Servus Hortator,
mit dem Speisewert ist es immer so eine Sache. Im Prinzip lief es historisch so, dass beobachtet wurde, bei welchem Pilz es zu Vergiftungen kommt und bei welchem nicht. Früher wurde aber nur makroskopisch bestimmt und es ist oft nicht so ganz klar, ob dieses Trial and Error-Verfahren immer alle ähnliche Arten mit eingeschlossen hat. Konkretes Beispiel: der Gifthäubling galt ganz früher als essbar. Es gibt auch Pilzbücher aus den 1910er-Jahren, in denen der Pantherpilz als essbar drin steht (ich habe solche Bücher).
Was durch die historische "Großmutter, iss mal, wir schauen so, ob wir den auch essen können"-Methode nicht immer klappt, sind Syndrome wie bei den Rauköpfen (zu lange Latenzzeit) oder dem Kremplingssyndrom (an dem kürzlich jemand in Bayern verstorben ist). Und was gar nicht klappt, ist der Nachweis ungesunder Inhaltsstoffe durch das "Vorkosten".
Pilze sind wahre Meister der Chemie - sie produzieren vielfältigste und interessante Stoffe. Man müsste eigentlich zu vielen "Speisepilzen" sagen "Inhaltsstoffe nicht genügend bekannt". Oder fachliche ausgedrückt - man kann bei einigen "Speisepilzen" deterministische Toxine ausschließen, stochastische aber nicht.
Noch so ein Beispiel wäre der Grünling.
Und was nun gut oder schlecht schmeckt, ist immer individuell - mir schmeckt z.B. der Grünspanträuschling in einer Suppe (als Gewürz).
Servus Craterelle,
da du den Muschelseitling als Beispiel erwähnt wurde und es da um mich geht... Ich war früher ab und zu mit Prof. Steglich im Wald, so auch einmal im Naturwaldreservat Schönwald bei Leiutstetten. Prof. Steglich ist / war "der" Papst der Inhaltsstoffe. Wir haben dabei auch Muschelseitlinge in größeren Mengen gesehen. So kam es zum Gespräch zu dem Pilz und er meinte damals, er würde abraten, den zu essen, weil er fettlösliche, ungesunde Stoffe enthalten würde. Ich bat ihn, solche Informationen mal für Laien deutschsprachig z.B. in der Z. Mykol. zu publizieren, worauf er meinte, er habe leider absolut keine Zeit, um populärwissenschaftlich zu publizieren.
Das Gespräch ist schon lange her, aber ich erinnere mich ganz gut daran.
Die Information ist daher in der Tat ein rein mündliches "Gerücht". Nicht anders hatte ich das aber auch in die Welt gesetzt. Ich fand es nur für Pilzberater interesdsant, das mitzuteilen. Was Andreas K daraus dann gemacht hat, finde ich ehrlich gesagt dreist und unverschämt.
Übrigens - und Andreas K und Co. können das gerne wieder verwurschten, um mir eins reinzuwürgen: Prof. Steglich hatte mir auch von gilbenden Ergerlingen abgeraten (wegen des Farbstoffs). Zumindest kann man im Parra (2008) - die Agaricus-Mongraphie ertser Teil - nachlesen, dass Agaricus urinascens extrem hohe Schwermetallbelastungen aufweist und daher kein Speisepilz ist (neben weiteren aus der Gruppe, und man kann dern Schafegerliung makroskopisch nicht sicher trennen).
Ich stehe dazu, dass ich die Infos aus dem Gespräch weitergegeben habe - und ich weiß, dass es dazu keine medizinische Studie gibt. Habe ich auch nie behauptet.
Was allerdings wirklich unverschämt ist: Andreas Kunze stellt den Sachverhalt falsch dar und hat mich dabei nicht mal gefragt. Ich schrieb wortwörtlich:
Zitat
Hallo zusammen,
ich war lange Zeit abstinent... Harry Andersson teilte mir mit, dass vor geraumer Zeit über den Speisewert von Panellus (bzw. Sarcomyxa) serotinus diskutiert wurde.
Ich muss dringend abraten, diesen ohnehin bitteren Pilz zu verspeisen. Prof. Steglich, der "Papst" der Pilzinhaltsstoffe hat mich gewarnt, dass dieser Pilz höchst ungesunde, fettlösliche Inhaltsstoffe besitzt. Das heißt, die Gifte lagern sich im Fettkörper ab und werden beim Abnehmen wieder freigesetzt... Alles in allem einfach ungesund.
Da ich dies im Gespräch so nebenbei erfuhr, habe ich keine Literaturstelle parat. Hierfür am besten bei Prof. Steglich direkt nachfragen... (LMU München, Fak. für Chemie, Organische Chemie...).
Ciao, Christoph
Quelle: Panellus serotinus ist ungesund!
Andreas hat das falsch verstanden, wobei ich nicht weiß, wie man den fett gedruckten und unterstrichenen Satz falsch verstehen kann.
Harry - wir sind befreundet - ist im FA Tox der DGfM. Und er hatte mir mitgeteilt, dass über den Speisewert von Panellus serotinus diskutiert wurde. Dieser Diskussion wollte ich mit diesem Beitrag im PilzePilze hinzufügen, dass ich ohnehin abrate, den Pilz zu verspeisen. Ich schrieb hier, dass mich Prof. Steglich persönlich gewarnt hatte - und ich schrieb, dass ich keine Literaturstelle parat habe...
Andreas' Artikel stellt mich als Vollpfosten dar, der über Dinge schreibt, von denen ich nur indirekt oder gar nicht gehört habe. Der Tintling druckt das logischerweise ungeprüft ab. Wenn man pber jemanden öffentlich herzieht, sollte man mit dem Betroffenen vielleicht mal reden. Ich habe mir einen Leserbrief gespart - bringt nichts. Gegen diesen journalistischen Stil, Inhalte (bewusst?) falsch publik zu machen, kann man selten an.
Zurück zum Thema...
Ich beobachte allerdings die Tendenz, dass heftigst an jedem früher als Speisepilz anerkannten Pilz festgehalten wird, als stünden wir kurz vor einer Notzeit. Beispiel Phaeolepiota aurea - man weiß, dass der Pilz Blausäure abspaltet, dies hier aber langsam passiert, sodass auch beim Kochen Blausäure enthalten bleibt. Es gibt Vergiftungsmeldungen und der Pilz ist somit einfach problematisch und kein Speisepilz. Die PSV der DGfM sollten den daher m.E. nicht freigeben. In der Z. Mykol. wird abermepfohlen, ihn in kleinen Mengen zu probieren und wenn es klappt, ihn dann als Speisepilz zu essen. Das erinnert mich an die Deutschen Pilzblätter, in denen versucht wurde, alles irgendwie genießbar zu machen - nur herrschte damals wirklich Hunger und Not (Krieg).
Was ist so schwer daran, auf den Pilz zu verzichten.
Aber jeder soll nach seiner Facon glücklich werden. Ich warne eben und ich versuche, Informationen, die mir gegeben werden, weiterzugeben. Gegen Rufmord (Andreas K mir gegenüber) kann man sich da aber schwer wehren. Immerhin ist der Artikel offenbar wohlbekannt.
Ist halt so.
Liebe Grüße,
Christoph