Dichomitus campestris, Wachstum dokumentiert

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 3.563 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kruenta.

  • Moin, bin gerade über ganz winzige Haselporlinge gestolpert, die an einem bisher nicht bewachsenen Haselstrauch zu wachsen beginnen. Das ergibt die Möglichkeit zu sehen, wie alt die werden und wie lange die an einer Stelle aushalten. Wobei ich dem Ast maximal noch 3 Jahre gebe, bis er umfällt. Da sind schon Krusten und Pyrenos dran.


    Sieht man sogar von Weitem, der weiße Punkt in Augenhöhe auf dem nach links geneigten Stämmchen ist einer der Pilze:




    In der hiesigen Literatur wird aus irgendeinem Grund behauptet, die Frk. seien einjährig. Selbst in der ganz aktuellen Roten Liste, in die der einbezogen ist. Offensichtlich falsch, denn viele der vorhandenen Frk. haben vor etwa einem Monat angefangen, weiterzuwachsen. Entsprechend ist die junge Röhrenschicht dann deutlich heller. Ganz zu Anfang sah das aus, wie mit Schimmel belegt.

    LG, Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Bernd!


    Die Unterteilung zwischen "Einjährig" und "Mehrjährig" hat in der Tat ein paar fließende Übergänge, wie so viele andere Merkmale auch.

    Es kommt immer wieder mal vor, daß Krusten und Porlinge ihre alten, abgestorbenen Fruchtkörper nochmal mit Mycel durchziehen und dann die neuen Fruchtkörper dort "anbauen". Auch bei diversen Trametes - Arten habe ich das Verhalten schon beobachtet, die sollten ja eben auch einjährig sein.

    Damit sollte man schon rechnen, daß auch Pilze mit "einjährigen" Fruchtkörpern die abgestorbenen nochmal reaktivieren.



    Lg; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    da sehe ich aber schon einen Unterschied, ob ein toter Frk. genau wie anderes Substrat wiederbesiedelt wird, oder ab der einfach weiterwächst. Im ersten Fall sollte es doch zu Fällen kommen, wo der neue Pilz dann einfach teilweise auf Holz, teilweise auf dem alten Pilz wächst. In allen Fällen wachsen aber die Poren weiter.


    Zunächst ist es relativ klar, dass der Pilz auf totes morsches Holz geht, meist nicht sehr dick, sodass das Substrat nach wenigen Jahren umfällt, evtl. der Pilz auch vorher schon abstirbt, vielleicht auch durch Konkurrenz zu anderen Pilzen. Mittlere Lebenserwartung so um die 3 Jahre.


    Dann ist der Pilz recht selten. Pilze in Deutschland hat 343 Datensätze, in Ullas Buch für Sachsen-Anhalt gibt es nur einen Einzelfund. Es ist also einigermaßen fraglich, ob es überhaupt Untersuchungen/Beobachtungen über Jahre hinweg an den gleichen Substraten/frk. gibt.


    Ich war gerade im Wald und habe weitere 4 Substrate aufgesucht. Zwei mit je 5 Frk. sind tot, da wächst nichts weiter. Zwei mit 8 bzw. 2 Frk. sind in allen Frk. am Weiterwachsen. Wobei die 2 Frk. an einem 2 cm dicken finalmorschen Stämmchen sind, das bei leichtem Biegeversuch (weil über Augenhöhe) abgebrochen ist. Damit sind wir bei etwa 50/50. Wobei ja nicht gesagt ist, dass die beiden nicht weiterwachsenden Pilze, tatsächlich nur Frk. vom vorigen Jahr haben und die nicht doch älter sind. M.E. sind all die stärker herausragenden Frk. mit ausgeprägter Kante (siehe Bild 1) mehrjährige Frk. und die wachsen immer nur im unteren Teil.



    LG, Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Bernd!


    Das ist jedenfalls eine interessante Beobachtung. :thumbup:
    Einzuordnen fällt mir das schwer, weil meine bisherigen Funde von Dichomitus campestris an einer Hand abzählbar sind und ich zwar schon recht junge und recht alte fruchtkörper hatte, aber noch keine Übergänge oder gar "nachwachsende" Fruchtkörper beobachten konnte.



    Lg; Pablo.

  • Hallo, ich habe gerade noch einen weiteren Strauch aufgesucht, an exponierter Lage und leicht aufzufinden, der mehrere Fruchtkörper hat und nach abgeschlossenem Wachstum auch einen der älteren Frk. zum Zerschnippeln liefern kann, in der Hoffnung, dass man die Jahresschichten trennen kann. Aber erst will ich sehen, dass es in diesem Jahr bei dem einen Wachstumsschub bleibt.

    Wie man sieht ist der Stamm von oben bis unten voll.

    Die im oberen Bereich haben sich deutlich vom Substrat gelöst und scheinen nicht weiterzuwachsen. Oberhalb ist anscheinend auch schon einer abgefallen.

    Im mittleren Bereich sind das ausgeprägte Konsolen mit Wachstum vorzüglich unterhalb.

    Ganz unten dann dieses Cluster mit Wachstum überall oder bevorzugt auf der Oberseite - das gibt es also auch.

    LG, Bernd

  • Hallo allerseits,

    einen dieser Haselporlinge, der gleich am Weg ist, habe ich über das Jahr immer mal wieder fotografiert, so halbwegs auch gleicher Perspektive. Ich sehe hier 2 Wachstumsschübe, einen größeren ab Mai und dann wieder ab August. Zwischen Ausgangssituation und Endstadium hat der sich größenmäßig kaum verändert, was Raum für Spekulationen lässt, wie alt der zu Beginn war.

    2021-04-15

    05-03

    05-24

    05-29

    06-26

    07-09

    07-16

    08-02

    08-19

    09-09

    09-21

    10-30

    2022-01-18

    LG, Bernd

  • kruenta

    Hat den Titel des Themas von „Dichomitus campestris, in ganz jung“ zu „Dichomitus campestris, Wachstum dokumentiert“ geändert.
  • Hallo Bernd!


    Das ist eine tolle Bilderserie, die du da gemacht hast, danke!


    Das Hauptwachstum scheint also im August zu liegen, wenn ich das richtig sehe.

    Ist es im August noch spätsommerlich, oder schon richtig herbstlich bei euch in Littauen?


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    ich habe den Umfang der Wachstumsschübe nicht gemessen. Also nur vom subjektiven Eindruck her, war die erste Phase länger und hat größeres Wachstum gebracht (10-15 % von der vorhandenen Grüße).


    So weit weg ist das hier ja nun auch nicht, läßt sich etwa mit Mittelgebirge in D bei 300-500 m vergleichen. Der August ist normalerweise warm und trocken. 2021 war er aber deutlich zu kalt und zu nass. Wer seine Getreideernte nicht schon Ende Juli weg hatte, hatte echte Probleme. Kann sein, dass diese zweite Wachstum unter normalen Bedingungen ausgeblieben wäre.


    LG, Bernd

  • Hallo allerseits, die Fotoserie vom vergangenen Jahr kann ich nun fortsetzen, da das Wachstum in diesem Jahr abgeschlossen sein dürfte. Mittlerweile erstrecken sich meine Beobachtungen auf 4-500 Stück dieser Pilze, das Gros ganz in der Nähe, die anderen Funde korrespondieren mit der Annahme, dass es sich um eine Pionierart handelt, die bevorzugt in Wäldern wächst, die nach Kahlschlag, Plenterschlag oder natürlicher Kalamität in Ruhe gelassen wurden und zunächst sehr viel Haselbestände hatten, bis dann die neuen Bäume die nach 20-30 Jahren wieder überwachsen, beschatten und zum Absterben bringen. Überwiegend sind die mehrjährig, auch nach dem Abbrechen der Zweige können die weiterwachsen, am Boden oder in der Luft hängend. Davon habe ich auch Fotos, aber nicht so gründlich dokumentiert.

    8.5.

    18.5.

    27.5.

    5.6.

    11.6.

    19.6.

    30.6.

    28.7.

    2.8.

    16.8.

    28.9.

    Allerdings hatte ich auch diesen Fund an einem Haselstecken, den ich vermutlich im vorigen Jahr gesund dem Wald entnommen hatte (als mobiler Zaunpfahl) und der im Sommer einige Wochen ungenutzt auf der Weide lag. Der hat sich auch einen Dichomitus campestris eingefangen - und da stimmt das campestris dann sogar mal.

    25.9.22

    LG, Bernd

  • Hallo allerseits, ein weitere Saison ist auch für diesen Pilz vorbei. Im Laufe des Jahres ist der Ast knapp oberhalb abgebrochen und es würde mich nicht wündern, wenn in diesem Winter das Stück mit diesem Pilz auch abbricht.

    1.11.2022

    2.5.2023

    24.5.2023

    23.7.2023

    17.8.2023

    7.9.2023

    1.10.2023

    1.11.2023

    LG, Bernd