Hallo Sarah,
ich gebe auch noch meinen Senf dazu, einfach damit du eine Vielzahl von Meinungen kennst. Wie du weißt, entstehen mit einer Vielzahl von Meinungen auch Widersprüche, die nicht immer zuverlässig aufgelöst werden können. Wenn wir Glück haben, bekommen wir auch noch die Meinung des Users Jürgen (Schreiner), dem vielleicht besten aktiven Röhrlingskenner Deutschlands.
Vorweg: meine Live-Funderfahrungen sehen so aus: Boletus appendiculatus alljährlich-regelmäßig, Boletus subappendiculatus alljährlich-regelmäßig, Boletus pseudoregius bisher 3 mal, Boletus regius auch regelmäßig, aber nur von einer einzigen Fundstelle (d. h. Variabilität von B. regius kann ich nicht gut einschätzen).
Boletus subappendiculatus: kenne ich als einen Pilz des montanen feuchten moosbewachsenen (Fichten-Weißtannen-)Nadelwaldes (kommt z B. im Nord- und Ostschwarzwald sehr häufig vor), welcher im Moos vergesellschaftet mit Fichtensteinpilzen und Schönfußröhrlingen wächst, etwa die Größe des Schönfußröhrlings hat, Hutfarbe hell schmutzigrosa, Hutoberfläche feinfilzig, niemals blauend (weder auf Druck noch bei Anschnitt; ich habe den Pilz wirklich sehr oft gefunden, aber das habe ich niemals beobachtet), relativ schnell vom Goldschimmel befallen, so dass man oft neben intakten Steinpilzen und Schönfußröhrlingen nur schimmlige Leichen findet. Der Farbenverlauf beim Längsschnitt ist so, dass im Hut und in der oberen Stielhälfte ein Zitronengelb vorherrscht, das in der unteren Stielhälfte durch ein blasses Altrosa abgelöst wird.
Boletus appendiculatus: kenne ich als Pilz des Laubwaldes über mineralischem Lehmboden (also nicht unbedingt über Kalkboden), der fast das ganze Jahr über trocken ist und nur zwei, drei Wochen im Jahr überhaupt Pilze in nennenswerter Menge erbringt. Als Begleitpilze kommen Sommersteinpilz, Hainbuchenröhrling oder Gelbporiger Raustielröhrling in Betracht, selbstverständlich auch Rotporer wie B. luridus oder B. legaliae. Die Hutfarbe ist ein ziemliches kräftiges Rotbraun bis hin zum Kastanienbraun. Die Hutoberfläche würde ich als grobfilzig bis leicht schuppig bezeichnen. Schneidet man den Pilz durch, blaut er nur oberhalb der Röhrenschicht, sonst nicht. Die Poren blauen auf Druck ebenfalls. Der Farbverlauf im Fleisch ist der gleiche wie bei B. subappendiculatus. Walter Pätzold war der Meinung, dass B. appendiculatus (den er vom Büchereck kannte) und B. subappendiculatus (vom Locherhof) dasselbe sei. Ich dagegen meine, dass diese beiden Pilze sich makroskopisch ziemlich gut trennen lassen und halte das abweichende Taxon B. subappendiculatus für voll berechtigt.
Boletus pseudoregius (= fuscoroseus): kommt über noch krasserem Kalkboden vor als B. appendiculatus, also da wo die Erde rissig-krümelig-bröckelig ist und Kalkbröckchen enthalten sind. Ich habe ihn immer ziemlich am Waldrand gefunden, im Eichen-Hainbuchen-Wald, zwischen Weißdorn und Elsbeeren, in Gesellschaft des Echten Satanspilzes und ähnlichen Rotporern. Seine Hutfarbe würde ich immer noch als braun bezeichnen, allerdings ist es ein helleres Braun, welches gleichermaßen in Richtung Rosa und Orange geht, etwa wie die Eichenrotkappe, auch von der Huthautstruktur her. In der Mitte des Stieles hat er oft eine rötliche Ringzone, die den oberen gelben vom unteren bräunlichen Teil trennt. Beim Durchschneiden wird die gesamte obere Hälfte des Pilzes gleichmäßig und relativ kräftig blau.
Boletus regius: an der mir bekannten Fundstelle wächst auch B. appendiculatus. Die beiden anderen (B. subappendiculatus und B. pseudoregius) habe ich trotz regelmäßiger Begehung noch nie dort gesehen, dagegen aber schon den Silberröhrling (B. fechtneri). Die Hutfarbe würde ich als kräftig rosa bis purpurfarben bezeichnen, brombeersaftrot kommt auch in etwa hin. Die Hutoberfläche ist eigentümlich kräftig schorfig, also schon anders als bei B. pseudoregius (so schorfig wie bei den hier gezeigten Exemplaren habe ich die Huthaut bei B. pseudoregius bisher noch nicht gesehen). Die bisherigen Funde habe ich immer stehen lassen, also kann ich zum Verfärbungsverhalten nichts sagen.
Was du gefunden hast, ist nach meinem Kenntnisstand eindeutig B. pseudoregius (= fuscoroseus).
FG
Oehrling