Schneeweisses Haarbecherchen - Dasyscyphus niveus?

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 1.661 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Brauner Waldvogel.

  • Hallo zusammen,

    heute hatte ich in einem Buchenmischwald unter einem umgedrehten Todholzstamm diese kleinen weißlichen Haarbecherchen gesellig, wachsend gefunden. Die Fruchtkörper sind schüssel bis tellerfömig bis zu 3 mm im Durchmesser und mit einem zentralen Stiel knapp 1mm in der Länge. Das innere die Fruchtschicht ist etwas cremefarben der äußere, dicht und kurzbehaarte Rand und die Aussenseite hell weißlich. Von der Literatur hatte ich Pilze der Schweiz Band 1 Ascomyceten. Mit der Bestimmung bin ich uneins da die Sporen größer und die Pharaphysen doch etwas höher als die Asci sind. Die Fotos sind leider nicht so gut geworden.

    Danke für eure Hilfe


    Liebe Grüße Annerose









    Aufbau Apothecium:

    Textura globulosa/angularis?


    4x Wasser


    40x Wasser


    40x Wasser



    Haare:

    hyalin, dünnwandig, septiert, inkrustiert wie mit Kristallen besetzt, zur Basis dicker werdend und in die Textura übergehend

    40x Wasser


    40x Wasser


    100x Öl Wasser


    100x Öl Wasser


    100x Öl Wasser


    100x Öl Lugol


    Sporen:

    spindelig, zu einem Ende meist etwas verdickt (erinnert an eine Obergine), glatt, hyalin, ohne Tropfen,

    mit sichtbaren Zellkernen, keine Trennwand/Septe

    100x Öl Wasser


    100x ÖL Wasser


    100x Öl Lugol


    Asci:

    achtsporig, im Asci unregelmäßig angeordnet, inoperculat, Jod +

    100x Öl Wasser


    100x Öl Wasser


    100x Öl Lugol


    100x Öl Lugol


    100x öl Lugol


    100x Öl Lugol


    Paraphysen:

    hyalin, schlank, Spitze kaum verdickt, weiter unten zur Basis septiert

    100x Öl Lugol


    100x Öl Lugol

  • Hallo Annerose,


    sehr schön dokumentiert, damit kann man was anfangen! Die Fotos sind völlig ausreichend.


    Die Textura ist eine textura prismatica - kurze und breite, "backsteinartige" Zellen aneinandergereiht. Bei eine Textura angularis und globulosa sind die Zellen nicht in Reihen zusammenhängend sondern wirken lose, wobei sie bei globulosa schön rund und sich meist überlappend sind, bei angularis vieleckig und eher aneinanderstoßend. Textura prismatica senkrecht zur Außenseite ist die vorherrschende Textura in den Hyaloscyphaceae (Haarbecherchen im weiteren Sinne) und daran kann man dann auch Gattungen mit unauffälligen Haaren zuordnen.


    Des weiteren sind ganz wichtig in "Dasyscyphus" erstens die Haare und zweitens die Paraphysen. Denn das was in Pilze der Schweiz noch als eine Gattung Dasyscyphus läuft ist heute in ca. 10 Gattungen untergebracht.


    Die Haare deines Pilzes sind harzig granuliert, aber nur bis unterhalb der Spitze. Die Spitze selbst ist glatt und etwas keulig-lanzettlich verbreitert. Dazuhin sind die Paraphysen kaum lanzettlich. Das sind die Gattungskennzeichen der Gattung Dasyscyphella, zu der auch Dasyscyphella nivea gehört. Gut dargestellt in PdS bei D. nivea.

    Dass die Paraphysen rausstehen aus dem Hymenium und vor allem wie weit, ist in der Gattung Dasyscyphella und mehr noch in der Gattung Lachnum ein wichtiges Merkmal. Dazu braucht man frisches, lebendes Material und darf vor allem nicht quetschen. Je nach Art stehen die Paraphysen 0-5, 10 oder sogar bis ca 30 µm über die Asci hinaus.


    Zurück zu Dasyscyphella. Wichtige Merkmale dort sind zum einen "Haken vorhanden/fehlend", zum anderen "Paraphysen schmal lanzettlich oder breit lanzettlich" sowie die Sporenmaße.und ob auf den Haare ob eine Kristalldruse draufsitzt oder nicht.

    Dein Pilz hat die folgenden Merkmale: Haken vorhanden (sieht man gut auf den letzten beiden Bildern), Paraphysen schmal lanzettlich, Sporen 7,4-11,2 x 2,3-3 µm.

    Asci mit Haken schließt die ebenfalls recht häufige D. crystallina aus, die auch breite Paraphysen hätte. Diese beiden Merkmale sind korreliert. Also wenn Haken, dann schmale Paraphysen die wenig herausragen, wenn keine Haken dann breite Paraphysen die weiter herausragen. Bleiben damit also noch übrig D. nivea, D. alnicola nom. prov. und D. montana/angustipila.

    Zur Unterscheidung dieser drei sind am ehesten die Sporenmaße und die Haarlänge maßgeblich:

    D. nivea: Sp. 6-10 (-11) x 1,5-2 (-2,5) ; Haare bis ca. 80 (-100 µm)

    D. "alnicola": Sp. 7-11 x 2,5-3 ; Haare wie nivea

    D. montana: Sp. 7-11 x 2-3 ; Haare bis 130 µm


    Die Haarlänge hast Du nicht gemessen, aber den Bildern nach wirken sie recht lang. Dazu die für nivea etwas zu breiten Sporen und diese lanzettlichen Haarspitzen - für mich wäre das Dasyscyphella montana.


    Zum selber nachvollziehen bieten sich vor allem zwei Quellen an:

    H.O. Barals unerschöpfliche Fundgrube, wobei man da schon die Systematik kennen muss um zu wissen in welchen Ordnern sich die gesuchte Art verbirgt: Ascomycetes Illustrations – in vivo veritas (in-vivo-veritas.de) und dann auf den Menüpunkt Ascomycetes Illustrations klicken. Oder direkt: CC Ascomycota – Google Drive

    Ingo Wagners herrliche Seite über die Ascos Sonnebergs: ASCO-SONNEBERG - Dasyscyphella


    Viel Spaß beim Nachvollziehen und rumstöbern!

    Bin gespannt was Ingo dazu sagt, der kennt sich mit den haarigen kleinen Hyaloscyphaceen besser aus als ich.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas,

    vielen Dank für deine fachkundige Einschätzung und Quellen zum nachschlagen. Ingo Wagners Seite ist sehr ausführlich mit tollen Mikroaufnahmen, das hatte ich mir angesehen, deswegen war ich auch unsicher wegen nivea. Für mich ist jetzt wichtig den Aufbau der Textura, Asci, Paraphysen, Haare besser zu verstehen, und das geht bei mir nur über das Zeichnen. Damit kann ich mir das besser einprägen. Die Probe habe ich nicht gequetscht das Deckblättchen nur locker aufgelegt seitlich. Falls ich noch einmal ein Haarbecherchen finde versuche ich selber zu schlüsseln.

    Bin gespannt was Ingo zu den kleinen, haarigen Becherchen sagt.


    Liebe Grüße Annerose


    hier sieht man die schmalen (schmal lanzettlich) Paraphsen noch besser zu den Ascis

    100x Öl Wasser


    Die Haare haben eine Länge über 100 µm

    40x Wasser