Hallo,
Über gutmeinende Kritik würde ich mich freuen!
Ich würde deine Schlüssenpunkten A-W im folgenden kurz mit meiner persönlichen Erfahrung kommentieren aber zuvor noch eine Frage allgemeiner Natur:
An wen soll sich dieser Schlüssel richten? Oder ist er vielmehr für deinen persönlichen Gebrauch gedacht? Vor einiger Zeit hatte ich folgende Aussage gelesen; Schlüssel machen Leute, die sie nicht brauchen, für Leute die mit ihnen nicht umgehen können. Das ist natürlich überspitzt vormuliert aber auf dieses Projekt bezogen meiner Ansicht nach so zu lesen, dass dieser Schlüssel für einen Täublingskundigen zu viele und oft nur minder relevante Details abfragt wobei er für einen "Anfänger" mit der Gattung sehr (zu?) komplex erscheinen mag. Ich habe auch den Kibby und bin in der Praxis kein Freund seines Schlüssels, obwohl ich zu Beginn zunächst begeistert war. Ich hoffe ich konnte meine Gedanken hierzu neutral äußern und möchte keinesfalls das Ganze schlecht reden.
A Hutfarbe: Alle Täublinge können Albino-Formen ausbilden oder entfärbt sein (l.Felix Hampe). Daher hier gehören eigentlich alle Arten rein. Hutfarben sind genrell sehr veränderlich und es gibt nur wenige Täublinge die dabei ausgesprochen konstant sind.
B Habitus: Klappt bei sehr kleinen und sehr großen Täublingen recht gut, vorrausgesetzt man hat adulte Fruchtkörper. Aber gerade im mittleren Bereich (Grenzfälle!) ist die Größe ziemlich variabel. Daher würde ich hier wirklich nur eindeutige Kandidaten in die Gruppe klein (z.B. Russula melzeri) bzw. groß (z.B. Russula integra) packen.
C Geschmack: Klar, wichtiges Kriterium. Ob widerum die Feinabstufungen C2 - C3 unterschieden werden müssen ist fraglich. Der Schärfegrad hängt zudem vom Alter und Wassergehlat des Fruchtkörpers ab.
D Geruch: Ein besonderer Geruch ist immer ein Bonus-Merkmal bei der Bestimmung. Vielleicht wäre hier aber eine Doppelprobe nötig, einmal beim Aufsammeln und dann noch 1-2 Stunden später für Gerüche, die sich erst noch entwickeln können.
E trocken/schmierig: Ist meiner Meinung nach eher bei Milchlingen relevant. Samtig, trockene Huthäute können auf inkrustierte Primordialhyphen hindeuten. Wirklich schmierige Täublingen gibt es fast nur bei den Ingratae, die man wahrscheinlich an ganz anderen Merkmalen vorher erkennt.
F Abziehbarkeit: Hängt auch vom Wassergehalt und Alter des Fruchtkörpers ab. Muss also unbedingt am frischen Frkp. getestet werden. Insbes. eine schwer abziehbare Huthaut ist bei ein paar Arten druchaus bestimmungsrelevant. In den meisten Fällen aber trivial 1/3-2/3 und daher oft übergewichtet.
G Hutrand: Für die Ingratae und ein weitere relevant. Korreliert aber meist mit dem Habitus, je dünnfleischiger/kleiner desto eher sind die Hutränder gerieft.
H Lamellenfarbe: anhand derer kann R Sporenstaubfarbe abgeschätzt werden. Es macht wenig Sinn beides in einem Schlüssel zu verwenden. Für einen Feldschlüssel wäre H, für die Bestimmung daheim R sinnvoll. Genrell ist die Farbe des Sporenstaubes das wichtigeste Merkmal in Verbindung mit dem Geschmack.
I Biegsamkeit Lamellen: Vorsicht vor jungen Heterophyllinae (Speise-Täublinge, Grüngefelderter Täubling,...) mit biegsamen Lamellen und ausgetrockneten Frauen Täublingen mit wenig elastischen Lamellen.
J Lamellendichte: Ist bei den meisten Täublingen schwer nutzbar, da die Unterschiede recht gering sind (Sonderfälle wie Russula nigricans mal ausgenommen).
K Stielfarbe: Schwierig nutzbar. Nahezu alle weißstieligen Täublinge können Farbe am Stiel haben (Frauentäublinge mit rosa Stiel wie Russula violeipes gibt es!) und "gefärbtstielige" Täublinge mal einen weißen Stiel (oft bei Russula badia).
L Fleischfarbe: Veränderungen unbedingt über Nacht beobachten. Meistens bleibt das Fleisch aber weiß.
M Konsistenz: korreliert oft mit B, ist aber kann durchaus relevant sein. Zu testen ist auch die Festigkeit des Stiels.
N Symbiose-Bäume: Wichtiges Merkmal.
O Boden: Auch nicht unwichtig, aber N meist untergeordnet.
P Eisen(II): P1,2,4 sind die gewinnbringenden Ergebnisse, wodurch sich weiteres Schlüssel meist erübrigt.
Q weitere Chemikalien: Würde ich nicht im Schlüssel einbauen, da diese nur gewinnbringende Erkentnisse in speziellen Fragestellungen liefern. Was bringt es z.B. Phenol auf einen scharfen Täubling zu schmieren. Wenn, dann wäre noch die Guajak Reaktion interessant (vorrausgesetzt die Probe erfolgt fachgerecht).
R siehe H
S,T,U,V,W: Mikroskopische Merkmale die für den Feldgebrauch ungeignet sind. Abschätzen lässt sich evtl. noch die Beschaffenheit der Huthaut: Inkrustierte Primordialhyphen kommen niemals bei scharfen Täublingen vor. Milde Täublinge gibt es mit Dermatozystiden oder inkrustieren Primoridalphypen. Nur selten kommen beide Strukturen vor (aber nur bei nicht scharfen Täublingen). Es gibt zudem Zwischenformen wie inkrustierte Dermatozytiden.
So, ganz schön viel Text geworden aber ich hoffe es bringt weiter.
LG Thiemo