Lycoperdon rupicola? Das muss doch etwas anderes sein...

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 701 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Oliver.

  • Guten Abend zusammen,


    ich war mit dem APR zusammen am 12.03.2023 in Recklinghausen auf der Halde Hoppenbruch und dort habe ich zwei kleine Stäublinge gefunden und als Bovista pusilla mal mitgenommen. Zuhause habe ich bei näherer Inspektion ziemlich schnell festgestellt, dass das auf keinen Fall B. pusilla sein kann. Mit der engischsprachigen Monographie über Stäublinge von Mikael Jeppson bin ich schnell zu der Gattung Lycoperdon und dort zu L. rupicola gekommen. Als ich L. rupicola gesucht habe, fiel ziemlich schnell auf, dass die etwas ziemlich besonderes ist. Deshalb will ich nicht so sehr daran glauben. Da ich so gut wie keine Erfahrung mit Stäublingen habe, würde es mich freuen, wenn einige von euch sich diesen Fund anschauen und mir sagen könnten, was es vielleicht neben L. rupicola sein könnte... oder dass es eben genau dieser ist.


    Habitat: Wegesrand mit Kies, der in einen Hang aus Kies überging; stellenweise bemoost (passt also ganz gut...)

    Größe: beide Fruchtkörper zwischen 1 und 1,5cm im Durchmesser und fast 2cm hoch

    Weiteres Makroskopisches: beide hatten die im Buch beschriebenen sternförmigen Öffnungen; beide Fruchtkörper einzelnd aber in der Nähe voneinander


    Sporen: ziemlich genau 4 x 4µm; Tendenz zu 4,5µm und auf keinen Fall 3,5µm (beruhend auf zahlreichen Messungen... 30+); Ornamentation wohlmöglich vorhanden, aber sehr schwer zu beurteilen; keine langen "Reste" an den Sporen; apedicellate

    Capitulum: vom Lycoperdon-Typ; vereinzelnd Verzweigungen, sonst lange Fäden; Zellwände extrem dünn; Septen so gut wie nicht vorhanden; pigmentierte Hyphen, also braun gefärbt; keine Hyphen mit cyanophilen Inneren aber ancyanophilen Zellwänden, wobei diese ziemlich dünn; Paracapitulum fehlend bzw. überwiegend Capitulum zu sehen

    Subgleba: wattig (locular subgleba); bräunliches braun wie Capitulum; Gleba bräunlicher


    Netze/Muster bzw. Reste von Stacheln oder gar Stacheln nicht vorhanden


    Da ich an nichts besonderes dachte, gibt es leider keine Aufnahmen in situ:

    1.


    2.


    3.


    4.


    Und einige Mikros:

    5. 45x


    6. 25x


    7. 45x


    8. 45x


    9. 45x Baumwollbau


    10. 100x Baumwollblau



    Ich habe gesehen, dass Wolfgang P. in der Liste für die Lycoperdaceae als Experte steht.


    Liebe Grüße

    Oliver

  • Hallo Oliver,


    erstmal Glückwunsch zu der guten Dokumentation.


    Bei einem alten Fruchtkörper aus dem Vorjahr ist das mit der Ornamentation der Exoperidie natürlich so eine Sache. Vielleicht mal mit der Lupe auf der wetterabgewandten Seite, also am Stielansatz gucken? Ist der nicht doch sandpapierartig körnig und nicht feinstachelig?


    Die Allerweltsart, die mir als erstes in den Sinn käme, wäre Lycoperdon lividum, der Graslandstäubling.

    Dafür spricht die violette Subgleba (ist das so? Farben im Kunstlicht...), allerdings sieht das Capillitium dafür doch recht elastisch aus. Die Poren im Capillitium sind groß, wie bei lividum, aber das ist an einem Foto schlecht zu beurteilen, wenn man nicht auf die Stelle fokussieren kann.


    L. rupicola kenne ich nicht aus eigener Anschauung, aber das Merkmal der schmalen kleinen Stacheln kannst Du ja nicht beurteilen. Ohne dieses Merkmal würde ich die Bestimmung als ungesichert betrachten.


    Die Sporenornamentation ist übrigens bei Lycoperdon eine Kunst für sich. Oft sehen Sporen in einem Medium total glatt aus und erst in einem anderen Medium erkennt man die Warzen. Oft sind die Warzen an Sporen, die in einer Luftblase sind, besser zu erkennen als an Sporen in der Flüssigkeit. Die erste Wahl ist Leitungswasser. Oder man greift zu Phosphorsäure-Melzer wie kürzlich aus der Uni Jena vorgeschlagen, aber auch das ist kein Allheilmittel.

    In diesem Fall hilft das aber nicht viel weiter, denn die grobwarzigen Arten kommen eh nicht in Betracht, und rupicola und lividum hätten beide feine Warzen.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo miteinander!


    Und wie wäre es mit einem popeligen Wiesen-Stäubling (Lycoperdon pratense)? Weil der Scheitel der Peridie nicht eingefallen ist? Vielleicht wäre das noch gekommen?

    Hier ein paar Zitat aus Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Wiesen-St%C3%A4ubling):

    Makro:

    Zitat
    ... Seine umgekehrt birnenförmigen Fruchtkörper sind mit vergänglichen, mehrteiligen Stacheln besetzt. ... Typisch ist zudem ein Trennhäutchen zwischen Kopf- und Stielteil. ... Das ungefähr 1,5–6 cm breite Gebilde... Die Außenhülle (Peridie) ... <die Stacheln> beim Abfallen kein Muster hinterlassen.

    Mikro:

    Zitat

    ... Dafür kommen reichlich dünnwandige und kaum oder nicht verzweigte Pilzfäden (Hyphen) vor. Sie sind 3–8 µm dick und durchsichtig (hyalin) bis gelblich gefärbt. Die kugeligen, dünnwandigen und feinwarzig ornamentierten Sporen messen 3–4,5 µm im Durchmesser. Die Verbindungen (Sterigmen) zu den Ständern (Basidien), an denen die Sporen heranwachsen, brechen bei Reife ab und hinterlassen an den Verbreitungseinheiten keine oder nur kurze Reste. ...

    Viele Grüße – Rika

  • Hallo zusammen,


    das Subgleba ist tatsächlich an manchen Stellen etwas violett. Das würde dann tatsächlich für L. lividum sprechen. Was für oder gegen L. pratense spricht, werde ich noch mal nachschauen und euch heute Abend ein Update zu der Sache geben.


    Die Sporen habe ich mir hyalin angeguckt und dort nichts an einer Ornamentation gesehen. In BWB konnte ich sie im Ansatz erkennen, deshalb auch das Sporenbild in BWB. Ich werde die dann mal heute noch in anderen Media mikroskooueren und schauen, was ich dort alles erkennen kann.


    Grüße und bis später

    Oliver

  • Und wie wäre es mit einem popeligen Wiesen-Stäubling (Lycoperdon pratense)?

    Hi Rika,


    die Antwort gibst Du selbst weiter unten:


    L. pratense hat dünnwandige, hyaline Hyphen mit Septen, aber ohne Poren (also ein Paracapillitium).


    Die Bilder oben zeigen dickwandige, gefärbte Hyphen ohne Septen, mit Poren (also ein echtes Capillitium, hier vom intermediären Typ, weil es doch einige Verzweigungen gibt und sich die Hyphen im Präparat biegen und nicht abbrechen).


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo zusammen,


    ich hab auf gut Glück den Mikael Jepson angeschrieben und er hat mir geantwortet. Es handelt sich hier keinesfalls um L. rupicola. Er tendiere auch zu L. lividum.


    Ich weiß im Nachhinein gar nicht mehr genau, warum ich L. lividum ausgeschlossen habe. Verwunderlich finde ich nur noch, dass die Beschreibung der L. rupicola erwähnt, wie dieser einfach im Feld zu bestimmen sei. Fairer Weise muss man ja sagen, dass meine Fruchtkörper Leichen sind und man davon bekanntlich ja die Finger lassen soll.


    Grüße

    Oliver