder gerade deshalb wohl nicht geschadet.
zurück zum Ausgangsthema - ich habe jetzt mal die Mikroskopie gegengelesen (habe das ja nicht auswendig im Kopf).
Die Sporen sollten sein:
O2-O3, P1-P2, D3
das heißt:
O2-O3: deutlich bis sehr deutlich ornamentiert - passt!
P1-P2: Perispor ablösend - von undeutlich, nur an vereinzelten Stellen bis deutlich - ich meine, das an den Mikrofotos teilweise erkennen zu können; könnte man durchfokussieren, wäre es einfacher... Gefühlsmäßig aber würde ich sagen: passt!
D3: Dextrinoidie deutlich und stark - passt!
Sporenform: mandelförmig - passt!
Sporenmaße - der von den Autoren errechnete Theoriewert wäre 7,5-12,2 x 4,7-7,1 µm mit Mittelwerten, die wie folgt schwanken: 9,5-11,2 x 5,1-6,5 µm
Die angegebenen 7,5-10,5 x 5,5-6,5 µm erscheinen etwas zu kurz. Der Mittelwert der Länge dürfte unter 9,5 µm Länge liegen. Da die Maße aber nur als "so um 7,5-10 x 5,5-6,5 µm" angegeben sind (und auch der Quotient eben fehlt), gehe ich davon aus, dass nicht viele Sporen gemessen wurden. So gesehen könnte das noch passen.
Cheilocystiden: die Maße fehlen, was den Vergleich schwierig macht, aber die unauffällig zylindrische Form ist typisch für die Artengruppe rund um Hebeloma laterinum / H. birrus etc., also für die Sektion Scabrispora - und der wurzelnde Stiel ist da auch typisch. Die Sektion passt also...
Die Makroskopie passt wiederum dermaßen gut auf Hebeloma laterinum (der aktuell gültige Name - ich habe meist noch H. edurum im Kopf), dass ich keine Zweifel hätte. Der Habitus, der leicht wurzelnde, basal verdickte Stiel, die Stielbekleidung, das Bräunen, die Flecken am Hut, die im Alter gerne auftreten, der gerippte Hutrand - passt alles...
Nur der Geruch... ich habe bei Hebeloma laterinum noch nie Rettichgeruch gehabt - ich erkenne da immer nur den reinen Kakaogeruch, manchmal auch in Richtung Schwarztee mit Milch und Zucker (was die Abgrenzung zu Hebeloma circinans schwer macht - da habe ich trotz der Monographie manchmal noch Probleme, die beiden zu trennen), jedenfalls immer mit gewisser Süße. Die leichte Rettichkomponente wird ja von Pablo aber auch nur als "leicht" beschrieben und der Kakao im Vordergrund bleibt. Zudem gibt die Monographie wieder andere Geruchseindrücke wieder, als ich sie bei der Art habe (erdartig, seifig, manchmal nach kakao - da rieche ich anders - die Nase ist immer so eine Sache).
Zusammengefasst: Ich hätte im Gelände bei dem vorgestellten Fund nicht im Mindesten an Hebeloma laterinum gezweifelt. Die Mikroangaben bestätigen das - abgesehen von den Sporenmaßen, die nochmal überprüft gehören, gäbe es einen Beleg. Die kürzeren Sporen würden zu Hebeloma circinans passen (die Maße überschneiden sich, aber sie reichen bei H. circinans in der Schwankung weiter nach unten). Da passt mir aber der Habitus nicht un die kenne ich nicht aus dem Tiefland bei Kiefer. Hebeloma circinans ist bei uns in den Bergen sehr häufig - mein Lieblingsfälbling wegen des tollen Geruchs (eben der Schwarztee mit Milch und Zucker).
Käme bei einem theoretischen Nachmessen den Sporen etwas anders als Hebeloma laterinum raus, würde ich mich schon sehr wundern ;-).
Liebe Grüße,
Christoph