Riesenträuschlinge züchten

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  • Hallo zusammen,


    möchte mal über einen Versuch zur Zucht von Riesenträuschlingen aus Sporen berichten.


    Vor einigen Monaten hatte Georg (gemi) Pilze gezeigt, die ganz nach der gelben Variante des rotbraunen Riesenträuschlings (Stropharia rugosoannulata) aussahen.
    champignon-t-3710.html
    Netterweise ließ er mir ein paar Sporen zukommen. Nochmals vielen Dank dafür! Natürlich kann man sich nach der Bestimmung über Fotos nicht ganz sicher sein, aber Aussehen der Pilze, Sporenform und Farbe paßten sehr gut, ebenso das Vorkommen in Holzmulch und die Jahreszeit.


    Habe dann Mitte Mai ein steriles Gemisch aus Getreide, Stroh und Kompost in fünf kleinen Gläschen beimpft und konnte bereits nach zwei Tagen an den Impfstellen Mycel bewundern. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit einem braunen Zuchtstamm hatte ich mit fünf bis sieben Tagen gerechnet, aber frische Sporen keimen halt schneller.


    Leider hatte ich beim Beimpfen schlampig gearbeitet, so daß das Mycel in den meisten Gläsern mit Schimmel zu kämpfen hatte. In einem wurde das Substrat aber sauber durchwachsen, zuerst fein, wattig und gleichmäßig. Nach ein paar Zentimetern setzte dann das typische strähnige Wachstum ein. Nach drei Wochen war das gesamte Substrat besiedelt.
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    Eine Woche später habe ich das Glas geöffnet. Das Mycel verströmte den erwarteten dumpf-erdigen Pilzgeruch. Habe es dann geteilt, in größere Gläser verfrachtet und 1:1 mit frischem, abgekochten Substrat (Stroh, Buchenspäne und ein wenig Kompost) gemischt.
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    Diese Mycelvermehrung habe ich alle zwei bis drei Wochen wiederholt. Hier noch Bilder von Gläsern, in denen das Mycel den Rand hoch kriecht und typisches fächer- bis wurzelartiges Wachstum zeigt.
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    Beim Durchwachsen wurde das Substrat heller, was auf einen Abbau des Lignins hinweist und ebenfalls typisch für Riesenträuschlinge und andere Weißfäulepilze ist.


    Als ich ca. zwei Liter durchwachsenes Substrat hatte, trat leider in einigen Gläsern schwarzer Köpfchenschimmel auf, woraufhin ich die Schimmelstellen großzügig entfernte, das restliche Mycel in einem Blumenkasten vergrub und Erdbeeren drumherum pflanzte.


    Das war vor zwei Wochen. Jetzt halte ich die Erde feucht und harre der Dinge, die da kommen. Wenn jetzt nicht gerade eine gnadenlose Hitzewelle einsetzt oder das Mycel aus anderen Gründen eingeht, sollten in zwei bis sechs Wochen ein paar Pilze sprießen. Kann natürlich auch passieren, daß so ein wilder Pilzstamm länger braucht. Bin jedenfalls sehr gespannt, inwiefern sich die gelbe Hutfarbe vererbt. Falls dann auch noch Geruch und Geschmack hinkommen, werde ich von den größten Exemplaren nochmal einen Sporenabdruck machen und Stielstücke auf feuchte Wellpappe legen, um weiteres Mycel zu züchten. Werde Fotos zeigen, wenn sich was tut.


    Grüße, Carsten

  • Hi Carsten,


    vielen Dank für den informativen und unterhaltsamen Bericht!:thumbup:
    Ich werde jetzt nicht auch noch mit Pilzzucht beginnen, aber solche Art von Beiträgen sind einfach lesenswert und interessant. Und vielleicht wird der eine oder andere dadurch selbst auf den Geschmack kommen. Danke für deine Mühe.


    Lieber Gruß,
    Meinhard

    Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.

  • Hallo Carsten,


    ich freue mich sehr, den Bericht zu lesen - ist ja toll, was aus meinen Sporen so wird! Ich hoffe, es werden wirklich auch bald noch die Fruchtkörper gebildet, und bin schon sehr gespannt, wie die dann aussehen.


    Lieber Gruß
    Georg

  • Hallo Carsten, danke für deinen Erfahrungsbericht.
    Was mich mal interessiert: Wie kann man Mycel von Schimmelbefall unterscheiden? Ist doch beides sicher weiß und faserig?


    Viele Grüße
    Jens

  • Freut mich sehr, daß es euch gefällt!



    Was mich mal interessiert: Wie kann man Mycel von Schimmelbefall unterscheiden? Ist doch beides sicher weiß und faserig?


    Ja, anfangs sind sich die Mycelien sehr ähnlich. Nach ein paar Tagen fangen die meisten Schimmelarten aber an, Sporen zu produzieren und dann werden sie grün, gelb, braun, rosa, schwarz, etc.
    Die einzelnen Hyphen des Schimmelmycels sind meist auch viel kürzer und wachsen nicht so streng geradeaus bzw. nicht so dicht wie die von höheren Pilzen.
    Bei diesem Versuch hatte ich die Sporen in Wasser verrührt und mit einer Spritze ein paar Tropfen davon seitlich auf das Substrat gegeben. Alles, was dann abseits der Impfstelle auftauchte, war natürlich das falsche Mycel. Wenn dann verschiedene Mycelien aufeinandertreffen, sieht man oft, wie sie sich bekämpfen und dabei gelbliche bis bräunliche Tröpfchen absondern.
    Wenn man mit Sporen von Wildpilzen arbeitet, kann es manchmal auch passieren, daß man Sporen anderer Pilze dabei hat, die dann zuerst keimen. Hatte das schonmal mit kleinen Tintlingen...


    Grüße, Carsten