Hallo, Leute!
Gab's hier nun eigentlich eine Phlebia - Wette?
Ich glaube nicht, oder?
Jedenfalls kam da eine Sendung bei mir an, darin fand sich folgendes Exsikat:

Da gehe ich mal davon aus, daß das zu der Kollektion an dem nicht näher definierten Ast gehört, also zu diesem Fund:

(Bild von Habicht - Peter)
Bei Berücksichtigung aller relevanten Merkmale und relevanter Literatur (Erikson / Hjortstam / Ryvarden: Corticiaceae of Northern Europe; Bernicchia: Corticiaceae s.l. / Fungi Europaei; Maekawa: Taxonomic Study of Japanese Corticiaceae) komme ich zu Phlebia livida (Bleifarbener Kammpilz).
Da muss man aber auf dem Schirm haben, daß das erstens eine fies schwer bestimmbare Art ist und zweitens möglicherweise auch mehr ein Artkomplex.
Am ähnlichsten und ebenfalls nicht allzu selten sollte Phlebia lilascens sein.
Makroskopisch wären da die Warzen tendeziell weniger ausgeprägt und nicht so steil und gedrängt.
Aber ebenso wie die farben variiert das Merkmal wie bei den meisten Arten der Gattung doch beträchtlich.
Mikroskopisch sind Phlebia - Arten meistens undankbar, da auch hier oft klare trennmerkmale fehlen. da muss man dann genau beobachten, möglichst viele Details berücksichtigen und auch mal quantitativ arbeiten.
Wichtig ist dabei erstmal, ob man eine Art mit Zystiden hat, und wenn ja welche bzw. warum nicht.
Das ist dann etwas erschwert, wenn im Hymenium noch ein Fremdpilz umherhypht:

Dessen Hyphenenden, von denen sich kleine, elliptische Konidien abschnüren, muss man ignorieren. Oder nach Stellen suchen, wo der nicht im hymenium sitzt.
Da sieht das dann mehr so aus:

Basidien lang und schlank, sieht erstmal so aus, als wären da gar keine Zystiden. An einer Stelle gab's dann aber doch was, das nicht ganz so wie dieser Konidienpilz aussieht. Das sind ziemlich dünne, spitz zulaufende Zystiden, die recht empfindlich und wenig auffällig sind und insgesamt hier sehr selten auftauchen. Bei Phelbia livida können sie auch mal ganz fehlen; bei Phlebia lilascens sind werden sie nie gebildet.
Phlebia subochracea hat ähnliche Zystiden, aber etwas kräftiger und etwas regelmäßiger auftretend.
Wichtig: Da sind keine Lamprozystiden, keine Gloeozystiden und auch keine dicken, aufgeblähten Elemente im Subhymenium. Das schließt schon mal eine reihe Arten aus.
Ebenfalls relevant ist der Aufbau. Es finden sich nirgendwo gelifizierte Hyphen, dafür reichlich Kristallansammlungen, die oft zu dicken Klumpen zusammenbacken und vermehrt in den Warzen auftreten.
Die Hyphen des Subikulums sind parallel zum Substrat, im Subhymenium sind sie aufsteigend. Schnallen sind vorhanden, aber schwer zu dokumentieren, wegen den Kristallen und den im Subhymenium stark verklebten und dichten Hyphen.
Die Hyphen im Subikulum sind höchstens mal schwach dickwandig, aber recht breit aufgeblasen und eher kurz. Teils grob bräunlich inkrustiert, die Inkrustierungen reichen bis ins Subhymenium.
Die Kristallansammungen hatte ich bei einer anderen Kollektion der Art schon wesentlich stärker. Aber auch wenn das merkmal recht unterschiedlich ausgeprägt sein kann: Wenn vorhanden, ist es wohl recht charakteristisch für P. livida.

Ein wichtiges Merkmal sind die Sporen:

Die sind recht klein (bis max. 5,5 µm, meist 4,5-5 µm) und schmal (bis max. 2,5 µm, meist um die 2 µm) und zu einem ziemlich hohen Prozentsatz irgendwie gekrümmt bis sogar dautlich allantoid.
Damit fällt die ganze schwierige Gruppe um Phlebia albida, Phlebia bresadolae, Phlebia centrifuga und Phlebia nitidula raus.
Die Sporen von Phlebia lilascens sind tendenziell etwas breiter (bis knapp 3 µm, meist klar über 2 µm nach eigenen Messungen) und nie wirklich allantoid, sondern höchstens mal an einer Seite etwas abgeflacht. Der Länge - breite Quotient ist dort im Schnitt kleiner.
Die Holzart konnte ich nicht bestimmen, aber das ist in dem fall auch eher irrelevant: Phlebia livida kann sowohl Laub- als auch Nadelholz besiedeln.
LG, Pablo.