Myxomyceten –“ Schönlinge des Waldes Teil 3/2

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  • Weiter geht es mit den Liceida (Liceales) im Teil 3/2 mit Lycogala, Enteridium, Dictydiaethalium und Tubifera




    Zur Wiederholung:
    Die Fruchtkörper der Liceida sind einfach gebaut; es fehlen in der Regel ein echtes Capillitium, eine Columella und Kalkknötchen. Es gibt höchstens ein Pseudocapillitium in Aethalien und bei bestimmten Cribraria- und Dictydinium-Arten CaCO3-Kristalle. Sie sind alle Hellsporer.
     
    Dictydiaethalium plumbeum:


    Die einzige bei uns vertretene Art dieser Gattung bildet fladenförmige Pseudoaethalien aus palisadenartig angeordneten 6-seitigen Einzelfruktifikationen, deren Seitenwände bei Reife bis auf die Kanten verschwinden mit einem baldachinartigen, gewölbten Deckel. Die Kanten bilden ein Pseudocapillitium.


    Jede Fruktifikation beinhaltet ein Capillitium aus welligen Fäden.







    Enteridium:
    Der ursprüngliche Name Reticularia musste zugunsten der zuerst beschriebenen Flechtengattung Reticularia aufgegeben werden.

    Enteridium lycoperdon
    :


    Die Cortex (also die gemeinsame Hülle der im Aethalium verschmolzenen Einzelfruktifikationen) ist zunächst glatt und glänzend, dann aber sehr flüchtig, so daß die Sporen dann frei liegen.




    Tubulifera:


    In unserem Gebiet gibt es 2 Arten.

    Tubulifera dictyoderma
    :


    Dieses Pseudoaethalium sieht fast aus wie Dictydiaethalium plumbeum, aber die Peridie der Einzelfruktifikationen ist dauerhaft und bildet dadurch duch den gesamten Fruchtkörper feste miteinander verwachsene Wände und die Sporen sind mit 5,5 –“ 6,5 µm Ø nur halb so groß wie bei D.




    Interessant ist die bienenwabenartige Struktur der Oberfläche.




    Tubulifera arachnoides:


    Der alte Name ist Tubulina ferruginea. Im Gegensatz zu T. dictyoderma sind die Einzelsporocarpien hier noch deutlich zu erkennen.



    Rechts neben dem rechten Fruchtkörper steht die Cribraria cancellata, die ich in Teil 3.1 vorgestellt habe!
    Hier etwas näher. Links erkennt man noch sehr gut den Hypothallus des Pseudoaethaliums von T. arachnoides.




    Das Capillitium ist spärlich und besteht höchstens aus dünnen, mit der Wand verbundenen Fäden mit anhaftenden Sporen.





    Lycogala:


    Bildet kugel-, kegel- oder polsterförmige Aethalien. Die Cortex ist derb und im reifen Zustand von unregelmässigen Schuppen bedeckt. Bei uns kommen 4 Arten vor.

    Lycogala conicum
    :


    Kugelige bis konische Aethalien, 0,8 –“ 2,5 mm Øund 1-3,5 mm hoch.





    Lycogala epidendrum –žBlutmilchpilz–œ:


    Einer der bekanntesten und häufigsten Myxos unserer Wälder.




    Sieht er in der Abendsonne nicht richtig goldig aus?




    Lycogala flavofuscum:


    Sieht fast aus wie Enteridium lycoperdon, ist aber meist auf waagerechtem Untergrund. Außerdem ist die Cortex ausdauernd und sehr fest aus mehreren Schichten.




    So, das soll als Überblick über die Liceida = Liceales genügen.


    Viel Spaß mit den Bildern, in Teil 4 geht es weiter mit den Trichiida und dann wird es richtig bunt.


    Bis demnächst,


    Bernd




    1. Hermann Neubert, Wolfgang Nowotny, Karlheinz Baumann, Heidi Marx: Die Myxomyceten Deutschlands und des angrenzenden Alpenraumes unter besonderer Berücksichtigung Österreichs. Bd. 1–“3, Karlheinz Baumann Verlag, Gomaringen 1995


    40. A.-M. Fiore-Donno, C. Berney, J. Pawlowski, S.L. Baldauf: Higher-Order Phylogeny of Plasmodial Slime Molds (Myxogastria) Based on Elongation Factor 1-A and Small Subunit rRNA Gene Sequences. In: Journal of Eukaryotic Microbiology, 52, S. 201–“210, 2005

  • Hallo Bernd,
    sehr schöne Aufstellung und Abbildung der charakteristischen Arten der vorgestellten Gattungen.
    Vor allem das Foto der ausgestäubten Lycogala conicum finde ich toll. :thumbup:
    Wie stehst Du zu der hier schon mehrfach diskutierten Lygogala terrestre?
    Ich habe zu Tubulifera dictydioderma eine Frage. Wo hast Du die Art gefunden? Was für ein Substrat besiedelt diese Art?
    Ich habe sie bei uns noch nicht gefunden. Würde mich über einen Tipp wo man die Art finden kann freuen.
    Bei Enteridium könnte man auch noch die anderen bei uns noch vorkommenden Arten nennen.


    Danke und viele Grüße Ulla

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Bernd!


    Interessant. Bei Tubulifera dictyoderma kann ich mir vorstellen daß ich im Stande wäre, den auch mal mit Tubifera ferruginosa zu verwechseln. Jetzt allerdings wohl nicht mehr. :)


    Der Thematik "Lycogala epidendrum vs. Lycogala terrestre" hat sich Steffen >hier< mal angenommen.



    LG, Pablo.

  • Hallo Ulla,



    vielen Dank für Deine Kommentare.


    Zu Deinem Fragen:


    1. Lycogala epidendrum vs. Lycogala terrestre: Das wurde hier im Forum ja auch schon diskutiert: http://www.pilzforum.eu/board/…rum-vs-lycogala-terrestre
    Martin und Alexopoulos, The Myxomycetes, 1969 führen L. terrestre Fries, Symb. Gast. 10, 1817 als Synonym zu L. epidendrum (L.) Fries, Syst. Myc. 3; 80, 1829 auf und die Beschreibung deckt auch beide Formen sowohl bzgl Farbgebung als auch bzgl. Pseudocapillitiumdurchmesser ab.
    Nannenga-Bremekamp, De Nederlandse Myxomyceten, engl. Übersetzung von 1989 bezieht sich ebenfalls auf Fries 1829 und erklärt, dass die verschiedenen Farbvariationen (Blasses Aethalium mit pinkfarbigen Sporen oder dunkles Aethalium mit grauer Sporenmasse) wahrscheinlich als verschiedene Varietäten getrennt werden sollten.
    Neubert, Nowotny, Baumann, Die Myxomyceten 1995 bezieht sich ebenfalls auf Fries 1829 und beschreiben die Farbfariationen beim Aethalium und Sporen, sowie die unterschiedlich dicken Pseudocapillitiumfäden. Obwohl bei Ihnen der Begriff terrestre nicht auftaucht, äußern sie auch die Vermutung, dass es sich um eine Sammelart handeln könnte, obwohl eindeutige mikroskopische Trennmerkmale fehlen.
    Poulain, Meyer, Bozonnet, Les Myxomycètes 2011 haben zwar beide im Schlüssel L. epidendrum und E. terrestre = E. epidendrum var. terrestre, unterscheiden aber nicht im Bildteil.
    Wahrscheinlich muss man eine Sequentierung abwarten, um über Art oder Varietät zu entscheiden - ich neige eher zu der Varietät-Alternative.


    2. Tubulifera dictyoderma hat vor ein paar Jahren ein Bekannter von einer Pilztour aus dem Pfälzer Wald mitgebracht. Leider war eine genauere Standortangabe nicht möglich. Das Pseudoaethalium ist auf einem Stück faserigem hellen Holz (wie kann ich Laub- oder Nadelholz unterscheiden?). Leider war das für mich bisher auch der einzige Fund.


    3. Erratum: die Enteridium-Arten heißen aktuell scheinbar wieder Reticularia, da dies der ältere Name ist (Reticularia Bull. Herb. France pl. 326, 1787-88, statt Enteridium Ehrenb. Jahrb. Gewächsk. 1: 55, 1819), also Reticularia lycoperdon.


    Alls weitere Reticualria-Art habe ich bisher nur Reticularia olivacea var. simulans gefunden:



    Welche Arten hast Du noch zu bieten ;)


    LG,
    Bernd

  • Hallo Bernd,
    bin Dir noch eine Bemerkung schuldig.
    Zu Lycogala epidendrum verso L. terrestre habe ich auch meine eigene Meinung und stimme Dir zu: warten wir mal auf eine eventuelle Sequenzierung (muß sich bloß jemand finden der das forciert!)
    Zu Enteridium bzw. wieder Reticularia:
    Reticularia olivacea var. simulans habe ich noch nicht gefunden.
    Bei uns habe ich dagegen R. splendens und R. splendens var. jurana nachweisen können. Leider habe ich da keine Fotos.
    Allerdings haben wir dann noch Reticularia lobata gefunden, eine sehr seltene Art, die nur von Funden aus Anfang des letzten Jahrhundert bekannt war.
    Diese Art wie auch R. splendens gehören zu den Reticularia-Arten mit ganz typischen Sporen: die sind zu 2/3 grob netzig und das restliche Drittel ist nur feinwarzig bis glatt.
    Das macht diese Arten unverwechselbar.
    R. lobata fällt etwas makroskopisch aus dem Rahmen der anderen Reticularien, da diese Art aus dichtgedrängten Einzelfruktifikationen besteht, die zunächst an andere Gattungen wie z.B Cribraria denken läßt. Aber durch die charakteristischen Sporen ist die Art dann doch dieser Gattung zuordenbar.



    Reticularia lobata



    LH Ulla