Servus Bernhard, servus zusammen,
ich habe den Agaricus durchgeackert, soweit es ging.
Die Lamellenschneide war wie erwartet fertil - sehr viele Basidien, darunter auch recht große, cystidiolenartige Basidien und zwischen den Basidien Basidiolen / Cheilocystiden in Basidiolenform (nicht wirklich zu unterscheiden) und nur sehr vereinzelt kleinere, septierte Elemente, die man als Marginalzellen bezeichnen könnte. Das passt gut auf den Agaricus altipes-capellii-chionodermus-Formenkreis.
Die Basidien sind recht groß, ca. 24-30 x 7,5-11 µm (mit Ausreißern nach oben, vor allem an der Schneide), dominierend viersporig;
Sklerobasidien konnte ich keine finden, die Fruchtkörper waren aber auch recht jung
Die Sporen passen von den Maßen her perfekt auf die var. veneris (= Agaricus chionodermus) - gemessen wurden 28 Sporen:
7,0-7,6-8,5(-9,0) x 4,5-4,9-5,5(-5,75) µm; Q = (1,3-)1,4-1,55-1,7
Die Sporenform hingegen passt nicht so gut - die Sporen sind hinten meist breit abgerundet, nur wenige Sporen sind hinten ausdünnend.
Keimporus: nein
Die Fasern der Ringunterseite (= Velum universale) sind einerseits aus normalen, relativ dünnen Hyphenbündelmn aufgebaut, aber dazwischen bfinden sich immer wieder bzw., recht häufig breitere Zellen (hier bis ca. 15 µm Durchmesser), die leicht abreißen und dann deutlich abgerundete Enden aufweisen - das Velum bricht so in sich zusammen und ist weniger fest, als würden nicht viele Zellen disartikulieren - das ist recht auffällig
Die Makroskopie passt gut zu Agaricus altipes s.l. - korrespondierend zur Mikroskopie
Es kommen aufgrund der rudimentären Marginalzellen und des fehlenden Keimporus zusammen mit der Makroskopie nur noch drei Arten in Frage:
1. Agaricus altipes s.str. (= Agaricus aestivalis s.str.)
2. Agaricus chionodermus (=Agaricus altipes var. veneris; = Agaricus heimii; = Agaricus perturbans; = Agaricus wasseri)
3. Agaricus capellii
Nummer 3 fällt weg, da hierfür die Sporen nicht breit genug sind (und auch zu kurz) - passt nicht
Nummer 1 hätte kleinere Sporen und einen etwas festeren Ring (keine halbkreisförmig abgerundeten Zellenden im Velum universale des Rings), aber die Sporenform passt hier
Nummer 2 passt von den Sporenmaßen sehr gut und auch bezüglich des Velum universale des Rings, aber die Sporenform passt nicht
(deshalb habe ich Nummer 2 auch bislang meist als Varietät von Nummer 1 aufgefasst)
So bleibt (wie meistens bei Agaricus) eine kleine Restunsicherheit - da aber einzelne Sporen (wirklich nur einzelne) bereits das ausgespitzte Hinterende zeigen, kann es an den noch recht jungen Fruchtkörpern liegen - die ersten Sporenpopulationen sind nicht immer ganz typisch - das betrifft aber auch gewissermaßen die Sporenmaße.
Als Agaricus altipes var. veneris hätte ich keine Bedenken, da ich hier Übergänge erwarten würde (hier: Sporenform); als Agaricus chionodermus ist es für mich schwieriger, das "einzuloggen" (im Sinn von Parra in der Mongraphie, der das mit Agaricus heimii gleichsetzt).
Da Ludwig angesprochen wurde: Parra sieht in dem, was Ludwig als Agaricus perturbans beschrieben hat, Agaricus chionodermus... (ebenso wie das Original, Psalliota decorata - Ludwig & Pohl haben ein noen novum geschaffen, da Agaricus decoratus schon besetzt war, aber der wird von Parra ohnehin als Synonym zu Agaricus chionodermus gesehen)
Langer Rede kurzer Sinn:
Agaricus altipes s.str. ist es m.E. sicher nicht, sensu lato aber schon. Mit den Sporenmaßen und dem Velum universale bleibt nur Agaricus altipes var. veneris übrig bzw. Agaricus chionodermus.
Interessant wäre, wonach der Pilz exakt gerochen hat (auch da unterscheiden sie sich). Der Hut hätte vermutlich gegilbt, wenn er entsprechend gedrückt worden wäre?!
Auf alle Fälle eine interessante Aufsammlung und etwas seltenes 
Liebe Grüße,
Christoph