Hallo allerseits,
auf einer Moorrunde habe ich die Tage eine auffällig vielköpfige Stecknadel auf Schwarzerle gefunden. Lebender Baum, nichts außergewöhnliches, so 80-100 Jahre alt. Wobei mir Schwarzerle bisher nicht als ergiebiges Substart aufgefallen war.
so rein vom Erscheinungsbild her, mit den vielfach aufgegliederten Köpfchen erinnerte mich der an Chaenothecopsis montana (hier gezeigt: Chaenothecopsis montana), nur dass der Stiel hier heller, eher grau ist.
Mangels Stacking ist auf den Auflichtfotos auch nicht viel mehr zu erkennen. Immerhin kann man messen, hoch bis max. 1 mm, die breitesten Köpfchen sind 0,4 mm breit.
daneben gibt es auch Nadeln mit bescheidenerer Kopfgestaltung
Unterm Mikroskop ist es mir nicht gelungen, Asci zu separieren und sauber abzubilden. Nach dem wass man erahnen kann, sind sie etwa 40-45 mm lang. Die Sporen sind nicht separiert, hellbraun, glatt, länglich
(5) 6-7 (15) * (1,5) 2-3 µm zum Teil mit extrem großen Ausreißern.
Ungequetscht in Wasser
etwas gequetscht, zumindest Sporen sind reichlich vorhanden
im Thallus gibt es Trentepohlia
Sporen
Stiel
ein Versuch in Kongorot, immerhin ist die äußere Stielschicht eingefärbt, sonst gab es keine neuen Erkenntnisse
Ein anderes Exemplar wieder in Wasser
Hier kann man so leidlich Asci erahnen
und noch ein Versuch in KOH3%, gut zu sehen die Verzweigung im Köpfchen
Matthias wird leider keine besseren Bilder mehr beisteuern können
Also muss es damit gehen. Mein Arbeitstitel wäre ja erstmal Chaenothecopsis sp. Wegen der relativ langen Asci führt der eine oder andere Schlüssel auch zu Mycocalicium subtile - die möchte ich aber ausschließen
-das Substrat ist ganz untypisch
-die Wuchsform mit den vielen Subköpfchen sollte dort nicht vorkommen
-evtl. die Stielfarbe, wobei die Naturlichtfotos da anders wirken als die im Auflicht
-die Sporenfarbe etwas heller und mehr ins Braune und Form - schlanker, meist nicht so dick spindelförmig (Ausreißer in Form extrem großer Sporen hatte ich bei M. subtile auch schon) Mycocalicium subtile hatte ich bestimmt schon 30...40 Mal unterm Glas.
Also Chaenothecopsis. Und da hat man das Problem, dass es kaum Bildmaterial zum Vergleich gibt, weder makroskopisch, noch mikroskopisch. Was darauf hindeutet, dass die allesamt selten gefunden werden und dass alle Angaben zu Habit und Biotop auf kleinen Stichproben beruhen und damit offen für Interpretation sind.
Mit unseptierten Sporen kann man eine ganze Menge Arten ausschließen und es kommen nicht mehr so arg viele in Frage [neben eventuell unbeschriebenen natürlich].
nach Wirth et al. - falls man mit einem grauen Stiel schlüsselt, kommt Ch. viridialba in Frage - die soll aber auf Rinde von Nadelbäumen wachsen, ansonsten Ch. rubescens, "meist auf weißlicher Krsute mit Trentepohlia" auf Laubbäumen, nicht passend hingegen "Stiel braun bis schwarz, innen gelblich bis rötlich"
nach dem litauischen Schlüssel (Motiejunaite 2016) kämen nur 2 Arten mit unseptierten Sporen in Frage: Ch. rubescens und Ch. savonica - für beide werden deutlich kürzere Asci genannt
nach italic komme ich zu M. subtile
nach einem Schlüssel für die Arten aus fernöstlichen Russland (Titov & Tibell 1993) würde ich Ch. ussuriensis, die mit dieser Arbeit neubeschrieben wurde, in Erwägung ziehen. Aber ziemlich fernliegend. Zu ch. rubescens schreiben sie hier "C. rubescens is characterized by its non-septate spores which have a distinctive areolate ornamentation visible under the light microscope, by the occurrence of a yellowish pigment that reacts K+ persistently red and the association with Trentepohlia" Eine K+ Reaktion habe ich nicht gesehen, aber die soll ja kurzzeitig sein. Auch die "areolate Ornamentierung" sehe ich nicht.
Also richtig passen tut nichts. Am wenigsten schlecht scheint aber immer noch Ch. rubescens zu sein.
LG, Bernd