Lorcheln: Helvella Sektion Elastica, aber welche Art?

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 2.336 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Graubart.

  • Liebe Pilzfreundinnen und -freunde,
    über den unten abgebildeten Fund habe ich mich sehr gefreut :) Es war schon dämmerig, aber der Stiel hat weiß aus dem Laub geleuchtet.


    Die Gattung Lorchel (Helvella) ist klar. Aber: Bei der Artbestimmung komme ich zu keinem mich überzeugenden Ergebnis. :(


    Hier die Gegebenheiten:


    Standort: nördlicher Vogelsberg, basischer Basalt, Boden lehmig, ca 300 m hoch gelegen.
    Mischwald, Rotbuche, Fichten.
    Standort: zwischen Forstweg (fast schon -strasse) und einer Reihe von Buchen.


    Alle Exemplare aus dem Boden kommend, im Laub, direkt neben einem morschenden, ca 20 cm dicken Stammabschnitt (evtl. auch Ast), ob Fichte oder Buche ist mir nicht klar.


    Hut: ca 2 cm breit
    Innenseite = Hymenium: milchkaffeebraun, beim Altern oder Trocknen dunkler werdend.
    Außenseite: jung weiß, im Alter ähnlich wie Hymenium
    Drei der Exemplare: sattelförmig, die Lappen zum Stiel hin gebogen, aber nicht am Stiel angewachsen. Der Rand der Lappen aber zum Hymenium hin eingerollt.
    Ein Exemplar, auf der anderen Seite des Holzes: anfangs konvex, unregelmäßig, später annähernd sattelförmig


    Stiel: bis ca 8 cm hoch.
    weiß / wachsfarben (wie weißes Kerzenwachs), rundlich bis abgeflacht, unten etwas grubig und verbreitert. Vereinzelt einzelne "Haare", nur mit der Lupe zu sehen.




    (1) Standort



    Sattelförmige Exemplare:


    (2) Foto vom 10. November. Oben der Rest eines weiteren (verwesenden) Exemplars, links der abgebrochene Teil vom Lappen des daneben stehenden Exemplars


    (3) Foto vom 11. November, die gleichen Exemplare, von der anderen Seite fotografiert


    (4) Foto vom 13. November. Die "Außenseite" des Huts (= zum Stiel hin) ist bei den beiden linken Exemplaren nicht mehr weiß, sondern dunkler geworden, etwas heller als das Hymenium. Die Stiele sind unten etwas ockerlich geworden. Rechts daneben ist ein junger Fruchtkörper sichtbar.


    (5) Das linke Exemplar vom vorigen Bild wurde für genauere Untersuchungen entnommen



    Einzelexemplar:


    (6) Gilt das noch als sattelförmig?


    (7) Der Stiel ist nicht zylindrisch, sondern unten sehr breit, mit grubigen Vertiefungen


    Mein erster Gedanke war, wie ich das "schöne" Exemplar gesehen habe: die Sattelförmige Lorchel. Was auch sonst, von den anderen in Frage kommenden Arten hatte ich noch nichts gehört. :shy:


    Im Internet habe ich zwei Bestimmungsschlüssel gefunden:
    Henry Dissing: The Genus Helvella in Europe. 1966
    und, mit ausführlichem Bezug darauf:
    Jürgen Häffneer: Die Gattung Helvella - Morphologie und Taxonomie. 1987.


    Beide sind sich einig, dass die Taxonomie sehr schwierig ist, da es viele Übergangsformen zwischen den Arten gibt. Einzelexemplare könnten oft nicht eindeutig zugeordnet werden. Beide haben in großem Umfang Herbarmaterial und Frischmaterial untersucht. Im Detail gibt es aber Abweichungen zwischen den beiden Untersuchungen.


    Ich gehe davon aus, dass die drei Exemplare, die ich gefunden habe, und das einzeln stehende zur gleichen Art gehören, auch wenn sie sich deutlich unterscheiden.


    Meine Kandidatenliste:
    Helvella ephippium
    Helvella elastica
    Helvella albella
    Helvella latispora


    H. ephippium würde ich nach dem Schlüssel von Häffner ausschließen, da der Stiel grau sein soll.
    Bei H. elastica soll der Stiel ockergelb sein, die Lappen vom Hymenium weg gewölbt. Scheidet danach auch aus. Bei Dissing kann der Stiel aber auch weiß sein.
    H. albella: "Ränder zum Hymenium eingerollt" passt gut. Hymenium "rauchbraun". Hm, Rauch von was? Von "Rauchwaren" = frühere Bezeichnun für Pelze?
    H. latispora: Habituszeichnungen von Häffner passen gut. Hymenium "milchkaffebraun" ist ok, Rand zum Hymenium hin eingerollt, ok. Die Außenseite soll aber "feinbehaart, filzig, feinzottig" sein. Das habe ich nicht so gesehen. Auch der Stiel soll "feinstzottig" behaart sein.
    Die Sporenbreite soll sich nicht immer von den anderen Arten unterscheiden.


    Soll ich was nicht so eng sehen? Muss ich genauer hinschauen (z.B. Sporenbreite?). Bin ich in der falschen Sektion? :rolleyes:


    Über Hilfe würde ich mich freuen.


    Viele Grüße
    Lothar

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Lothar!


    Oh ja, das Problem kenne ich.
    >Von hier<


    Am letzten Wochenende hatte wir auch noch weitere solche Lorcheln gefunden, die dann deinen noch ein Stück ähnlicher sahen. Ohne Mikro sieht's da wohl düster aus, darum blieben wir bei "cf ephippium".


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,
    den Thread von Dir und
    http://www.pilzforum.eu/board/…stische-lorchel-denke-ich
    von Johann Lechner und
    http://www.pilzforum.eu/board/thema-helvella-compressa
    von Trino / Mario -> H. elasticas
    hatte ich gelesen.


    Bei Schlüssel von Häffner geht es fast nur um makroskopische bzw. Lupen-Eigenschaften. Beim Schlüssel komme ich an H. elastica vorbei (Nr. 16 ... Rand zum Stiel hin eingerollt, mit dem Stiel verwachsen ... ) und zu Nr. 17, wo dann Schluss ist.
    L. spadicea scheidet aus, da das Hymenium tiefbraun bis schwarz ist, von Februar bis Juni auf sandigen Böden erscheint.
    L. albella kommt in Frage. Im Schlüssel steht: "Außenseite zottig bis glatt". August bis November, meist im Fichtenwald auf Kalk.
    Kalk ist hier nicht, aber basischer Boden. Fichten: ob das Stammstück reicht?


    L. compressa kommt nur in den USA vor
    L. latispora: Stiel frisch glatt bis feinzottig. Apothecium jung verbogen gesattelt mit stark aufgerollten Rändern, alt connivent (= zusammen-neigend), Ränder entrollt. Hymenium frisch wässeriggrau, milchkaffeebraun, ... Außenseite glatt bis feinzottig. ... Juni bis Oktober.
    Zur Ökologie der Art habe ich nichts gefunden.


    Nach diesem Schlüssel also: L.albella (Ökologie passt nicht so recht) oder L. latispora. Bei dieser ist es bei meinen Exemplaren eher so, dass die Ränder im Alter eingeschlagen sind und bei jungen Exemplaren aufgerollt, falls ich das Alter der Exemplare nicht falsch einschätze.


    Hm.


    Viele Grüße
    Lothar
    [hr]
    Ich habe mich doch mal an die Sporenmessung gemacht. Die Messung ist nicht sehr genau (mit 40er-Objektiv statt mit 100er), aber die Tendenz dürfte stimmen (10 Sporen):
    19,1 x 14,9 µm


    Das passt für Helvella latispora Boud. (1898) nach Häffner, es passt wegen der Breite nicht zu Helvella albella.
    Sporengrößen nach Häffner:
    H. latispora (16,5-) 17,5-21,5 (-24,8) / (9,8-) 11,0 –“ 15,1
    H. albella 18,2-22,5 / 11,7 - 13,5



    An sich klar, aber ein komisches Gefühl bleibt wegen der Beschreibung der makroskopischen Eigenschaften.


    Viele Grüße
    Lothar

  • Jetzt habe ich es endlich geschafft, die Sporen aus den Schläuchen zu bekommen.
    Messung mit 100er-Objektiv, 20 Sporen:
    18,9 µ x 13,5 µ ,
    Q=1,4 (1,2-1,5)


    Ich habe noch einmal die Angaben zu den Sporengrößen bei Häffner und Dissing verglichen.


    Aus der Sektion Elastica kann man mit diesen Maßen keine von den genannten Arten (H. elastica, H. albella, H. latifolia) ausschließen.
    Nur H. ephippium, das nicht zu dieser Sektion gehört, hat deutlich schlankere Sporen, und kommt nicht in Frage.
    H. latifolia soll die Fruchtkörper im Frühjahr bilden, das spricht gegen die Art. H. elastica soll den Rand nicht zum Hymenium umrollen (lt. Häffner). Dann bleibt Helvella albella übrig.


    Trotzdem, ich bin immer noch skeptisch. Mehr als Helvella Sektion Elastica ist aus meiner Sicht nicht mit Überzeugung zu sagen.


    Viele Grüße
    Lothar