Hallo Maren,
das sind interessante Fragen, die du zum "Auftauchen" von Giftpilzen stellst.
Da ich überzeugt bin, dass weder Kabol-Champignons noch Gifthäublinge in jüngerer Zeit eingewandert sind, habe ich einmal in meinem Bücherschrank nach älteren Pilzbüchern gegraben.
Konkret habe ich in drei Pilzbüchern nachgeschlagen, nämlich:
1. Zeitlmayr, Caspari: Knaurs Pilzbuch, 4. Auflage, 1961
2. Haas, Gossner: Pilze Mitteleuropas, 13. Auflage, 1976
3. Haas, Pätzold: Wegweiser durch die Natur: Pilze Mitteleuropas, 1982
Zum Gifthäubling habe ich folgendes gefunden:
Weder Zeitlmayr (1961) noch Haas (1976) erwähnen ihn als Verwechslungskandidaten zum Stockschwämmchen.
Erst bei Haas (1982) wird er als "Nadelholzhäubling" als giftiger Doppelgänger des Stockschwämmchens erwähnt und erhält auch ein eigenes Portrait, allerdings ohne Hinweis auf seine tötliche Giftigkeit; er wird lediglich als "giftig" bezeichnet. Ein Satz darin scheint mir besonders interessant: "Dem Pilz wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt, seit feststeht, daß er giftig wirkt."
Ich denke, darin findest du dann auch die Erklärung dafür, dass man früher - also etwa in den 1960er und 70er Jahren - wesentlich argloser ans Stockschwämmchen-Sammeln gegangen ist: Man wußte einfach noch nicht, wie gefährlich der Gifthäubling ist und hat deshalb nicht auf eine Verwechslungsmöglichkeit geachtet - und nicht deshalb, weil es ihn nicht gegeben hätte.
Wenn ich diese ganzen Namen noch nie gehört habe und du außerdem damit Recht hast, dass es damals diese Pilze schon gab, dann müssten wir ja einfach nur unverschämtes Glück gehabt haben.
Ja, so kann man es dann wohl nennen.
Und wahrscheinlich gab es auch damals schon andere Sammler, die weniger Glück hatten, deren Tod man aber (noch) nicht mit dem Verzehr des Gifthäublings in Verbindung gebracht hat.
(Ähnliches lässt sich in der Literatur ja auch beim Kahlen Krempling nachlesen, der sich allmählich vom "guten Speisepilz" in Richtung "tötlich giftig" wandelte.)
Anders sieht es bei den Karbol-Champignons aus:
Sie werden in allen Büchern als giftige Verwechslungskandidaten zu Anis- (oder Schaf-) Champignons genannt, waren also offenbar auch damals schon bekannt
Ich meine nämlich, dass ich letztes Jahr auf der Recherche nach den Champignondoppelgängern auf den Hinweis gestoßen bin, dass der Karbolchampignon zugereist ist.
Da geht es wieder um ein anderes Thema, nämlich um neu bei uns aufgetauchte giftige Champignon-Arten; Christoph ("Tricholomopsis") hat > hier <einen interessanten Beitrag dazu geschrieben.