Krustenflechte auf Eichenast.

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  • Liebes Pilzforum,


    schon länger auf meiner zu-bestimmen Liste (a.k.a. Fensterbank unseres Küchenfensters) ist diese Krustenflechte.


    Substrat ist ein ca. 1.5-2 cm durchmessender Ast einer Eiche (Windbruch) die als Alleebaum an einer mäßig befahrenen Hauptstraße in Hannover steht.

    Makroskopisch ist der Befund erstmal unaauffällig - ein weißer, ggf. minimal eingesunken wirkender Fleck zwischen Xanthoria und Physcia sp. mit einem Durchmesser von ~1.5 cm.


    Bei lupenvergößerung sehe ich (achtung Anfänger am Werk!) einen über die ganze Fläche flach krustig aufsitenden grauen Thallus mit kleinen (<1mm bis max. 1mm) durchmessenden flach aufsitzenden lecanorinen Apothecien.


    Chemie ist unauffällig, K-, C-, KC-, P-, sowohl in den Ap. als auch im Thallus.


    Da ich mir das Gebiet noch erarbeite musste ich über den Krustenflechten mit Ap. Schlüssel aus Wirth 1995/Flechten BWs gehen und bin zu Ochrolechia und beim Artschlüssel zu O. szatalaensis gekommen. Über ITALIC übrigens auch dahin ohne größere Bauchschmerzen.


    Allerdings scheint mir die beschriebene Ökologie nicht zu passen "in der montanen und hochmontanen Stufe auf meist glatter Rinde, oft auf Ästen [...] Best. an nebelreichen Standorten, z.B. in engen Tälern".


    Bin ich irgendwo falsch abgebogen?


    Viele Grüße und schon einmal vielen Dank für euren Input.

    Peter


    Zum Vergleich:

    Consortium of Lichen Herbaria - Ochrolechia szatalaensis (lichenportal.org)


    Bild 1. Makro

    Bild 1a. Makro, Helligkeit besser eingestellt.


    509866-pasted-from-clipboard-png

    Bild 2. Ap. Querschnitt mit Kristallen. DIC. LCB+E Färbung


    509867-pasted-from-clipboard-png

    Bild 3. Hymenium mit Ovalen Sporen. (DIC, LCB+E)

  • Hallo Peter,


    Alleine vom ersten Foto, den Thallus im Ganzen zeigend, erkennt man eine lecanorine Krustenflechte vor sich zu haben.

    Vielleicht hast du auch ein Foto von den Apothecien mit besserer Ausleuchtung?

    Leconora-Arten im weiteren Sinne gibt es sehr viele - wie kommst du denn auf die Gattung Ochrolechia?

    Ochrolechien sind bei mir am Neckar zumindest sehr selten. Ich würde erst einmal eine Leconora erwarten.

    Ochrolechia hätte große, dickwandige Sporen - über die Sporengröße verrätst du nichts.


    Ich fange fast immer ganz stur mit dem Gattungsschlüssel an und bemühe mich, jede (!) Frage eindeutig und sicher zu beantworten.

    Wenn das nicht geht, muss man beide Pfade verfolgen und Ergebnisse ausschließen, die widersprüchlich zur Probe sind.

    In den Schlüsseln sind neben der Chemie vor allem immer die Sporen (!) ausschlaggebend.


    Eine sehr seltene, (hoch)montane Flechte in Hanover zu finden, würde auch mich stutzig machen.

    Mein Tipp: Schau dir die Sporen genauer an und prüfe, ob nicht doch Lecanora in Frage kommt.

    Es gibt auch Lecanoren ohne Farbreaktion.

    Außerdem würde ich im Zweifel die Farbreaktion nochmals wiederholen, das klappt nicht immer gut.


    In den gefärbten Schnittbildern sind leider viele relevante Dinge nicht erkennbar - z.B. Farbe von Epihymenium, Hymenium, Hypothecium, Sporen.

    Dafür sind die einfachen Paraphysen sehr gut erkennbar - was eher gegen Ochrolechia spricht, denn hier sind sie reich verzweigt.

    Schnittbilder in Wasser sind für Bestimmungen besser geeignet.


    Ich habe lernen müssen, auf jedes Wort in den wirklich sehr guten Flechtenbüchern zu achten. Die Formulierungen sind mit Bedacht genau so gewählt, wie geschrieben und sind wörtlich zu nehmen. Und: die Variationsbreite von vielen Flechten ist groß.

    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    Danke für Deinen Input. Ich versuche noch einmal den Weg sorgfältig nachzugehen. Sporenmessung kommt (An dem Abend hatte ich keine Kamera installiert und habe Bilder durchs Okular mit dem Mobiltelefon gemacht, ich habe an der Stelle im Schlüssel nur die Frage nach Form und Anzahl in den Asci gesehen).


    Die Probe erfordert noch Arbeit - ich hoffe das verbleibende Gewebe reicht.


    Noch eine Frage wenn ich darf. Wie schnell sollte denn die Farbreaktion für C sein. Für K und P habe ich mittlerweile ein bisschen ein Gefühl. C habe ich noch nicht positiv gesehen.

  • Hallo Peter,


    dei C-Reaktionen sind immer problematisch, ich fürchte sie.

    Vor allem, weil die C-Farbreaktionen flüchtig sind - ich kenne bisher keine C-Reaktion, die bleibend gewesen wäre.

    Wie schnell die Reaktion ist, kann man nicht prinzipiell beantworten: Die Geschwindigkeit hängt von mehreren Faktoren ab (Konzentration,Temperatur; Verdünnung und Alter (Zersetzung) der Lösung; Alter und Standort der Flechte, chemische Rassen (Konzentration der Flechtenstoffe); weitere anschließende Reaktionen...) - natürlich gilt das auch bei K und P, nur dass hier die Farbreaktion normalerweise relativ lange bestehen bleibt. Ich weiß nicht, ab du schon beobachtet hast, wie langsam z.B. eine Farbänderung von K+ gelb nach rot vonstatten gehen kann...


    Am wichtigsten ist natürlich, eine funktionierende C-Reagenz zu haben, denn sie altert und wird immer schwächer. Ich habe auch den Verdacht, dass Abrieb am Spatel zur Verunreinigung der Lösung führt, wodurch sich die Lösung dann rapide zersetzt. Jedenfalls funktioniert sie irgendwann nicht mehr und muss ersetzt werden. Am Besten an bekanntem Material die REaktion überprüfen.


    Man muss bei C vorbereitet und schnell sein, wenn man zu Dokumentsationszwecken ein Foto machen will und aufpassen wie ein Luchs!

    Schaut man beim Aufbringen von C nochmal kurz, ob die Bildschärfe am Händi passt, ist u.U. schon alles gelaufen.

    Dann kommt es auf die Menge der Flüssigkeit an, auf die Menge an für die Reaktion bereitstehenden Flechtenstoffen: Nimmst du viel Flüssigkeit, verdünnt sich die Farbreaktion u.U. bis zur Unkenntlichkeit, nimmst du zu wenig, passiert vielleicht gar nichts. Ist die Flechte dunkel, erkennst sowie so nix, da hilft auch der Zellstofftrick nichts, da die Reaktion sich vielleicht schon verflüchtigt hat. Dann hilft es manchmal, eine kleine, gequetschte Flechtenprobe im Mikroskop unter dem Deckglas zur Reaktion zu bringen.


    Du kannst dir mal eine Punctelia holen zum Üben. Die Reaktion in der Medulla verläuft relativ zuverlässig und führt zu einem kräftigem Rot im weißen Mark (bei P.borreri nur rosa), das allmählich wieder verschwindet. Zum Testen vorher einen Schägeschnitt durch den Thallus erzeugen oder mit einer Nadel den Cortex abkratzen, damit viel weißes Mark freiliegt. Funkioniert aber auch auf den Soralen.


    Bild A1: Punctelia-Cortex mit Nadel entfernt; dann mit Nadel C appliziert => sofort C+rot


    Bild A2: ca. 10s später nur gelbliche Reaktionsreste, die auch bald verblassen


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    vielen Dank für Deine schnelle Antwort. Hat geholfen - es war eher die Frage ob ich nach was schnellem suche oder es eine Farbreaktion im Stundenbereich ist. Heute morgen habe ich gesehen, dass an einer Stelle wo K/P/C ineinander gelaufen ist eine (wohl unspezifische) orange Reaktion aufgetreten ist.


    Mein C ist noch frisch - hoffe ich. Zumindest frisch gekauft. Ich glaube ich habe noch eine Punctelia in meiner "Krabbelkiste" liegen. Da werde ich das mal ausprobieren.


    VG

    Peter


    PS: ich habe die Belichtung an dem Makrofoto (digital) angepasst und leicht nachgeschärft, es ist wirklich zu dunkel. Vielleicht hilft das die Apothecien besser zu zeigen.