Hallo,
danke für die zahlreichen Rückmeldungen und eure Überlegungen zum Thema. 


Ich wollte zwar gestern Abend noch etwas dazu schreiben, habe mich aber dann in den Weiten des Internets verlaufen (bzw. zu lange in einem tollen PDF gelesen)... sorry.

Zu Punkt 3 in meinem Anfangsbeitrag (Nebelkappe
da bin ich mit "kanzerogen" wahrscheinlich wirklich etwas übers Ziel hinausgeschossen, so ein böses Wort aber auch.
Jedenfalls hatte ich die Eintragung "cytotoxisch" (und cytotoxische Substanzen wirken allgemein häufig mutagen, aber nicht immer....) irgendwie mit "mutagen" gleichgesetzt, aber das ist nicht wirklich gleichbedeutend - und "Verdacht auf Mutagenität" ist nicht wirklich gleichbedeutend mit Kanzerogenität.
"Das Plädoyer für die Giftigkeit der Nebelkappe" ist bei Wiki verlinkt und geht da etwas in die Breite und Tiefe, was die Mechanismen der Inhaltsstoffe angeht (betr. u.a. die Begriffe Adenosin-Analogon bzw. Adenosin-Antagonist)
https://www.pharmazeutische-ze…ndex.php?id=titel_08_2000
Sehr interessant finde ich auch das PDF "Mushrooms traded as food. Vol II sec. 2" (Nordische Länder) erschienen 2014, sehr ausführliche Texte mit vielen Quellenangaben, "wer wie wo wann was" untersucht hatte und zu den jeweiligen Pilzen auch ganz ausführlich, wann und wo es zu wie vielen Vergiftungsfällen kam (zu einigen Pilzarten!)
Zur Nebelkappe, dort ab Seite 143:
welche Inhaltsstoffe die weit verbreite Unverträglichkeit verursachen, ist weiterhin nicht wirklich bekannt.
Andere bekannte Inhaltsstoffe könnten auch diversen positiven medizinischen Nutzen entfalten - alles Ding hat ... mindestens ... zwei Seiten ...
z.B. hier so eine aktuellere Untersuchung, ein Abstract:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28008809/
"Medicinal Properties of the Genus Clitocybe and of Lectins from the Clouded Funnel Cap Mushroom, C. nebularis (Agaricomycetes): A Review." von 2016
Der Anfangsverdacht einer Mutagenität einer chemischen Substanz wird häufig nach dem sogenannten Ames-Test geäußert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ames-Test
Da werden veränderte Bakterien mit der Substanz versetzt, und wenn sie dann wieder Kulturen bilden können (was sie vorher nicht konnten), dann wird das als Indiz für Mutagenität der Substanz bewertet. Die Ergebnisse sind natürlich nicht 1 zu 1 auf Mensch und Tier zu übertragen (Verstoffwechselung in der Leber, unterschiedliche Abbauprodukte - man versucht das durch Zugabe von Leberenzymen etc. zu minimieren) - aber es kann deshalb sowohl zu falsch positiven (wenn das Abbauprodukt unschädlich wäre) als auch falsch negativen Resultaten (falls gerade das Abbauprodukt schädlich wäre) kommen.
Auf jeden Fall besteht dann aber ein Verdacht und es müsste weiter untersucht werden.
Zu Nebularin und Ames-Test finde ich kaum Eintrage, nur das hier:
https://www.drugbank.ca/drugs/DB04440 (darin: Non AMES toxic)
Allerdings gab es lt. o.g. PDF schon sehr frühzeitig Studien über die (vorhandene!) cytotoxische Wirkung von Nebularin in vitro bei verschiedenen Bakterien, Mikropilzen, beim Pflanzenwachstum, aber auch bei Zellkulturen von Säugetieren.
Wenn ich für mich versuche, die Quellen zu bewerten, dann neige ich persönlich doch deutlich dazu, Clitocybe nebularis nicht als Speisepilz zu betrachten - denn es ist ja immer fraglich, wie "selektiv" und in welcher Dosis die Stoffe wirken und dann ihre möglicherweise positiven oder negativen Wirkungen zeigen.
@ Alexander: der o.g. AMES-Test war/ist ja das Problem bei Lactarius turpis.
Der Inhaltsstoff Necatorin hatte in mehreren Studien einen positiven AMES-Test. In dem o.g PDF wird weiterhin gesagt, dass das Necatorin hitzestabil ist und auch durch die Vorbehandlung (Kochen, Wässern, mit Salz einlegen) nur zu einem Teil entfernt wird. Deshalb wird in dem Buch weiterhin zur Vorsicht geraten - bzw. von der kommerziellen Nutzung abgeraten, obwohl die mutagene Wirkung beim Menschen nicht eindeutig festgestellt ist, aber doch irgendwie "im Raum" steht
.... zu Lactarius turpis dort ab Seite 248
@ Joseph et.al.:
In meinem Anfangsbeitrag, das "Mir ist bekannt, dass ...." bis zu ".... deshalb minimiere ich es da, wo ich es weiß und ohne Probleme und ohne große Einschränkungen machen kann." sollte eigentlich allen "Atemluftvergleichen" den Wind aus den Segeln nehmen ... es hat nicht so ganz funktioniert .... 
Ich sehe das ganz allg. so, nicht nur in Bezug auf Nahrung und Chemikalien oder die Luft zum Atmen:
1. es gibt Risiken, auf die wir keinen oder kaum Einfluss haben ..."Lebensrisiken",
2. es gibt Risiken, von denen man nichts weiß oder die man für sich persönlich gering einschätzt bzw. wo man eine "Wird-schon-gut-gehen"-Haltung hat oder wo einem die Minimierung extrem umständlich erscheint,
3. es gibt Dinge, wo einem die Risiken zwar bekannt sind, wo man sie aber ganz bewusst in Kauf nimmt, weil das "Ding" an sich für einen selbst auch sehr viele positive Aspekte hat.
Als Ausgleich zu Nr. 2 und 3 (wobei ich davon ausgehe, dass diese "Risiko-Gruppen" bei jedem Menschen irgendwie vorhanden sind), könnte man ja da die Risiken minimieren, wo es ohne Probleme machbar ist ...
Zu Punkt 4 im Anfangsbeitrag (Erdritterling)
@ Stefan/Climbingfreak:
Ich sehe ja, dass es eine neue Liste gibt ( Juni 2017)
Wenn es da zu den Punkten "Boletus edulis/ Alkohol" und "Erdritterling/ möglicherweise ähnlich Grünling" weiterhin diese Eintragungen gibt ... dann liegen für mich zwei Vermutungen nahe:
- entweder wird die Liste eben doch nicht so "akribisch" überarbeitet
- oder die Einträge bleiben mir voller Absicht so stehen.
Und da sehe ich wiederum zwei mögliche Gründe, warum das so ist:
- entweder um sich nach allen Seiten "hundertfünfzigprozentig" abzusichern - für den Fall, dass doch mal einer einen Zentner Erdritterlinge vertilgt
- oder es gibt neuere andere Erkenntnisse oder diese sind eventuell in naher Zukunft zu erwarten.
Wenn du da andeutest, etwas zu wissen, dann könntest du es auch hier schreiben ..... oder?
Zu Tricholoma terreum steht nichts im PDF "Mushrooms traded as food. Vol II sec. 2", zu Tricholoma equestre natürlich eine Menge (ab Seite 408, besonders ab Seite 413 zu neueren Untersuchungen)
Hochinteressant finde ich da diese verschiedenen - über Jahre immer wieder mal leicht unterschiedlich durchgeführten - Mäusefütterungstests (die armen Mäuse) - mit hochdosierten Extrakten von Tricholoma equestre.
Ein Anhaltspunkt für die toxischen Wirkungen sind da "elevated levels of plasma creatine kinase activities".
Neuere Untersuchungen mit sehr hoch dosierten Extrakten von diversen anderen Speisepilzen legen nahe, dass die "elevated plasma creatine kinase activity" auch durch andere Pilze ausgelöst werden können ...
Zitat
The results support the hypothesis that the previous observed toxic effects with Yellow Knight are not specific to this mushroom, but probably represent a non-specific response requiring individual sensitivity and a significant amount of ingested mushroom
to manifest itself (Nieminen et al., 2006). A similar conclusion was drawn by Chwaluk (2013) based on his abovementioned case report on intoxication after consumption of Leccinum and Boletus mushrooms.
Zu Punkt 5 im Anfangsbeitrag, Paxillus-Syndrom und weitere Zusammenhänge
- bzw. Involutin - bzw. Verknüpfung mit Boletus luridus
Den Wortlaut im Portrait zu Boletus luridus kritisiere ich nicht, die Zusammenhänge kann man durchaus so darstellen.
Ohne Hintergrundinformation neigt man nur sehr schnell dazu, das als Warnung zu lesen.
Diese Warnung ist aber aus sonstigen Quellen nicht so ohne Weiteres abzuleiten - und es wird auch von offiziellen Stellen, auch international ! - nicht so abgeleitet .
@ Craterelle:
danke für den Hinweis, wie das zum Paxillus-Syndrom im Guthmann steht. 
@ Max/ Kilzpappe:
danke für den tollen Link, "www.booksc.org" (ich hatte nur kostenpflichtige bzw. anmeldungspflichtige Seiten gefunden) 
Zum Paxillus involutus steht auch einiges in dem o.g. PDF "Mushrooms traded as food. Vol II sec. 2"
ab Seite 314 (div. Untersuchungen werden zitiert)
Ergebnis ist da (wie sonst auch überall) , dass man nicht weiß, welche Substanz das Paxillus-Syndrom auslöst.
D.h. diese Substanz ist noch unbekannt.
Es wird aus Untersuchungen geschlussfolgert, dass es unwahrscheinlich sei, dass die bekannten Inhaltsstoffe Involutin oder Involutone verantwortlich sind, da diese beiden Substanzen hitze-instabil sind.
Das Syndrom wird bei sensibilisierten Personen auch mit gut durcherhitzten Pilzen ausgelöst.
In dem PDF ist auch ein Kapitel über Boletus luridus, ab Seite 117 (keinerlei Verbindungen zu Involutin o.ä. oder zum Paxillus-Syndrom)
Ich fasse das ... für mich ... so zusammen:
Es existiert ein Paxillus-Syndrom ausgelöst durch Paxillus involutus - Paxillus involutus enthält Involutin.
Involutin wurde als Auslöser diskutiert, aber der Mechanismus konnte nicht nachgewiesen werden.
Sehr wahrscheinlich ist Involutin nicht der Auslöser, weil die Substanz hitze-instabil ist.
Es gibt möglicherweise in diversen anderen Pilzen Substanzen, die mit dem Involutin nahe verwandt sind.
Möglicherweise gibt es ähnliche Stoffe auch in Boletus luridus - obwohl ich die Untersuchung dazu oder die gefundenen Mengen nirgends fand - möglicherweise gibt es diese sehr verwandten Stoffe in vielen Pilzen, die stark bei Berührung verfärben, da Involutin für die Verfärbung zuständig ist.
Ein Beispiel für einen sehr ähnlichen/ nahe verwandten Stoff ist auch Gyrocyanin im Kornblumenröhrling, zu dem es keinerlei kritische Anmerkungen gibt.
Bei diesen anderen Pilzen ist bis jetzt aber noch nie ein Syndrom aufgetreten ist, das ähnlich oder gleich dem Paxillus-Syndrom ist.
Auch das kann man als Indiz bewerten, dass Involutin oder sehr nah verwandte Substanzen das Syndrom sehr wahrscheinlich nicht auslösen.
Interessant finde ich insgesamt den "Gang der Dinge":
bei C. Köppel in "Clinical symptomatology and management of mushroom poisoning. Toxicon. 1993; 31: 1513-1540 (page 1527-1529)"
steht in Table 11 bei allen anderen Pilzen außer Paxillus involutus ein Fragezeichen.
Im Literaturverzeichnis gibt es einige Quellen zum Paxillus-Syndrom, aber in den Überschriften findet sich nichts Erkennbares zu Boletus luridus,
In dem o.g. Internetlink http://www.meducator3.net/algo…axillus-mushroom-syndrome fehlt das Fragezeichen schon ...
Ich für mich ziehe daraus die Schluss, dass ich auch weiterhin ... falls ich überhaupt madenarme Exemplare finde ... Boletus luridus (Netzstieligen Hexenröhrling) in den für mich normalen (eher kleineren) Pilzmengen verzehren werde.