Cordyceps militaris - häufig und Standorttreu?

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  • Liebe Pilzfreunde,

    manche Pilzarten erscheinen regelmäßig und zuverlässig am gleichen Standort. Bei Holz ja nicht so verwunderlich und auch bei Mycorhizza nicht.

    Aber Puppenkernkeulen?

    Die soll ja nicht selten sein, aber ich habe die erst vor drei Jahren erstmals selbst gefunden. Naja, aus dem fahrenden Auto heraus sieht man die ja nicht und wirklich gezielt gesucht hatte ich die auch nicht.

    Auch jetzt kenne ich nur den einen Standort, wo die Art offensichtlich regelmäßig erscheint.

    Weiß jemand, wie die Infizierung vonstatten geht? Fressen die Larven die Sporen im Boden oder wird der Befall von den ausgewachsenen Faltern schon übertragen? Abgesehen von den Dramen darunter sind dies kleine hübsche Pilzchen.

    Gruß Alis


  • Lieber Alis


    manche Pilzarten erscheinen regelmäßig und zuverlässig am gleichen Standort. Bei Holz ja nicht so verwunderlich und auch bei Mycorhizza nicht.

    Aber Puppenkernkeulen?

    ...

    Weiß jemand, wie die Infizierung vonstatten geht? Fressen die Larven die Sporen im Boden oder wird der Befall von den ausgewachsenen Faltern schon übertragen? Abgesehen von den Dramen darunter sind dies kleine hübsche Pilzchen.

    am gleichen Standort ist die Auffindwahrscheinlichkeit natürlich groß. Wobei ich mit Standort den ökologisch definierten Standort meine. Du meinst vermutlich den genauen Fundort.

    Beispiel: der typische Standort von Lactarius subdulcis ist der Buchenwald. Ein Fundort von Lactarius subdulcis wäre z. B. der Sonnenberg bei Leutstetten.


    Sprich: Standort meint die ökologischen Bedinungen, die eine Art bevorzugt (Standorte sind Buchenwälder, Fichtenwälder, Hochmoore usw., also Lebensraumtypen). Der Standort kann dabei aber auch sehr eng definiert sein, aber immer nicht auf einen Punkt bezogen.


    Ich schreibe das deshalb so ausführlich, damit wi rnicht aneinander vorbei reden. Leider werden selbst in eigentlich ökologisch angedachten Werken wie Großpilze Baden-Württembergs oder auch dem Beiheft mit den Verantwortungsarten die Begriffe schlicht verwechseltz (bzw. bei ersterem Werk mal richtig, mal falsch angewandt, je nach Kapitel und Autor).


    Am passenden Standort wird Cordyceps militaris immer wieder potentielle Wirte finden, da ja die Verbreitung auf neue Wirte immer klappen muss. Und kommt eine Schmetterlingsart an besagtem Standort vor, wird auch die Cordyceps dort wieder ein Opfer finden. Insofern wundert es mich nicht, wenn die Cordyceps auch an einem Fundort regelmäßig angetroffen werden kann. Leider nennt man das dann "standorttreu", was endgültig verwirrt, denn im "Normaldeutschen" wird nicht zwischen einem (potentiellen) Standort und einem konkreten Punkt, an dem man steht, unterschieden.


    Zum Finden des Wirts: die Cordyceps wächst über die Tracheenöffnungen in das Insekt, schaltet erstmal das Immunsystem aus, und lebt solange im Atmungssystem, bis der Pilz entscheidet, den Wirt zu töten. Bei der Verpuppung werden die Tracheen meines Wissens aufgelöst - da weiß ich nicht, was genau die Cordyceps da macht. Der Primärbefall läuft aber, so wie ich es verstanden habe, über an der Körperoberfläche anhaftende Sporen, die auskeimen und so durch Hyphen, die in die Atmenöffnungen hineinwachsen.


    Liebe Grüße,

    Christoph


    P.S.: im Bayerischen Wald (Nationlapark) ist Cordyceps militaris weit verbreitet. In den Alpen auf unterer Höhe (so zwischen 800 und 1000 m, also am Fuß der Berge) finde ich sie auch immer wieder mal. Im Alpenvorland wiederum finde ich sie fast gar nicht. Offenbar braucht sie als Standort (hier in Bayern in meiner Region) montane, totholzreiche Mischwälder mit genügend Totholz der Finalphase, das bereits übermoost ist, sodass sich unter dem Moos die Raupen zum Verpuppen zurückziehen. Ob diese Standortsumschreibung allgemeingültig ist, kann ich nicht sagen. Andere Gegend, andere Standortsanspüche?!

  • Hallo Christoph,

    danke für die ausführlichen Erläuterungen.

    Wie du richtig vermutet hast, meinte ich den konkreten Fundort.

    Standort ist für mich der Ort wo ich stehe, bzw. ein konkreter Ort.

    Lebensraumtypen würde ich als Biotop bezeichnen. Das ist womöglich auch anders definiert.

    Im konkreten Fall handelt es sich um eine westseitige, steile Böschung an einem Waldweg. Gut 2 Kilometer vom westlichen Schwarzwaldrand entfernt in 370 Meter Höhe. Die Böschung ist duch den Wegebau entständen und da ist nicht viel Erde drauf. Darüber Mischwald mit Fichte, Buche, Esskastanien usw. Ein oder zwei Jahre zuvor hatte ich dort Erdzungen gefunden, die aber noch keinen Namen bekommen haben. Vermutlich Fallax. Diese habe ich heuer nicht gesehen.

    Hier ein Bild von 18. Oktober 2015.



    und da wir gerade bei Lebensräumen sind, vielleicht kannst du mir auch eine andere Frage beantworten:

    ich vermute, dass auf Orchideenwiesen auch Saftlinge vorkommen sollten. Auf zwei bekanntermaßen guten Orchideenstandorten konnte ich aber (heute und letzte Woche) nichts finden. Liege ich falsch, oder war es einfach noch zu früh im Jahr oder womöglich auch das falsche Jahr? Inzwischen sollte es doch auch bei uns hinlänglich feucht sein.

    viele Grüße

    Alis

  • Servus Alis,


    ein Biotop ist die Summe der abiotischen Faktoren eines Gebietes. Die Biozönose ist alles, was in einem Biotop lebt. Im Sandkiefernwald wäre das Biotop der Sand und die Luft. Und das Ökosystem ist die Summe aus Biotop und Biozönose.==Lehrer

    Solange man versteht, was der andere meint, ist es aber egal ==zucken In der Politik ist ein Biotop eben das, was die Ökologen als Ökosystem bezeichnen (Biotop plus Biozönose) - verbunden mit einem besonderen Wert desselben.


    Und der Standort einer Art ist die Summe der Ökosysteme, in denen die Art vorkommen kann. Der bevorugte Standort sind die Ökosysteme, in denen die Art am häufigsten anzutrefen ist.


    Wie gesagt, alles im ökologischen Sinn ;-).


    Zu den Saftlingen:

    Ich habe keine Ahnung, warum bei dir ein schlechtes Saftlingsjahr war. Ich würde vermuten, es ist das Zusammenkommen des trockenen Jahrs 2019, der fehlende Winter und die nicht ganz so extreme, aber doch vorhandene Trockenheit 2020, die Probleme bereitete.


    Ich war heuer im Montafon (am Silvretta). In den Hochlagen praktisch keine Saftlinge, weiter unten, so um die 1500-1700 m hingegen reichlich. Dabei ist es alles derselbe Bergstock gewesen. Und ich kenne einen Saftlingshotspot an der Bieler Höhe (Silvretta) - da war wie gesagt nichts, nullinger, nada. Am Gafrescha aber - wow, Cuphophyllus flavipes, Neohygrocybe fornicata, Hygrocybe reidii, H. cantharellus, H. helobia, H. chlorophana, Pseudotricholoma (Porpoloma) metapodium, Clavria zollingeri, Clavaria fumosa, Rötlinge in solchen Mengen, dass man kaum die Almwiese betreten konnte - der eine Hang ist ein Totalausfall, der andere strotzt vor Arten, die sich zeigen... Vielleicht kleinklimatisch bedingt?! Und bei dir vielleicht ähnlich?!


    Doch wissen kann ich's nicht...==schuetteln


    Liebe Grüße,

    Christoph