Saftige-weiß-orange Verwirrung --> cf. Postia tephroleuca + cf. Protocrea pallida

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 1.557 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von abeja.

  • Hallo,


    was habe ich hier für "maximal-verwirrende" weiche saftige Porlinge in weiß-orange .... ? :D


    Tyromyces kmetii ist es nicht (Trama anders, Poren anders, vor allem Färbung mit KOH anders - und auch "zarter" in der Form),
    Pycnoporellus fulgens ist es auch nicht.
    Schließlich bin ich auf andere seltsame Funde im Web gestoßen:


    es sollen Postia-Arten (z.B. Postia tephroleuca = Oligoporus tephroleucus) oder Tyromyces-Arten (z.B. Tyromyces chioneus) von Parasiten befallen werden können: z.B. häufig von Protocrea pallida (Hypocrea pallida).


    Dann sieht ein weißer Saftporling so aus, als wäre er ein ganz anderer ...
    hier
    hier (kanadisch, franz.)
    noch einer


    Was meint ihr?


    Pilz 1, (Oktober 2015, Hochrhein, 500 m, Laubmischwald auf Kalk,)
    Das waren viele Exemplare, max. 10 cm breit,
    alle an liegenden Birkenstämmen,
    und auf den ersten Blick hielt ich die für Tyromyces kmetii, rupfte einen (in Eile) ab, dachte "so selten ist der doch gar nicht..." - und zu Hause stimmte "das Bild" dann vorne und hinten nicht:
    Oberfläche etwas behaart,
    Trama sehr saftig, aber doch faserig, weiß zoniert,
    Poren rel. fein (aber nicht gezählt, ca. 3-4 por mm),
    Geruch angenehm, leicht süßlich-obstartig,
    Geschmack nicht probiert
    Als ich mir die Pilze noch mal (besser) anschauen wollte (und Unterseite fotografieren ...) 1 Woche später, war KEINE SPUR mehr davon vorhanden (aufgefressen?)
    Die Oberfläche hatte einen leichten orangefarb. Schimmer, an diesen Stellen mit KOH etwass rötlich anfärbbar,
    die Trama ist reinweiß und wird (schwach) hell-gelb mit KOH,
    die Porenschicht (deutlich orange erscheinend) wird mit KOH violett (dunkel), verblasst dann aber wieder in Richtung rot-orange.
    Der Pilz trocknet cremefarben ein (ohne schwärzliche Verfärbungen)


    Pilz 1
    a

    b



    Pilz 2, (Oktober 2015, Hochrhein 500 m, Buchenmischwald auf Kalk)
    Das war ein verwachsenes großes Exemplar, 15 cm breit, sehr dick, sehr feucht und auch weich,
    Trama aber auch faserig und zoniert, die Poren kamen mir etwas feiner als bei Pilz 1 vor.
    Hier war die orange Färbung gleichmäßiger auf Ober- u. Unterseite verteilt, aber nirgendwo besonders stark ausgeprägt.
    Mit KOH wurde die Oberseite auch schwach rötlich, die Trama wurde hell-gelb, die Porenschicht leuchtend orange-rot (aber ohne diese dunkle violette Färbung wie bei Pilz 1).
    Der Geruch war etwas "stechender" (süß-aromatisch) als Pilz 1.
    Der Geschmack war mild.
    Der Pilz trocknet cremefarben ein, ohne besondere Bräunung oder Schwärzung.


    Ich vermute bei beiden Pilzen Postia tephroleuca (wegen Form, Geruch, Geschmack und auch wegen des farbl. Verhaltens bei der Eintrocknung.)


    Ob die Anfärbbarkeit vom Porling abhängt .... oder eher vom Parasiten?
    Jedenfalls wird auf der o.g. kanadischen Seite (franz.) von der typischen Anfärbbarkeit von Protocrea pallida berichtet.



    Pilz 2
    a

    b

    c

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, abeja!


    Wenn du Schwefelsäure (60% oder mehr) im haus hast, kannst du davon mal was auf den Pilz schmieren.
    Ansonsten stehst du vor dem selben Problem, egal ob mit befall oder ohne: Tyromyces chioneus und Postia (Oligoporus) tephroleucus (= Oligoporus lacteus) sind makroskopisch nicht zu unterscheiden.
    Oligoporus stipticus kann auch so aussehen, ist aber eben gallenbitter nach kurzerm Kauen.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,
    jawohl - habe Schwefelsäure :) - im "Giftschrank" .


    Also - was sollte denn passieren - ich habe deinen Beitrag hier gefunden ... (steht das in Büchern auch, oder ist es deine eigene Erfahrung - ich finde dazu sonst nichts ...)


    Ich hab es probiert, bei beiden Proben:
    auf der Oberseite passiert nichts, wird mit der Zeit etwas gräulich
    auf der Porenseite: erst orange, dann dunkler werdend (man weiß nicht genau, ob denn nun dunkelrot, dunkelbraun, schwarz-violett ...) und dann schaut man einen Moment später noch mal hin: dann ist der Fleck DUNKEL OLIVGRÜN.


    :giggle:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Abeja!


    Sieht doch gut aus und spricht aus meiner sicht für den Grauweißen (tephroleucus / lacteus). Man könnte freilich auch einfach schreiben: Reaktion = bunt. Und das sollte wohl bei Tyromyces chioneus nicht so sein. Allerdings habe ich bei dem die Reaktion noch nicht ausprobiert (müsste ich erst mal wieder finden).



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,
    ja - bunt war es - und ich habe es heute an zwei weiteren Pilzen ausprobiert, die ich für Postia tephroleuca halte (d.h. eigentlich nicht sicher bin....)


    Einen Pilz hatte ich an Buchenholz gefunden, der war schon nicht mehr saftig, aber noch weich-flexibel, roch angenehm, war mild, ohne Parasitenbefall (der kann die Farbreaktion auch noch mal verändern, glaube ich).
    Bei diesem Pilz, der noch nicht lange herumliegt, war die Reaktion mit Schwefelsäure sehr plötzlich:
    erst rosa, dann dunkel-was-weiß-ich (bräunlich-rötlich-violettlich) um dann auch in Richtung grünlich umzuschlagen (aber eher graugrün, nicht olivgrün - das kann aber bei dem anderen Pilz aus der Anfrage am Parasiten gelegen haben).


    Dann hatte ich noch einen Pilz, der EXAKT identisch aussah (frisch und auch getrocknet), der jedoch von Nadelholz stammte ....
    und auch im frischen Zustand gut (süßlich-aromatisch-leicht stechend) roch und MILD war.
    Meiner Meinung nach ist es wg. der rel. feinen Poren nicht Climacocystis borealis (konnte auch keine Duplexschicht feststellen) und wg. des milden Geschmacks nicht Postia stiptica. Dieser Pilz lag schon 2-3 Wochen länger.
    Da war die Farbreaktion deutlich verzögert, aber am Ende doch identisch.


    Daraus ergeben sich eigentlich zwei Fragen, die ich noch nicht klären konnte:
    Kann Postia tephroleuca auch an Nadelholz vorkommen? - oder kann Postia stiptica völlig "unbitter" sein?
    Oder: kann Climacocystis im jungen Zustand sehr feine Poren haben (mindestens 3-4 pro mm) - und wie wäre die Reaktion mit Schwefelsäure bei Climacocystis? (Falls du das schon ausprobiert haben solltest :) ... )


    Tyromyces chioneus, da war ich ja mal zu der (laienhaften) Ansicht gelangt, dass die Art sich beim Trocknen deutlich schwarz-bräunlich (vor allem an den Rändern) verfärbt. Allerdings hatte ich da bisher auch nur einen "cf"-Fund und konnte das nicht bei weiteren Exemplaren überprüfen (vielleicht habe ich das Stück noch, aber ich glaube nicht ...)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Abeja!


    Frage 1: JA! :thumbup:
    Frage 2: Ich denke nicht, aber ich hatte schon einige Exemplare, die erst nach längerem Kauen schwach bitter wurden. Oder hatte ich zuvor zu viel Kaffee getrunken?
    Frage 3: Den erkennst du im Grunde wenn er jung ist durch die etwas andere Fruchtkörperform und die deutlichen Haare auf der Hutoberseite, die dann auch noch nicht anliegen sondern gerne mal abstehen. Die Poren können schon fein sein, aber nicht so wie bei den besprochenen Oligoporus - Arten. Ich bin ziemlich sicher, daß du den auch in junge erkennen würdest.


    Schwierig wird es, weil auf Nadelholz ja etliche weitere Arten der Gattung Oligoporus s.l. vorkommen.
    Nun sind Oligoporus caesius und Oligoporus fragilis auch anhand ihrer Konistenz gut zu unterscheiden, selbst wenn sie rein weiß sind. Oligoporus guttulatus hat halt vor allem jung seine Tropfen. Aber die übrigen Arten, die mir leider auch noch nicht begegnet sind...
    Hm.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,
    danke, das ist doch schon mal was, dass Postia tephroleuca auch an Nadelholz vorkommen kann.
    Wie gesagt, die Stücke sehen identisch aus - Postia caesia (auch weißlich) und fragilis (bräunend) würde ich wohl erkennen (hoffe ich).
    Junge Climacocystis habe ich leider noch nie gefunden, nur Ruinen davon. Die erscheinen auf Bilder auch oft gelblicher, ok. und haariger :)