Mein Täubling diese Woche: R. curtipes

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.717 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Rotfuß.

  • Hallo liebe Pilzfreunde, mein Bestimmungsversuch Nummer 13



    ein weiterer Täublingsfund von 2017 den ich euch gerne zeigen möchte.


    Zum heutigen Kandidat... ihr seid der Meinung, das ist der gleiche Schlappen von voriger Woche, die R. faginea?
    Das war ich im Wald zuerst auch, zumal die beiden kaum 10m auseinander am gleichen Ort, zum gleichen Zeitpunkt wuchsen. Aber die Eisensulfat Probe blieb rosa, nicht grünlich werdend, also doch kein Heringstäubling.
    Antworten, Einwände oder Kommentare sind wie immer ausdrücklich erbeten und erwünscht.


    Fund: 08.10.2017, Herbar: R17-017
    Arbeitsname: Russula curtipes, Kurzstieliger Ledertäubling, Unter-Sektion Integrinae (Rom.)


    Makrodaten


    FUNDORT: 455 müNN, MTB 5725, im alten lichten Buchenwald, ab und zu mal eine Eiche


    PILZZUSTAND: älter, trocken


    HUT: braun, beige, rot-braun, rötliche Bereiche, uneben, seidig, leicht schmierig wie Wachs, 14cm DM
    MITTE: beige-braun
    RAND: glatt, lappig, eingerollt


    PEELING: max. 1/3, unter der Huthaut creme-weiss


    LAMELLEN: creme, blass-ocker, splitternd, Y-Gabeln
    LA-SCHNEIDE:


    STIEL: zylindrisch, creme-weiss, 6 x 3cm, weich bis fest, einsetzende Schimmelbildung
    BASIS: ocker, wässrig, Schimmelbildung
    SPITZE:
    SCHNITT: ocker, wattig ausgestopft


    GERUCH: nichts
    GESCHMACK: mild, Zungenspitze leicht matt 20sec


    SPP-FARBE: nach ROMAGNESI IV b [c]


    CHEMIE: FeSo4 blass-rosa 5sec, Guajak pos. blau-grün 5sec, Phenol falb 30sec also auch keine Olivaceinae


    Mikrodaten


    HDS: Pileozystiden vorhanden, zylindrisch, leicht keulig, Divertikel, septiert, bis 6 µm breit
    HDS: inkr. Primordialhyphen keine vorhanden
    HDS sonst: Haare vielseitig, zylindrisch, bauchig, leicht blasig, gabelig, mit Divertikel, bis 7 µm breit,
    Endglieder der Haare oft dünn, Crins-ähnlich spitz zulaufend, manche Endglieder der Haare in Kongo gelb-grün erscheinend


    SPOREN: Sporen[95% –• 83 –• SAP –• v –• H2O(nat) ] = 6,4 - 7,7 - 9(9,6) x (5,4)5,8 - 6,6 - 7,5(7,7) µm


    SPORENMITTEL SONST: Q 1,17, V 180, A 51, n 83, Sporenform rundlich bis leicht elliptisch
    ORNAMENT: grob, vereinzelt isoliert stehend, der Rest netzig-gratig verbunden
    WARZEN: stumpf-kegelig, bis 0,9 µm hoch


    Resultierender Kibby Code: AF-I-K-M R-T-W


    Die Bilder zum Fund...


    1) Im alten Buchenwald, Hut trocken, seidig, wachsartig, leicht klebrig, Hutrand glatt, lappig, nicht gerieft


    2) Hutoberfläche rötlich fleckend mit rundlichen "Frass-Stellen", sehr Schmutz-anhaftend, Huthaut max 1/3 abziehbar, darunter weiss


    3) Lamellen splitternd, creme, blass-ocker, y-gegabelt, queradrig


    4) Stiel kräftig, weiss, rel. kurz 6 cm (Hut 14cm), weich bis fest, an der Basis wässrig und ocker-fleckig


    5) FeSo4 pos. in 5 sek. blass-rosa, Guajak pos. innerhalb 5 sek. blau-grün, Phenol falb


    6) 400x, Sulfovanillin, Pileozystiden im Exsikkat schwach violettlich eingefärbt


    7) 400x, Kongo NH3, Dermatozystiden zylindrisch bis leicht keulig, 1-3x septiert, seht ihr das Gelb links oben? merken!


    8) 400x, Kongo NH3, Zystiden mit Divertikel und bis zu 6 mü breit


    9) 400x, Kongo NH3, Huthaut-Haare teils lanzettlich spitz auslaufend, fast wie Crins aussehend und bis 55 µm lang
    Zitat Fr. MARXMÜLLER: - am Exsikkat schwer zu finden - schmale, mit 40-60 µm langen, oben verjüngten Endzellen.


    10) 400x, Kongo NH3, weiter Fr. MARXMÜLLER: "Letztere tragen an ihrer Spitze manchmal eine schmale, längliche Zelle mit gelblichem Inhalt, die aussieht wie eine verkümmerte Pileozystide". Ende Zitat.
    Könnte das links-oben denn sowas sein? (Auf Bild 7 links-oben war das auch sichtbar gewesen)


    11) 400x, Kongo NH3, Hh-Haare an den breitesten Stellen bis 7,5mü breit


    12) Sporen Vermessung in H2O(nat)


    13) Grafische Darstellung der Sporenmessreihe


    14) 1000x, Melzer, Ornament mit gratigen Verbindungen, unvollkommen netzig, auch vereinzelt isoliert stehende Warzen


    15) 1000x, Melzer, Ornament


    16) 1000x, Melzer, Sporen rundlich-oval, Warzen stumpf-keglig, bis zu 0,9 mü hoch


    FAZIT:


    Die makroskopische Bestandsaufnahme passt recht gut
    Die mikroskopische Nachprüfung der HDS und der Sporen zeigen auch die geforderten Merkmale.


    Eine Bestimmung bei diesem Schlappen als Russula curtipes sehe ich somit hier als sehr wahrscheinlich an.


    >>> Alle Beiträge dieser Serie findet ihr mit der Forum-Suchfunktion mit "Mein Täubling diese Woche:"


    Danke für das Interesse... nächste Woche gehts weiter mit einer Doppelpackung, oder sind es womöglich doch zwei verschiedene Arten?


    Sardonische Grüsse
    claus

  • Hallo Claus,
    aus meiner Sicht auf jeden Fall eine spitzenmäßige Dokumentation aller Merkmale. Dein Alternativkandidat wäre R. romellii, denn bei Haaren mit langen, schlanken, spitz zulaufenden (crins-ähnlichen!!) Endgliedern und netzigem Sporenornament käme man unter Berücksichtigung aller anderen Merkmale eigentlich bei R. romellii raus. Also müsstest du jetzt noch deine R. curtipes nachvollziehbar gegen die Alternative R. romellii (und vielleicht noch gegen die seltene R. rubroalba mit ebenfalls netzigem Ornament) abgrenzen - oder halt auf R. romellii umschwenken.
    Bei Täublingen, die nicht taxonomisch allein auf weiter Flur stehen, muss man immer Argumente abwägen, die zwischen zwei, drei möglichen Arten entscheiden. So hat es EINHELLINGER immer gemacht, und das scheint mir besonders überzeugend zu sein.
    FG
    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()


  • Hallo Oehrling,


    schon zurück? 8| 8| 8|



    Ich habe dich eigentlich noch gar nicht erwartet. Es kommen doch noch drei Beiträge...
    Dabei wollte ich dir nach dem Winter auf einen Schlag so richtig Arbeit liefern... :D
    Aber es ist gut so, ich freue mich dass du wieder hier bist. :thumbup: Und danke für das Lob.


    Tja, warum ist damals R. romellii und R. rubroalba ausgeschieden? Das kann ich dir im Moment nicht beantworten. Bei meiner jetzigen Schnelldurchsicht hast du aber mit diesen zusätzlichen zwei Arten recht gute Karten. Was da aber jetzt wie gelaufen ist "für" R. curtipes werde ich heute nicht mehr klären. Das kostet Zeit.
    Ich werde das noch mal durchchecken... Die Bredouille lässt Grüssen.


    Bis dann, Grüsse
    claus

    Einmal editiert, zuletzt von kuhmaul () aus folgendem Grund: LINK-Fehler behoben

  • Hallo Oehrling,


    bin wieder zurück aus der Bredouille.
    Das war ein schwerer Brocken, aber nichts wird umgeschwenkt. Und warum?


    Die Sporenpulverfarbe:
    curtipes, IV b[c] bei mir, habe ich so notiert; IIIc bis IVa-b nach EINHELLINGER
    romellii, IVd (seltener IVa-b) nach EINHELLINGER, (hier wäre es für mich sehr eng gewesen!)
    rubroalba, IVd nach EINHELLINGER


    Die Huthauthaare:
    curtipes, bei mir bis 7 µm breit, habe ich so notiert; nach EINHELLINGER Haare der HDS mit breiter Basis, x 5-9 µm, und langem schmalem Endstück
    romellii, nach EINHELLINGER HDS mit schlanken Haaren, x 1-3,5 µm, die gegen das Ende fädig verjüngt sind.
    rubroalba, nach EINHELLINGER Haare der HDS schlank, x 1,2-3 µm, in fadenförmig verschmälerte Enden auslaufend.


    Und das für mich Entscheidende, die Abziehbarkeit der Huthaut:
    curtipes, bei mir max. 1/3, habe ich so notiert; nach EINHELLINGER Huthaut kaum abziehbar
    romellii, nach EINHELLINGER Huthaut abziehbar
    rubroalba, nach EINHELLINGER Huthaut kaum abziehbar


    Hier meine Bilder von einem Fund aus 2016 und von mir als R. romellii bestimmt.
    (wegen der Huthaut-Abziehbarkeit! DAS war der Grund damals)



    17) Bilder von R. romellii, die Hutfarbe würde ja nach Fr. MARXMÜLLER B2/S.586 auch 1A zu R. rubroalba passen,
    aber nicht die Abziehbarkeit der Huthaut s. Bild 2


    18) Bilder von R. romellii, Huthaut leicht und dick fast ganz abziebar, unter der Hh rötlich


    19) Bilder von R. romellii, Lamellen nahe am Stiel gegabelt


    Ich hoffe es wird jedem klar, warum ich nicht zu R. romellii umgeschwenke.
    Es bleibt für mich bei R. curtipes.


    Grüsse
    claus

  • Hallo Claus,


    ich verfolge deine Russula-Reihe regelmäßig und bin sehr begeistert von deiner großartigen Dokumentation der Bestimmungen. Die Artenvielfalt der Täublinge fasziniert mich auch schon lange, allerdings verfüge ich über zu wenig Bestimmungsdisziplin und Fachwissen um in diesem Feld etwas Gescheites zustande zu bringen.
    Danke für deine Arbeit und vor a!lem, dass du diese mit uns teilst.


    Hast du (oder Oehrling) noch einen Tipp für mich, was Russula-Literatur (möglichst auf deutsch) betrifft? Einhelliger, Marxmüller oder...mit welcher Literatur hast du dich am Anfang auf die Täublinge gestürzt?


    Liebe Grüße
    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen


  • Hallo Rotfüßchen,



    danke für Deine liebe Antwort.
    Na, dann will ich Dir mal aus meiner Erfahrung was sagen...


    Zu EINHELLINGER "Die Gattung Russula in Bayern" ich kam am Anfang mit seinen ellenlangen und komplizierten Sätzen nicht zurecht. Und warum? Weil ich sie nicht verstanden habe. Mir fehlte etliches an Wissen, an mikroskopischen Begriffen, meine eigene Logik war mir im Wege und ich kam zu keinem Ergebnis.
    Heute für mich in der Gattungsbestimmung und Artbestimmung ein unentbehrliches Werk.


    Dann kam Kibby "The genus Russula in Great Britain" in enlisch, logisch aufgebaut und somit für mich brauchbar bis heute.
    Auch Anfänger können mit Hilfe seines 8-stelligen Schlüssels Erfolge erzielen, das ist schon was, aber führt selten zum Endziel. Diesen Schlüssel kann jeder ausfüllen wenn eben alle Kästchen (ausser vielleicht 1+8 = Hutfarbe + Zystiden) mit den Täublings-Merkmalen ausgefüllt und dann verglichen werden. Meine ersten Gehversuche gelangen... ich konnte "makroskopisch" was nachvollziehen. Wahnsinn.


    GRÖGER Teil2, absolut empfehlenswert, für Begeisterte und Fortgeschrittene


    MARXMÜLLER ein schönes Teil, viel zu schade für Männerhände, Begleittexte knapp aber doch brauchbar, Mikro- und Bild-Dokumentation erste Klasse.


    Ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen, du hast Post...


    Grüsse
    claus

    Einmal editiert, zuletzt von kuhmaul () aus folgendem Grund: LINK-Fehler behoben

  • MARXMÜLLER ein schönes Teil, viel zu schade für Männerhände


    Hallo Claus,


    ich finde, dass ist sicher Unsinn in Bezug auf dich und andere Männer. Wieso sollte ein so tolles Werk von Marxmüller nicht für alle Hände geeignet sein? Nur weil es auch schön und ästhetisch ist und natürlich darüber hinaus wissenschaftlich fundiert? Nein, ich glaube Marxmüller, Russularium Icones, ist für alle geeignet, die sich für Täublinge begeistern.


    Liebe Grüße
    Rotfüßchen
    [hr]
    Ich dachte, im Gröger 2 sind nur Dunkelsporer drin? Finden sich da auch Russula??

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen

    Einmal editiert, zuletzt von Rotfuß ()


  • Ja, Lactarius und Russula im Teil 2


    Grüsse
    claus


    Mir gelingt es nicht eine Datei zu versenden... mein winzip streikt dabei...
    ???

  • Danke Claus,


    dann weiß ich ja, was ich mir als nächstes bestellen werde.


    Liebe Grüße
    Rotfüßchen

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen