Feder-Blasenkrusten (Kiliasia pennina) im Weinberg am Neckar

  • Hallo,


    anbei ein Fund, der mich viel Zeit und Nerven gekostet hat und den ich deshalb gerne zur Diskussion stellen möchte.

    Es handelt sich um eine schuppige Krustenflechte, die ich an einer Weinbergmauer unweit am Neckar gefunden habe.


    Bei der Fundstelle handelt es sich um eine kleine Schrägfläche, die von festem Gesteinsmehl überzogen ist.

    Auf diesem Substrat haben sich einige Krustenflechtenarten angesiedelt, neben der zu besprechenden Art u.a. Acarospora monium und Catapyrenium cf. cinereum.

    Bild 1 Weinbergsmauer am mittleren Neckar


    Bild 2 Braune Apothecien, gequollen, auf schollig-schuppigem Thallus


    Bild 3


    Bild 4 Getrocknete Probe: Der olive, schuppige Thallus ist unbereift.


    Bild 5 Die Apothecien sind um 500-600 µm groß.

    Die schwärzlichen Scheiben sind bereift.

    Sie brechen aus bereiften Wärzchen hervor, später sitzen sie dem Thallus auf.

    Jüngere Apothecien sind plan mit deutllichem Thallusrand.

    Später wölben sich die Scheiben, der Rand wird unscheinbar.



    Bild 6 Angefeuchtet grünt der Thallus. Die Apothecien werden gallertig weich.

    Im feuchten Zustand wird der schuppige Thallus gut erkennbar.

    Die Schuppen sind bis etwa 1 mm groß.


    Bild 7 Die Flechte reagiert beim Tüpfeltest negativ (R-). Der Cortex fluoresziert türkis unter UV-Beleuchtung.


    Bild 8 Ausgelöste Thallusschuppe mit Apothecium in Wasser.

    Apothecium aufsitzend, Scheibe nass dunkelbraun; Rhizohyphenbüschel unter der Thallusschuppe.


    Bild 9 Querschnitt durch Thallusschuppe in Wasser


    Bild 10 Apothecienquerschnitt in Wasser: Epihymenium und oberer Teil des Hymeniums sind braun.

    Der untere Teil des Hymeniums und das Hypothecium sind farblos. Eigenrand farblos.


    Bild 11 Unter KOH-Zusatz färbt sich das braune Gel des Epihymeniums nach Violett um.

    Die Paraphysen sind kopfig mit braunen Pigmentkappen.

    Einige Paraphysen sind über die Hälfte der Höhe braun gefärbt.

    Die Sporen sind 2-zellig, die Asci 8-sporig und etwas keulig.


    Bild 12 Sporen, deutlich 2-zellig, ich messe 9-13 x 4-5,5 µm.


    Bild 13 Links: Ascus mit kleiner Okularkammer (in Wasser).

    Rechts: Tholus K/J+blau mit dunkler blauem Zentralkanal, Ascuswand K/J-, weiter außen K/J+blaue (Gel)Hülle.


    Mit WHS gelange ich über den Schuppenflechten-Schlüssel über Punkt 37* zu den weiterführenden Schlüsseln von Lecania TS1 (Widerspruch wegen nicht halonater Sporen), Toninia und Catapyrenium (Widerspruch, da pyrenocarp). Bleibt Toninia - insbesondere die Rhizohyphen könnten gut zu Toninia passen. Im Toninia-Schlüssel gelange ich über 2-zellige Sporen, auf kalkreicher Erde, krustiger bis angedeutet schuppiger Thallus, Hypothecium farblos, Epihymenium (grau)braun zu Toninia pennina.


    Gegencheck mit Schlüssel von Italic:

    Bei Wahl von Epihymenium K+ violett, Thallus lichenisiert, nicht weiß, ohne Pseuocyphellen, vollständig unbereift, Hypothecium farblos, Thallus krustig-schuppig, Apothecien unbereift, Sporen 9-16 x 3,5-5 gelangt man zu Kiliasia pennina (= Toninia pennina). Die Beschreibung der Art erlaubt entgegen der Schlüsselauswahl einen schwach bereiften Thallus und ebensolche Apothecien. Die Bereifung erscheint mir beim Fund allerdings stärker als "schwach" zu sein. Die restliche Beschreibung hingegen passt, insbesondere Sporen und der Feinbau der Asci sind wie dort beschrieben. Auch die Abbildung des Thallus erscheint mir überaus passabel und erinnert wenig an eine "klassische" Toninia mit den blasigen Schuppen, sondern passt zum Fund.

    Zu finden sei die Flechte an kontinentalen, trocknen Steilflächen über Dolomit und Kalkstein. (Sub)montane, laut WHS extrem seltene Spezies, aber im Neckarraum nachgewiesen.


    Ich wüsste nicht, was es sonst sein könnte - vielleicht weiß ja hier jemand was zum Thema.

    Was meint ihr dazu?


    LG, Martin