Hej.
Ich finde das übrigens gerade einen wichtigen Punkt.
Stephans Aussage könnte man auch so interpretieren: Die Morphologie von Pilzen ist mitunter so komplex, daß viele Datensätze in Kartierungsprojekten unzuverlässig sind.
Das liegt oft nicht an den Feldmykologen, die die Daten zusammentragen, sondern eben daran, daß es unklare Artabgrenzungen, knifflige taxonomische Situationen oder einfach nur unzureichend erforschte (zB weil seltene) Artengruppen betrifft.
Solche "kritischen Gruppen" besser zu bearbeiten und solider zu erforschen, da ist die Genetik eben wohl ein wichtiges Hilfsmittel.
Das sehe ich eben so, wie Ingo schreibt: Die Kombination aus Beobachtung der Organismen in Morphologie und Ökologie, kombiniert mit der Genetik schafft weitere Anhaltspunkte und kann Klarheit schaffen.
Wenn das dabei so läuft, wie in den Negativbeispielen (Mineralien - Anmerkung von Ralf oder der durchsequenzierte Erdklumpen mit 10 neuen Pilzarten), ist natürlich nichts gewonnen, aber solche Ergebnisse muss man ja nicht ernst nehmen, die kann man im wissenschaftlichen Bereich ja auch einfach ignorieren.
Die interessantere Frage, die dahinter steckt ist aber folgende:
In Fauna und Flora ist es völlig normal, daß man sich spezialisiert. Niemand würde auf die Idee kommen, in ein kartierungsgebiet zu gehen und dort innerhalb von sagen wir zwei Jahren alle Tierarten kartieren zu wollen. Das wäre totaler Humbug, niemand kann das, niemand käme auf die Idee, daß das so zu machen wäre. Da kommt ein Käferspezialist und beobachtet nur diese Krabbeltierchen. Dann jemand für Vögel, wieder jemand für Schmetterlinge, noch eine wegen den Florfliegen und so weiter.
Schon mal einem Universal - Faunisten begegnet? Ich nicht. Im Pflanzenreich ist es nicht ganz so extrem, aber auch da werden viele Daten von Spezialisten gesammelt, oder?
Warum sollte das bei Pilzen anders sein? Das Pilzreich hat vielleicht nicht ganz die Formenvielfalt der Fauna, aber eine größere als die Flora, dennoch wird von einem Pilzkartierer erwartet, daß sie / er jeden Pilz bestimmen muss?
Aus meiner Sicht kann das nicht seriös funktionieren.
Vielleicht wäre es in der Tat sinnvoller, auch da zumindest grob zu spezialisieren.
Für die einzelnen Forscher, die sich dann auch neben der Erforschung der Morphologie auch mit der Genetik befassen, ist das doch Alltag.
Ditte eine Scutellinia zuzuschicken wäre ja auch Blödsinn, und Andreas (Melzer) könnte damit ebenfalls nichts anfangen.
Was natürlich auch die Flut an zugeschickten Proben etwas eindämmt.
Aber ich glaube zu verstehen, was du meinst, Ralf.
Das ist ja im grunde auch meine Sorge, daß eine Erwartungshaltung entsteht, bei der die gesamte breite Basis nicht mehr mithalten kann und quasi über Bord geworfen wird. So nach dem Motto: Kartierungsdaten nur noch mit dokumentierter Sequenz zu jedem Fund. Wenn aber diese Basis an Feldmykologen wegbricht, kannst du den Rest auch vergessen. Es wäre niemand mehr da, der im Feld die Pilze "sortiert", dokumentiert und die Daten zusammenträgt.
Einen Genetiker, der sich noch so gut mit seinem Fachgebiet auskennt, kannst du ja nicht raus in den Wald schicken zum perlpilze zählen, wenn's blöd läuft kommt der mit lauter Samtfußkremplingen zurück. 
Oder anders ausgedrückt, passiert das:
Zitat
P.S.: Was eines der störendsten Dinge ist, wenn man sich mit Sequenzen beschäftigt, ist übrigens der schon angesprochene Müll.
Wenn also andere Fliegenpilz-Sequenzen bei Rötlingen oder Dachpilzen oder Nebenfruchtformen des Birnengitterrostes auftauchen (Stark überspitzt dargestellt, aber im Prinzip erlebt man das so).
Wöllte man dann nachschauen, wie ihr sequenzierte Fliegenpilz denn aussieht (also der, der bei den Rötlingen gelandet ist), um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, ist natürlich prinzipiell nirgends etwas hinterlegt oder man kommt nicht ran.
Und da bleibe ich bei meiner radikalen Meinung, auch wenn es schade ist für die Leute, die sich die Mühe mit den Analysen gemacht haben:
Ein Datensatz ohne morphologische Doku dazu? Noch nicht mal eine Möglichkeit, wo man einen Beleg ansehen könnte?
= Datenmüll, gehört gelöscht.
Das ist genau der Punkt, wo ich deine Sekpsis voll teile, Ralf: Denn wer entscheidet letztlich, welche Daten aufzunehmen sind und welche nutzlos?
Das ist momentan für mich nicht greifbar, da sehe ich keine lenkende Struktur, die eine vernünftige Richtung vorgibt.
Was also ein Punkt wäre, an dem zu arbeiten ist.
LG, Pablo.