QGIS für Pilzfreunde Teil 25 – Pflanzengesellschaften - Erläuterungen

  • Willkommen in Teil 25 der Forumsreihe „QGIS für Pilzfreunde“!


    Dieser Beitrag entstand mit QGIS 3.10.0 unter Windows 10.


    Hier die Übersicht über alle Teile dieser Forumsreihe.


    Heutiges Ziel: Erläuterung der Pflanzengesellschaften


    Ausgangspunkt ist Bild 1 mit den Pflanzengesellschaften, dem "Biotop" Misse und der Boden- sowie der Geologischen Karte. Wie man die letztgenannten Karten integriert, zeigt Teil 4 dieser Forumsreihe. Hier noch der Symbolschlüssel Geologie.






    Der Moorrandwald (vab und miss nach Bild 2)





    a) Vaccinio-Abietetum (vab) - Beerstrauch-Fichten-Tannenwald

    Bei diesem bodensauren Moorrandwald handelt es sich hier um eine teils mehr, teil weniger naturnahe Waldgesellschaft mit Weißtanne, Fichte und Waldkiefer. Es liegt überwiegend Kronenschluss vor. Sehr vereinzelt tritt auch die Moorbirke auf. Die Zwergstrauchschicht besteht im wesentlichen aus Blaubeere in sehr unterschiedlichen Deckungsgraden sowie in etlichen kleineren Flächen Rauschbeere und Preiselbeere. Moose, Farne, Bärlappe: Glänzendes Etagenmoos (Hylocomium splendens), Schönes Kranzmoos (Rhytidiadelphus loreus), Rotstängelmoos (Pleurozium schreberi), Gewelltes Sciefbüchsenmoos (Plagiothecium undulatum), außerdem viel Sprossender Bärlapp (Lycopodium annotinum).


    Bild 3 zeigt vab im Winteraspekt, in naturnaher Ausprägung: Mehrstufigkeit, gute Bodenbedeckung mit Blaubeere und Moosen:




    Bild 4 zeigt vab im Winteraspekt, mit wenig Naturnähe, erinnert stark an Wirtschaftswald: Einstufigkeit, fast ohne Bodenbedeckung:




    b) "Biotop" Misse (miss)

    Dieses Areal ist sehr heterogen und besteht zu einem großen Teil aus ehemaligem Wirtschaftswald. Etwaige Pflanzengesellschaften dieses Areals werden hier nicht berücksichtigt.





    Der Moorwald - Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris - Rauschbeeren-Waldkiefern-Moorwald

    in verschiedenen Ausprägungen (vpm, vps, vph, vpd, vpb und vpn nach Bild 5)




    c) Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris - Ausprägung mit Moorkiefern Pinus mugo (vpm)

    Dieses bodensaure, im wesentlichen trockene Areal wurde vor rund vierzig Jahren als Vaccinio mugetum betuletosum (birkenreicher Pinus-mugo-Filz) eingestuft. Nach einem katastrophalen "Moorkiefern-Sterben" um das Jahr 2000 herum liegt aktuell ein relativ lückiger Bestand von Weißtanne, Fichte, Waldkiefer und Moorkiefer (Pinus mugo), jeweils etwa zu gleichen Anteilen, vor. Ein naturnahes Areal, das zusätzlich verstreut Moorbirken aufweist. In der Zwergstrauchschicht findet sich fast deckend die Blaubeere sowie zerstreut Preiselbeere. Moose, Farne, Bärlappe: Glänzendes Etagenmoos (Hylocomium splendens), Schlafmoos (Hypnum cupressiforme), Schönes Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum), Schönes Kranzmoos (Rhytidiadelphus loreus), Sprossender Bärlapp (Lycopodium annotinum), an einzelnen Stellen Polster vom Ordenskissenmoos (Leucobryum glaucum agg.), je nach Feuchtigkeitsgrad unterschiedliche Torfmoosarten (Sphagnum sp.) :


    vpm im Winteraspekt:



    vpm im Winteraspekt, im Vordergrund eine relativ junge Moorkiefer:




    d) Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris - Feuchter bis nasser Bereich des ehemaligen Torfstichs (vps)

    Feuchter bis nasser, saurer, wenig baumbestandener Bereich. Baumschicht: überwiegend Waldkiefern und Moorbirken; Strauchschicht: Faulbaum, Waldkiefern, Moorbirken; Zwergstrauchschicht: Blaubeere, Rauschbeere, Moosbeere (Oxycoccus palustris); Moose: Schönes Kranzmoos, Etagenmoos, an trockenen Erhebungen das Ordenskissenmoos (Leucobryum glaucum agg.) - und natürlich diverse Sphagnum-Arten wie z.B. S. fallax, S. magellanicum, S. palustre, S. angustifolium und S. russowii.


    Bild 8 zeigt mittig, von vorne nach hinten verlaufend, einen der ehemaligen Stiche (vps) im Winteraspekt. Rechts und links steigt das Gelände zum Heidestadium (vph) an:


    Bild 9 zeigt im unteren Drittel einen der Stiche (vps), rechts auf mittlerer Höhe Bulte mit Goldenem Frauenhaarmoos (Polytrichum commune) (fpc), im Hintergrund der Birken-dominierte Kiefern-Moorwald (vpb):


    vps im Winteraspekt:





    e) Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris - Heidestadium (vph)

    Lockerer Waldkiefernmoorwald auf trockenem, saurem Boden, sehr licht, d.h. Halbschatten bis sonnig. d.h. es ist kaum Kronenschluß vorhanden. Außer Kiefern sind in einigen Arealen Moorbirken vorhanden, sowohl adulte als auch junge, sowohl gut wüchsig und gesund als auch morsch und abgestorben. Außer Waldkiefern wachsen dort vereinzelt adulte, an die 20 Meter hohe Spirken. Weiterhin vereinzelt junge Fichten und Weißtannen. Sträucher: vereinzelt Faulbaum (Frangula alnus), Zwergsträucher: etwa zu 90 Prozent Blaubeere, zu 5 Prozent Preiselbeere, Rest Heidekraut (Calluna vulgaris). Bisher notierte Moose: Schönes Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum), Schlafmoos (Hypnum cupressiforme), Ordenskissenmoos (Leucobryum glaucum agg.) sowie das Bogige Krummstielmoos (Campylopus flexuosus). Ein recht naturnahes Gebiet:





    f) Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris - Waldkieferndickung (vpd)

    Jungkiefern-Dickung auf feuchtem, saurem Boden. Alter dieser Waldkiefern etwa 30-35 Jahre.


    vpd im Winteraspekt:




    g) Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris - Ausbildung mit dominierend Betula pubescens (vpb)

    Feuchter Bereich mit jungen Moorbirken, jungen Fichten, jungen und adulten Waldkiefern, einige Faulbaum-Büsche, viele Bulte und Flächen mit Scheidigem Wollgras (Eriophorum vaginatum), Teppiche der Blaubeere und der Rauschbeere, im Randbereich Blaubeere. Auch einige Pflanzen Dornfarn (Dryopteris sp.). Einige Sphagnum-Bulte, viele Flächen mit diversen Sphagnum-Arten.


    vpb im Winteraspekt:




    h) Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris - Bachniederung (vpn)

    Dieses Quellgebiet des Vorderen Rotenbachs ist baumbestanden mit meist adulten Weißtannen, Fichten und Waldkiefern. Es steht zeitweise unter Wasser, wie in Bild 13 zu sehen.


    vpn im Winteraspekt:





    Die baumfreien Moorbereiche (eva, evm und sma nach Bild 13a)




    Von diesen offenen Moorbereichen sind im Verlaufe der letzten Jahrzehnte nur noch wenige Relikte vorhanden:


    i) Eriophorum vaginatum-Gesellschaft (eva) - Scheidenwollgras-Gesellschaft

    Es finden sich zwei jeweils zusammenhängende Bereiche, die ich als "Moor3" und "Moor4" bezeichnen möchte.


    Moor 3: Fast komplette Bedeckung mit Scheidigem Wollgras (Eriophorum vaginatum), kleinere Sphagnum-Bereiche und Bereiche mit Blaubeere, auch die Rauschbeere, die Moosbeere (Oxycoccus palustris) und der Faulbaum sind jeweils zu geringem Anteil vertreten. Am Rand Pfeifengras (Molinia caerulea).


    eva/Moor 3 im Winteraspekt:



    Moor 4: Gute bultmäßige Bedeckung mit Scheidigem Wollgras (Eriophorum vaginatum) und Moosbeere, zwischen den Bulten Sphagnum. Randbereich Waldkiefern, Moorbirken, mit großem Feld Rauschbeere, kleinere Bereiche Blaubeere, Preiselbeere), Heidekraut (Calluna vulgaris), Faulbaum, mittig eine Inseln mit kleiner Moorbirke, Waldkiefer, Rauschbeeren, Preiselbeeren. Keinerlei Pfeifengras.


    eva/Moor 4 im Winteraspekt:




    j) Eriophorum vaginatum-Gesellschaft (evm) - Scheidenwollgras-Gesellschaft mit Molinia caerulea

    Im Gegensatz zu eva besitzt diese Gesellschaft (Moor2) einen hohen Anteil an Pfeifengras (Molinia caerulea). Außerdem natürlich Scheidiges Wollgras, zentral inselartig ein Faulbaum und wenig Dornfarn. Bereiche mit rotem und grünem Sphagnum, Randbereich Blaubeere, Moorbirke, Waldkiefer, Fichte, Faulbaum.


    evm/Moor 2 im Winteraspekt:




    k) Sphagnetum magellanici (sma) - Bunte Torfmoosgesellschaft
    Ein sehr feuchter bis nasser, baumloser Bereich mit viel Sphagnum, vor allem Sphagnum magellanicum, mit Scheidigem Wollgras, Blaubeere, einige Pfeifengras-Horste, wenige Moosbeer-Pflänzchen (Oxycoccus palustris), vereinzelt Dornfarn (Dryopteris sp.). Sphagnum und Scheidiges Wollgras bilden teilweise Bulte, die Moosbeeren überziehen die Sphagnen. Randbereich mit jungen Moorbirken, jungen Fichten, Faulbaum und Blaubeeren.


    Bild 17 - Sphagnum-Rasen mit Sphagnum magellanicum:



    Bild 18 - Zwei typische Sphagnum-Arten des Sphagnetum magellanici:




    l) Fazies mit Polytrichum commune (fpc) - Geografische Lage: siehe Bild 13a

    Eine in den zeitweise überschwemmten Bereichen einiger Pflanzengesellschaften auftretende Bult-Landschaft aus Goldenem Frauenhaarmoos (Polytrichum commune).


    fpc im Winteraspekt:




    Notiz: Aus meiner Sicht ist es vertretbar, sämtliche baumfreien Bereiche (eva, evm, sma) als unterschiedliche Ausbildungen des Sphagnetum magellanici (sma) aufzufassen.



    Das wär’s für heute.


    Über Fragen und Anregungen würde ich mich riesig freuen!:kaffee:


    Viel Erfolg!

    Bernd



    Literatur:

    Dierßen, B. & K. Dierßen (1984): Vegetation und Flora der Schwarzwaldmoore.‑ Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.‑Württ., 39: 1‑512

    Dierßen, K. (1990): Einführung in die Pflanzensoziologie (Vegetationskunde)

    Grossmann, A. (1985): Die Höheren Pflanzen und Moose des Bannwaldes Waldmoor-Torfstich, ihre Vergesellschaftung und ihre Standorte. In: Der Bannwald "Waldmoor‑Torfstich".‑ Mitt. forstl. Versuchs‑ und Forschungsanstalt Bad.‑Württ., "Reihe Waldschutzgebiete", 3: 29-51

    HAAS, H. & G. KOST (1985): Basidiomycetenflora des Bannwaldes "Waldmoor-Torfstich". In: Der Bannwald "Waldmoor‑Torfstich".‑ Mitt. forstl. Versuchs‑ und Forschungsanstalt Bad.‑Württ., Reihe Waldschutzgebiete, 3: 105-123

    Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften - Teil I: Fels- und Mauergesellschaften, alpine Fluren, Wasser-, Verlandungs- und Moorgesellschaften.

    Oberdorfer, E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften - Teil IV: Wälder und Gebüsche



    Glossar, Abürzungen:

    Biotop - Charakteristischer Lebensraum in der Natur mit Tieren, Pflanzen und Pilzen

    Bulte - Über dem Wasserspiegel zeitweise überschwemmter Moorbereiche (Hoch- und Übergangsmoore) herausragende Erhebungen. Sie sind mit Moosen
    (Polytrichum, Sphagnum), Wollgräsern (Eriophorum).und/oder Moosbeeren (Oxycoccus) bewachsen.

    BW – Baden-Württemberg

    Georeferenzierung – Objekt (Karte, Foto...) mit geografischen Koordinaten versehen

    DGM – Digitales Gekändemodell, Gebäude und Bewuchs sind eliminiert

    DGMx - Digitales Geländemodell mit x Metern Gitterweite

    DOM – Digitales Oberflächenmodell

    ETRS89 / UTM (Universal transverse Mercator) - Flächengetreues KBS in der Einheit Meter, d.h. geeignet zum Messen von Strecken und Flächen

    Fazies - Aspektwechsel innerhalb gleichartiger Bestände (Dierßen 1990)

    Gauss-Krüger - Flächengetreues KBS in der Einheit Meter, allerdings inzwischen vielfach durch ETRS89 / UTM ersetzt worden

    Georeferenzierung (Geocodierung, Verortung, Geotagging) - Einen Datensatz, z.B. ein Foto oder eine Karte, mit Koordinaten versehen

    GIS – Geoinformationssystem

    Google Maps - Online-Kartendienst von Google LLC

    GPX (GPS eXchange Format) – für Datenaustausch mit GPS-Empfängern

    KBS - Koordinatenbezugssystem

    KML (Keyhole Markup Language) - Austauschformat für Geodaten, vorgesehen für Google Earth (aber auch für GPS-Empfänger nutzbar)

    KMZ - dasselbe wie KML, lediglich in komprimierter Form

    Lidar (Light Detection And Ranging) – Laser-Scan der Geländeoberfläche

    LiMT – Linke Maustaste

    Open Data – Für jedermann frei nutzbar zur Verfügung gestellte Daten

    OSM – OpenStreetMap

    QGIS – Kostenfreies, sehr mächtiges GIS

    Pflanzengesellschaft - Spezifische Gruppe von Pflanzen mit gleichen ökolog. Ansprüchen und mit Wechselbeziehungen zueinander

    ReMT – Rechte Maustaste

    Rasterlayer - Layer, bestehend aus bildhaften, pixelcodierten Geodaten

    Schummerung – Pseudo-3D-Darstellung durch Schattenwurf

    Shape, Shapefile - Datei zum Darstellen von Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)

    Spirke - Aufrecht wachende Form der Berg- oder Moorkiefer Pinus mugo

    Tiles – Karten in Form von sogen. „Kacheln“

    URL – ein Internet-Link oder die Adresse einer Website

    Vektorlayer - Layer, bestehend aus vektorcodierten Geodaten, d.h. aus Punkten, Linien und Polygonen (Flächen)

    WGS 84 EPSG:4326 – globales KBS, bei GPS-Empfängern verbreitet, nicht zum Messen geeignet

    WGS 84/ Pseudo-Mercator EPSG:3857 – globales KBS für WMS-Einbindungen, nicht zum Messen geeignet

    WMS (Web Map Service) – Internet-Schnittstelle für Landkarten

  • Bernd Miggel

    Hat den Titel des Themas von „QGIS für Pilzfreunde Teil 25 – Anwendung D: PflGes - Erläuterungen“ zu „QGIS für Pilzfreunde Teil 25 – Pflanzengesellschaften - Erläuterungen“ geändert.