Agaricus xantholepis (Ockerfarbiger Zwerg-Egerling)

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 1.765 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von EmilS.

  • Hallo zusammen,


    ein schöner Fund von Mitte November. Gefunden im Wald bei Buchen und Fichten.

    Auffällig ist der helle Hut ohne purpurbraune Töne. Stark gilbend, KOH positiv, starker Anisgeruch. Stielbasis zwiebelförmig. Sporen 5,2 x 3,8 µm. Cheilozystiden 8–12 µm breit, ballonförmig.


    Nach Studium von Kibby, Gröger, GroPiBaWü sieht die Sache recht eindeutig aus, nur zur Abgrenzung von ähnlichen Arten besteht anscheinend Uneinigkeit. Ich weiß nicht, ob diese Art valide ist. Bei Pilze-Deutschland gibt es auch nur wenige Fundmeldungen und keine in dieser Region. Vielleicht kann hier ein Agaricus-Kenner nochmal drüberschauen, Tricholomopsis ?


    VIele Grüße, Emil

  • Lieber Emil,


    vielen Dank für das Vertrauen – aber bei den Minores ist es so schlimm...


    Agaricus xantholepis wird von Parra als Synonym zu Agaricus brunneolus angesehen. Der Name wurde aber unterschiedlichst interpretiert, wobei Parra das Ganze ziemlich festgezurrt hat. Aber A. xantholepis als Name ist nicht verkehrt, denn dann ist es kompatibel zu anderen Werken.


    Die Sporenmaße (Durchschnittswerte) passen, die Ch-Cystiden könnten breiter sein, aber... es gibt soooo viele Arten, die neu beschrieben wurden und die alle gleich aussehen und auch anatomisch nicht gut unterscheidbar sind. Viele Arten wurden rein wegen der DNA beschrieben.


    Agaricus brunneolus wird für die Sektion recht groß und ist dann halbwegs bestimmbar.


    Zu kleinen Fruchtkörpern schreibt Parra, das Kollektionen unter 7 cm Hutdurchmesser nicht von vielen (!) anderen Arten der Minores unterscheidbar ist - es sei denn, man schaut die DNA an. Nur sehr große, für die Sektion untypische Kollektionen sind also überhaupt bestimmbar:



    Also sind selbst große Fruchtkörper nicht so ohne weiteres bestimmbar, mit Mikroskopie geht es aber. Dein Fund kann aber alles Mögliche sein. Auch mit dem Schlüssel von Parra kommt man nicht weiter, weil der schon ab Schlüsselpunkt 5 mit Sequenzen der ITS schlüsselt (sic!). Ach ja, es sind so ca. 30 Arten... ^^


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • P.S.: Typische A. brunneolus sind sehr kräftig (aber an dem einfachen Ring erkennbar), erinnern teils an Agaricus impudicus (aber gilben, riechen nach Anis und eben der einfache Ring), haben kupferrotbraune Fasern auf dem Hut.

    Aber es gibt auch fast weiße Kollektionen und zarte Kollektionen usw.


    Und selbst typische Kollektionen müssen mikroskopiert werden.


    Anders ausgedrückt: die Kartierungsdaten kann man im Prinzip (nach aktuellem Stand) alle streichen, es sei denn, es stehen Sequenzen dahinter. Keine Verbreitungskarte ist verlässlich, da die Bestimmung meist nicht verlässlich ist.


    So kann dein Fund rein makroskopisch auch Agaricus friesianus sein oder Agaricus huijsmanii oder Agaricus jacobi, Agaricus kerrigani, Agaricus luteofloccosus, Agaricus matrum, Agaricus pallens (usw.) - ich habe mal wenig bekannte Arten aufgezählt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Lieber Christoph,


    Danke für die ausführliche Antwort. Das ist ja fürchterlich. :D In allen Werken, die ich so habe, bestehen die Minores noch aus nur wenigen (um die 5) Arten und sind leicht bestimmbar.

    Ich glaube, ich lasse von Champignons dann ab jetzt erst mal endgültig die Finger. Ohne den Parra zu besitzen, ist das sicher hoffnungslos. Wobei der mit 2008 aber auch schon recht alt ist (Kibby ist z. B. neuer). Bleibt er trotzdem das Standardwerk für die Gattung? Und werden diese Gruppen noch bearbeitet, sodass man bald evtl. nicht mehr nur über die Sequenzen gehen muss? Da ist ja für Hobbypilzler nicht viel zu machen.


    Viele Grüße, Emil

  • Bleibt er trotzdem das Standardwerk für die Gattung? Und werden diese Gruppen noch bearbeitet, sodass man bald evtl. nicht mehr nur über die Sequenzen gehen muss? Da ist ja für Hobbypilzler nicht viel zu machen.

    Lieber Emil,


    der Parra bleibt sicher so lange aktuell, bis eine andere Monographie erscheint, die ähnlich tiefschürfend ist.


    Was die Bearbeitung angeht - an Agaricus hocken zurzeit viele Arbeitsgruppen, aber eben primär genetisch. Es ist ja auch der Hammer (finde ich), dass bei uns sowohl Agaricus essetei als auch Agaricus abruptibulbus vorkommen. Schiefknollige Anisegerlinge sind daher zurzeit auch nicht auf Artebene klassisch bestimmbar. Bei Agaricus ist das alles im Moment sehr heftig, finde ich.


    Es wird aber gerade bei solchen Gattungen auf uns Amateure ankommen. Die Grundlage ist genetisch geschaffen worden. Parra konnte oft keine griffigen Unterschiede anatomishc oder makroskopisch herausarbeiten, hat aber viel angesehen und das diskutiert. Vielleicht hat er ein Merkmal übersehen. Wer wird sowas finden? Vor allem Amateure, wenn sie sich so in die Gruppe verlieben, dass sie z. B. Sequenzen machen lassen und ihre neu entdeckten Merkmale so prüfen. Vielleicht gibt es ja dann ein Erkennungsmerkmal, das bis jetzt noch unbekannt ist?


    Die Minores sind genetisch gut bestimmbar, wie es aussieht. Freiwillige vor, die neue Merkmale in der Gruppe suchen, um die dann mit der Genetik zu korrelieren...


    Ich mag Egerlinge, ich beschäftige mich genau genommen seit ca. 1988 mit ihnen. Das war die erste Gattung, in die ich mich intensiv eingearbeitet hatte. Damals noch mit den Arbeiten von Bohus. Das waren noch Zeiten. Ich mag Egerlinge immer noch, auch wenn sie einen oft zum Verzweifeln bringen. Aber Anisegerlinge und Zwergegerlinge - puh - sehr hart. Karbolis: spannend, aber teils auch ohne Genetik unlösbar (Agaricus xanthodermulus vs. Agaricus laskibari zum Beispiel - man meint, es geht makroskopisch, dann aber hat man was dazwischen stehendes, also makroskopisch...). Und die große Variationsbreite - viele von weiß bis braun (kennt man ja auch vom Zuchtegerling). Sehr schwierig.


    Vielleicht magst du dich der Zwerge annehmen? ^^


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Lieber Christoph,

    jetzt ärgere ich mich natürlich, dass ich kein Exsikkat angefertigt habe, um es vielleicht irgendwann einmal sequenzieren zu lassen. Ich muss mir das generell mal angewöhnen. Hier dachte ich, es gäbe nicht viele mögliche Arten und ich hätte alles an dem Pilz untersucht, was nötig war. Irrtum.

    Das mit A. abruptibulbus und A. essettei wusste ich auch nicht, interessant. Die „neuen“ Karbol-Champignonarten hattest du schon ein paarmal im Forum erwähnt, aber erkennen würde ich sie natürlich auch nicht, sind ja in den meisten Büchern (allen?), die ich besitze, auch gar nicht enthalten.
    Dann erwarte ich gespannt deine Agaricus-Monografie, die irgendwann einmal erscheinen wird. ;)


    Lieber Harald,

    da komme ich gerne mal drauf zurück. Irgendwie reizt es einen ja doch immer wieder, Champignons mitzunehmen, weil man so häufig welche findet und doch immer wieder irgendwie denkt, es wäre machbar. Und es ist natürlich auch schade, wenn mir ohne dieses Buch zu besitzen sämtliche aktuellen Erkenntnisse dazu verschlossen bleiben.


    Viele Grüße,
    Emil