Conferticium - ochraceum / insidiosum

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    • Offizieller Beitrag

    Salve Tutti!


    Also jetzt geht's um folgenden Pilz, der mir seine Fruchtkörper bei einem Nuejahrsausflug (1.1.2020) im Elsass in den Weg stellte.

    Fundort ist am Ostrand der Vogesen, Hanglage zur Rheinebene hin, auf ca. 450 ~ 500 müNN, bei Gueberschwihr (zwischen Colmar und Mulhouse); an einem stark verwitterten (aber im kernholz immer noch granitharten) Eichenstamm.
    Fruchtkörper frisch fest, aber wachsartig, getrocknet extrem hart aber spröde.
    Mikroskopisch ist der Pilz eine echte Herausforderung: Die extrem dichte Hyphenstruktur ist - egal in welchem Medium - kaum auflösbar, also einzelne Hyphen vor allem im Subhymenium / Kontext gar nicht voneinander zu isolieren. Insgesamt sind die Fruchtkörper aber erkennbar monomitisch. Die Schnallenverhältnisse sind schwer zu beurteilen, an den Basidienbasen sind keine zu sehen, auch in den wenigen, etwass lockerer strukturierten Hyphen des (nur stellenweise undeutlich ausgeprägten) Subikulums fehlen Schnallen.
    Die Hyphen sind stellenweise dextrinoid, sowie cyanophil - ebenso wie (noch stärker und konstanter) die Basidien.
    Die Sporen sind dünnwandig, klein (um 3,5-5 x 2,5-3 µm), amyloid, glatt und variabel cyanophil.

    Stellenweise sieht es so aus, als würden die Basidien mehrere Schichten bilden, wobei die basalen Hyphen halt acuh diese dichte Struktur aus +/- zylindrischen, vertikal arrangierten Zellen bilden, die ungefähr auch die Größe von Basidien haben.
    Im hymenium und Subhymenium finden sich eingebettete Gloeozystiden (manche davon in SV schwach reagierend), die eher klein und unscheinbar sind.

    Das Herbarmaterial reagiert mt KOH5% erstaunlich purpurschwarz - was immer das auch bedeuten mag.


    Ein paar kleine Eindrücke des Fundes:










    Nach langem hin und her bin ich mal bei der Gattung Conferticium gelandet (gehörte früher zu Gloeocystidiellum, ist aber in der Tat wohl recht verschieden davon).

    Die Gattung ist offenbar recht übersichtlich - aber das macht's nicht einfacher. Die wenigen Arten scheinen allesamt jetzt nicht wirklich extrem häufig zu sein, so daß es wenig belastbare Dokumentationen gibt. Sowie anscheinend auch ein wenig taxonomische Unsicherheiten.
    Wenn ich das aus meiner spärlichen Literatur dazu (CoNE, FE12, ein paar Uploads von Studien bei MB; keine frei verfügbaren Fachartikel im WWW gefunden) einigermaßen richtig zusammenreime, sollte es in Europa in der Gattung eigentlich nur eine bzw. zwei glattsporige Arten geben. Wobei das auch strittig zu sein scheint, ob Conferticium ochraceum und Conferticium insidiosum getrennt werden können.
    Wenn man sie trennen müsste, dann wäre das hier wegen dem Substrat (Laubholz) und den kleineren Sporen wohl Conferticium insidiosum, richtig?

    Vorausgesetzt, daß die Gattung überhaupt stimmt. Denn so ein paar Unwägbarkeiten bleiben da noch bestehen. Erstens: Diese Struktur der Fruchtkörper, die man ja zB auch bei Stereum pp. findet, das ist schon das, was als "pseudoparenchymatisch" bezeichnet wird, oder?
    zweitens: Die Sporen dieses Fundes sind schon recht klein. Wobei die Angaben zu den Sporengrößen auch zu schwanken scheinen, was eventuell daran liegen könnte, daß C. ochraceum s.l. auf anderen Kontinenten was Anderes ist als C. ochraceum s.l. in Europa? Annarosa Bernicchia gibt zB für C. insidiosum Sporenlängen bis 6µm an, für C. ochraceum sogar bis 6,5µm.
    Was längeres als 5µm kann ich hier jedenfalls nicht finden.
    Drittens: Repetetive Basidien. Auch das ist halt schwer zu beobachten bei so dicht verklebten Strukturen. Hier und da meine ich schon so was zu erkennen, aber sicher ist das nicht. Können auch übereinanderliegende Basidien sein, die sich nicht durchwachsen.

    Viertens: Warum sind die Basidien und teils auch subhymenialen Hyphen dextrinoid? Dazu finde ich gar keine Anmerkung. Komisch...

    Also Fragen sind offen, und vielleicht liege ich ja auch mit der Einschätzung falsch, wo der Pilz gattungstechnisch hin gehört.
    Weiß da jemand Rat?



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    makroskopisch passt dein Fund zu Conferticium ochraceum/insidiosum und auch mikroskopisch, wenn er keine Schnallen hat und die Sporen wirklich glatt sind. Die 1 µm zu kurzen Sporen würden mich nicht vorrangig stören. Das Problem wäre wieder die Trennung beider Arten, was einige Mykologen nicht für richtig halten (z. B. Ginns & Freemann (1994): The Gloecystidiellaceae of North America). Sie schreiben auch von teilweise cyanophilen und dextrinoiden Reaktionen bei europäischen Funden. Wenn man beide Arten trennen will, hat man ein ähnliches Problem wie bei Antrodia serpens und A. heteromorpha, die auch hauptsächlich ökologisch trennbar sind. Conferticium ochraceum (14 Funde) kenne ich nur von Picea aus höheren Lagen, Conferticium insidiosum besiedelt Laubholz in wärmeren Lagen (z. B. Quercus in Frankreich).


    LG

    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Danke für deine Einschätzung dazu. :thumbup:
    Dann gibt es dazu auch keine aktuelleren Studien, nehme ich mal an, und es dürfte auch noch nicht geklärt sein, ob nordamerikanische Kollektionen tatsächlich zur gleichen "Art" (oder Arten) gehören, wie die europäischen.

    Generell sind unterschiedliche ökologische Amplituden ja auch ein gutes Merkmal - wenn sich diese Amplituden nicht überschneiden. Um das herauszufinden, bräuchte es aber eben umfangreiche (auch genetische) Studien. Was dann in dem Fall vermutlich ohnehin irgendwann kommt.

    Solange habe ich kein Problem damit, ein cf stehen zu lassen.


    Wenn du dir den angucken willst, sende ich ihn dir aber auch gerne zu. Allerdings ist der echt undankbar zu präparieren - war das bei deinen Conferticiums auch so? Also daß die Strukturen so dicht ineinander verflochten und verklebt sind? Alle anderen Arten aus dem Dunstkreis von Gloeocystidiellum s.l., die ich bisher unterm Mikro hatte, gingen da wesentlich leichter zu betrachten.



    LG; Pablo.

  • Hi Pablo,


    ja, das problematische Präparieren bei dieser Art ist typisch durch die dichten Strukturen. Du kannst mir gern das Exsikkat mal zusenden.

    Deine purpurschwarze KOH-Reaktion ist mir allerdings noch nie aufgefallen. Ich hab mal meine Proben getestet, da passiert mit KOH kaum eine Farbänderung.


    LG

    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Die KOH - Reaktion ist in der Tat komisch... Das ist auch noch so ein Detail, das ich nicht einordnen kann.

    Jedenfalls:

    Du kannst mir gern das Exsikkat mal zusenden.

    Yippieh! g:-)
    Darf ich die kleine Italien - Antrodia und die zwei vermuteten Fibroporias noch dazu tun?
    Und vielleicht noch einen Pilz, den Beli mir zugeschickt hat, der vermutlich Steccherinum robustius ist, und zu dem ich die Tage noch eine Doku hier einstelle?
    Das wären jedenfalls die einzigen, die sich so im letzten jahr bei mir gesammelt haben, und mir unsicher sind.

    Es ist eben schon schwierig, wenn man so vieles noch nicht kennt, da freue ich mich immer, wenn jemand mit mehr Erfahrung noch drüber guckt.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Hm, ich fürchte ja...

    Oder man müsste den Urlaub ins Inland verlagern - aber vermutlich auch eher in den Spätsommer.

    Es gibt ja auch hier schöne Ziele...



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Salut!


    Grüße von Frank Dämmrich, der sich dieses Pilzes angenommen hat, und als Conferticium ochraceum eingeordnet, wobei C. insidiosum und C. ochraceum wohl vorläufig als Synonyme zu verstehen sind.
    Hier Franks Kommentar dazu:

    Zitat


    Conferticium cf. insidiosum – wie schon im Forum durch deine gute Dokumentation gezeigt, ist das die richtige Gattung für deinen Fund. Die chemischen Reaktionen, die du dokumentierst, sind alle passend, auch die dextrinoide. Ein typisches Kennzeichen dieser Gattung ist diese pseudoparenchymatose Struktur, also dieser enge, verwobene Hyphenfilz, der es kaum möglich macht, deutliche Strukturen zu erkennen. Darin diese beschriebene interne Repetition der Basidien zu erkennen, ist mir auch noch nicht gelungen. Wahrscheinlich ist das nur bei jungem Frischmaterial nachvollziehbar. Die Sporenmaße in deinem Exsikkat sind, wenn sich sie mit meinen Exsikkaten von C. ochraceum (Sporen bis 6 µm Länge) vergleiche, etwas zu klein. Sie würden aber immer noch gut in den Rahmen der Sporenangabe von Ginns & Freemann passen 3,5-5,5 x 2.0-3.0 µm. Von verschiedenen Mykologen (auch von meinem Freund E. Martini) wird C. ochraceum und C. insidiosum synonymisiert. Es gibt nur ökologische Unterschiede. Deine dunkle KOH-Reaktion konnte ich mit meiner 3% igen KOH nicht nachvollziehen.


    LG, Pablo.