Parmotrema perlatum

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  • Hallo miteinander!


    letztes Wochenden habe ich eine sehr interessante, mir bis dato unbekannte Blattflchte an einer gestürzten Esche entdeckt.

    Ich halte sie für eine Parmotrema spec, allerdings würde ich P. perlatum ausschließen.


    Hier an meiner geliebten Schozach findet sich zur Zeit eine Menge an umgestützten Bäumen.

    An einem der Hauptäste einer der umgestürzten Eschen fand ich eine schöne und auffällige Blattflechte:

    Bild 1: Blattflechte mit welligen Thalluslappen :gverstanden:


    Sie besitzt einen welligen, fast krausen Thallus und steht deutlich vom Substrat ab.

    An den Thallusrändern finden sich keine Rhizinien und überhaupt keine Cilien!

    In der Thallusmitte finden sich dicke Randsorale.

    Bild 2: Blick auf Sorale (vorderer Thalluslappen entfernt für Analyse)


    Bild 3: Thallusunterseite am Rand dunkelbraun, weiter innen schwärzlich. Der Thallusrand ist rhizinienfrei.

    Bereichsweise wirkt der Thallus stark runzelig.


    Bild 4: Keine Cilien am Thallusrand, aber Randsorale


    Bild 5: Bereich mit runzeligem Thallus


    Bild 6: Keine Pseudocephyllen auf dem Thallus, teilweise aber sehr runzelig!


    Ein Thallusfragment habe ich mitgenommen:

    Bild 7 Thallusunterseite mit schwarzer Mitte


    Bild 8: schwarze, einfache Rhizinien in der Thallusmitte


    Bild 9: mehr Rhizinien


    An der mitgenommenen Probe habe ich einige Farbreaktionen durchgeführt: Rinde K+ gelb, C-, P erst negativ, dann P+ gelb nach einer ganzen Weile. :gkrass:

    Stelle mit K+ gelb wird kurz darauf von C überflossen und färbt sich um nach rot => KC+ rot (da K+ gelb u.U. nach rot umfärbt ,aber länger dauern soll, ist auch K+ gelb>rot nicht auszuschließen).


    Vom Habitus erinnert mich die Flechte jedenfalls stark an eine Parmotrema.

    Hierfür sprechen die braun-schwarze Unterseite, die schwarzen Rhizinien und die Randsorale.

    Die relativ häufige P. perlatum, die ich öfter finden konnte, besitzt aber lange Cilien an den Lappenrändern und eine eher glatten Thallusoberfläche.

    Derartig runzelige P. perlatum ohne Cilien ist mir (bislang) nicht untergekommen.


    Nach einiger Recherche könnte eventuell P. reticultatum oder P. pseudoreticulatum der Sache näher kommen, die beide aber sehr selten sein sollen.

    Bei P. pseudoreticulatum würde die Farbreaktion halbwegs passen, das Gelb bei P+ ist schon recht knackig, mit Phantasie könnte man vielleicht einen Orangestich sehen - was aber auch für P. perlatum passen würde.

    Ein feines Netz kann ich auf den Bildern jedenfalls nicht entdecken - vielleicht ist die Flechte hierfür aber auch zu feucht?


    Falls es wirklich eine der seltenen Flechten sein sollte, würde es mich einerseits freuen - andererseits ist der Tod dieser Flechte programmiert, da der Baum umgestürzt ist.:gheulen::gheulen::gheulen:

    Was meint ihr dazu, könnte die Zuordnung zu P. cf. reticulatum stimmen, oder ist es eine etwas eigenwillige P. perlatum.

    Falls die Zuordnung stimmt, ist da noch was zu machen für die Flechte? Vielleicht sollte ich die Flechte komplett vom Baum abschälen und mitnehmen?


    LG, Martin



    Farbreaktionen nach Lichens marins:

    P. reticulatum: Cortex: C-, KC-, K+ yellow (red after a few minutes and cortex lysis and medulla reaction), Pd-/Pd+ yellow; medulla: C-, KC+ yellow > red, K+ yellow > red, Pd+ red-orange, UV-. (*) :gschock:

    P. pseudoreticulatum: Cortex: yellow (bisschen knappe Angabe, vermutlich heißt das C+ gelb, gegen Mark C-); medulla: C-, K+ yellow > red, KC+/- red, Pd+ red-orange. (*)

    P. arnoldi: Cortex: K+ yellow; medulla: C-, K-, KC+ pink, Pd-

    P. crinitum: Cortex: K+ yellow; medulla: C-, K+ yellow, KC+ yellow-orange, Pd+ yellow-orange ; UV-

    P. perlatum: Cortex: K+ yellow; medulla : C-, K+ golden yellow, KC+ yellow-orange, Pd+ yellow-orange, red-orange.



    P.S.: Die Bilder musste ich gerade nochmal hochladen, ich hoffe die Zuordnung passt!

  • Hi Martin

    Für mich sieht das nach Parmotrema perlatum aus. Exemplare ohne Cilien kommen ab und zu mal vor. Die durchgehend graue Oberfläche ohne Anklänge eines weißlichen Netztes sowie die Reaktion K+gelb sollten P. reticulatum bzw. pseudoreticulatum ausschließen. Ich denke, mit P. perlatum liegst Du auf der sicheren Seite.


    Grüße aus dem Norden

    Patrick

  • Hallo Patrick!


    Danke für deine Einschätzung.

    Das mit K+ gelb ist leider nicht 100%ig sicher, da ich ja die Hypochloridlösung zu dicht auf dem kleinen Schnipsel appliziert habe, so dass die Flüssigkeiten ineinander gelaufen sind. Die Reaktion wechselte von gelb erst nach orange, und gestern auf den trockenen Präparat sogar rot gefärbt war.

    Vielleicht wäre das auch ohne das Ineinanderlaufen passiert? Die Farbreaktion an der Rindenoberfläche soll lange dauern, da der gebildete Farbstoff aus dem Mark nach außen diffundieren muss - wenn ich das richtig verstanden habe.


    Ich denke, ich hole mir die ganze Flechte, ehe sie abstirbt oder gefressen wird. Dann kann ich sie auch trocken beäugen und nochmal genauer untersuchen.


    Grüße aus dem Süden,

    Martin

  • Hallo Patrick!


    Mittlerweile habe ich die komplette Flechte geerntet und auch im trockenen Zustand kontrollieren können.

    1. Ein Netz kann ich tatsächlich nirgends entdecken.

    2. Die welligen Thallusbereiche laufen beim Trocknen (teilweise) weiß an, eventuell lokaler Befall => Thallusbereich nicht typisch!

    3. Färbe-Reaktionen habe ich mit der gut getrockenter Flechte wiederholt, nass und 24h später, getrocknet ausgewertet.

    Das Fehlen von Wasser im Gewebe sollte zu schnelleren und eindeutigeren Reaktionen führen, so hoffe ich.


    Nach Aufbringen der Reagenzien (Bild 10), in noch nassem Zustand => K+ gelb, P+ gelb-orange, C-; KC+ gelb => orange; die Farbreaktion ist insgesamt schwach, passt aber zu P.perlatum, wie du Patrick nupharlutea, vorgeschlagen hast, am besten!

    Bild 10: Farbreaktion in noch nassem Zustand, KC hatte ich später weiter rechts zusätzlich appliziert, Ergebnis KC+gelb


    Beim letzten Tröpfeltest hatte sich die Farbreaktion durch Liegenlassen des Materials verändert, weshalb ich auch hier einen Tag später nochmals kontrolliere: Siehe da!
    24h später, in wieder trockenem Zustand, sieht die Sache so aus: Die mit Kalilauge in Kontakt gekommenen Stellen sind rotbraun und die Hypochlorid-Stelle ist hellgelb umgefärbt!

    Bild 11: Gleiche Flechte etwa 24h später, um KC+ gelb (noch im nassen Zustand) ergänzt


    Farbreaktionen 24h später (Bild11): K+ rot, (C+ zitronengelb,) KC+ rot, P+ orange, da wären wir eher bei P.pseudoreticulatum oder P.stuppeum, hmmm. :gskeptisch:


    Die Frage, die ich mir stelle: Zu welchem Zeitpunkt darf/muss ich prüfen - solange noch nass ist, erst wenn getrocknet ist, zwischendrin, WANN?

    Gerade die flüchtige Hypochloridreagenz kann ich nur schwer einschätzen: Muss man zwischen der echten Farbreaktion mit einem Flechteninhaltsstoff und einem eventuell später einsetzenden Bleichen der Thallusoberfläche unterscheiden? Welche Rolle spielt eventuell der Luftsauerstoff?


    LG, Martin



    Reationen aus A.Jabłońska et al: "The lichen family Parmeliaceae in Poland. I. The genus Parmotrema", Acta Mycologica, Vol.44 (2), p. 211-222 (2009):

    P. arnoldii: Cortex reacts K+ yellow and medulla is KC+ pink-red, UV+ ice-blue, C– and Pd– (Hale 1965; louwhoff 2009a)

    P. crinitum: Cortex reacts K+ yellow, whereas medulla is C–, K+ yellow, KC+ yellow, Pd+ yellow-orange (Hale 1965; louwhoff 2009a)

    P. perlatum: Cortex reacts K+ yellow, whereas medulla is C−, K+ yellow and Pd+ orange (Louwhoff 2009a)

    P. stuppeum: Cortex reacts K+ yellow, whereas medulla is C and KC–, K+ yellow turning red, and Pd+ orange-red

  • Hallo Martin

    Die Tüpfelreaktion am besten an trockenem Material durchführen (bei feuchten Proben sind die Ergebnisse manchmal undeutlich). Die eventuelle Farbreaktion tritt recht zügig ein; bei C quasi augenblicklich (also meist innerhalb der ersten Sekunde), bei K auch innerhalb von Sekunden bis maximal 0,5 Minuten, bei P kann es auch schon mal eine Minute dauern. Wenn danach nichts mehr passiert, ist die Reaktion negativ. Auch Verfärbungen, die erst nach Stunden auftreten, spielen keine Rolle.

    Damit läuft Dein Parmotrema-Beleg wohl zu. P. perlatum.


    Beste Grüße aus dem Norden

    Patrick

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Parmotrema spec (perlatum?)“ zu „Parmotrema perlatum“ geändert.
  • Hallo Patrick,


    das ist mal eine klare Aussage!

    Damit ist P. perlatum also eindeutig identifiziert worden, die häufgste und damit auch wahrscheinlichste Flechte der Gattung Parmotrema.

    Ich danke dir!


    Viele Grüße aus dem verregneten Süden, Martin