Einige Funde aus der Nähe von Fürstenfeldbruck

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 3.668 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ditte.

  • Hey,

    so langsam tut sich bei uns in der Gegend etwas. Das habe ich zu einer Exkursion in die Kalkgebiete Richtung Ammersee (bei Grafrath) genutzt. Kurzum lässt sich sagen, dass der mit Abstand häufigste Pilz der Flockenstielige Hexenröhrling war. Interessanterweise fehlen da zur Zeit (noch) typische wärmeliebende Arten, die man im Sommer in den Kalkbuchenwäldern dort finden kann (beispielsweise Sommersteinpilze), dafür waren die ebenfalls auftretenden Fichtensteinpilze bereits zu alt, sodass man irgendwie das Gefühl hatte, spät dran zu sein. Für mich spricht das für eine Folge des niedrigeren Temperaturniveaus der letzten Monate.

    Insofern auch nicht verwunderlich, dass man bereits Schwammerln finden konnte, die sich scheinbar etwas in der Jahreszeit geirrt hatten.

    Aus Zeitgründen möchte ich die Vorstellung der für mein Bestimmungsniveau anspruchsvollen Arten aus Zeitgründen etwas knapper halten und auf mir wesentlich erscheinende Merkmale reduzieren, die zu meiner Bestimmung geführt haben. Sollte sich herausstellen, dass ich es mir (mal wieder) zu leicht damit gemacht habe, bin ich für entsprechende Rückmeldungen wie immer sehr dankbar (die unbekannten Doppelgänger lauern ja hinter jeder Ecke, äh Art :evil:)

    Also zunächst mal mein erstes Phlegmacium dieses Jahres, welches ich bereits im Feld (moorige Fichtenparzelle, eventuell oberflächlich angesäuert, nur Fichte) als Mitglied der Glaucopodes eingeordnet hatte. Bei der Nachuntersuchung zu Hause bestätigte sich dies und die Bestimmung war für mich eigentlich schon makroskopisch als Cortinarius dionysae klar, wenngleich ein Mehlgeruch zwar feststellbar war, jedoch nur wenig deutlich hervorgetreten ist. Auch Sporenform und Größe bewegten sich im Rahmen dessen, was zu dieser Art im Kompedium angegeben ist.

    Erstmal der Fruchtkörper


    Schnittbild:

    ...schiefe Knolle, wohl typisch goldocker Farben


    ...und KOH-Reaktionen

    ...rötlich auf Hutfleisch, orange-gelblich auf Fleisch, auf Basalfilz braun.


    Fund 2:

    Etwa einen halben Meter daneben fand ich diesen Kameraden:


    Ich bin hier bei Lyophyllum deliberatum gelandet, da er vor allem zwei Merkmale aufweist, die in der Literatur immer wieder herausgestellt werden: Das rasche, intensive Schwärzen der Lamellenschneiden (vor allem nach leichtem Druck), sowie eben die Sporenform.



    So, nun die Nummer drei:

    Das wäre mal ein höckersporiger Risspilz. Der Standort war ein extrem vermorschter, humoser und bemooster Fichtenstumpf, im in diesem Fall klar kenntlich in oberflächlich saurem "Fichtenmoorwald".

    Auch hier gehe ich zunächst der Einfachheit halber davon aus, dass die Art über die Kombi Sporenform und -größe mit charakteristisch geformten Hymenialzystiden bereits klar sein könnte.

    Ich gehe von Inocybe curvipes aus:


    Sporen und Hymenium:

    Die zumindest teilweise nach oben ausgezogenen, "aufgebläht" wirkenden Zystiden scheinen ein gutes Merkmal der Art zu sein (wenn ich es denn richtig interpretiert habe).


    Okay, ich denke das reicht erstmal. Den Saftling erspare ich euch ;)

    Wenn ihr gerne Sporenmaße, Abmessungen der Zystiden oder sonstige weitere Details hättet, kann ich sie gerne versuchen nachzuliefern.

    Vielen Dank + Spaß damit,

    liebe Grüße vom Tobi

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    zum Cortinarius sage ich nix. Das soll(t)en andere machen. Für mich auf dem Foto sieht die KOH-Raktion nach einem (rot)braun aus; nicht nach einem typischen "pink".


    Zum Lyophyllum: die Schwärzlinge sind tricky. Wenn aber die Sporenform und andere Merkmale zu dem passen, gehe ich da mit. Meine Funderfahrungen sind bei der Gruppe sehr marginal ausgeprägt.


    Zur Inocybe: Hier ist mit als erstes die Stielbereifung zu prüfen! Bei den Glattsporern ist es wichtig oberes 1/10 des Stieles bereift, oberes Drittel bereift, bis zur Hälfte oder über die Hälfte ggf. bis zur Basis.


    Bei den Höckersporern ist das meines Wissens nicht ganz so. Da reicht nur oberes Drittel bereift mit metuloiden Zystiden oder total. Die Angabe fehlt bei dir leider.


    Ansonsten kann gut I. curvipes passen sofern du solche Zystiden, wie von Ditte gezeigt, (ballonförmig mit Papille) im Präparat gesehen hast.


    Inocybe - curvipes


    Noch eine Sache. Den Ludwig als reines "Bestimmungsbuch" zu nehmen, finde ich äußerst unglücklich. Nimm lieber klassische Schlüsselwerke und schlage im Ludwig nach ob die Bestimmung passen könnte, denn dafür ist der sehr gut geeignet.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hi Stefan,

    vielen Dank für deine Einschätzungen. Besondern bei der Inocybe habe ich da schon auf dich gehofft ;)

    Dazu noch folgendes: Die Stielbereifung ist mir als wichtiges Merkmal soweit bekannt. Bei dieser Kollektion war sie eher schwach ausgeprägt und nur im oberen Stieldrittel erkennbar.

    Zum Phlegmacium: Die KOH-Reaktion bei dem Klumpfuß soll auch gar nicht pink sein - der gehört nicht zu dieser Riege. Tatsächlich verwende ich das Kompendium auch nur als Nachschlagewerk, wenn ich bereits bei einer Bestimmung bin. Deswegen habe ich das mit Sporenmaßen und -form auch in diesem Zusammenhang erwähnt. Geschlüsselt muss hier meines Erachtens mit der FN werden, ansonsten fiele mir nichts ein. Der Gröger hat sich hier ja leider nicht ausgelassen und den (alten) Moser habe ich zwar, aber inzwischen hat sich da fast zu viel geändert.

    Liebe Grüße, Tobi

  • Hallo Tobi Lu,

    mein Bild von C. dionysae stimmt mit deinem Fund überein. Der von dir gezeigte Pilz ist mMn von oben bis unten KOH-negativ. Von einer KOH-Positiv-Reaktion kann man meines Wissens nur bei einem Farbtonumschlag (z. B. aus weiß wird gelb, aus gelb wird rot, aus grau wird blau, aus weiß wird pink...) sprechen, dass KOH die vorhandenen Farben einfach nur verdunkelt (z. B. aus gelb wird braun), gilt noch nicht als positiv.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Tobi!


    Zu dem Phlegmacium an Anfang:
    Cortinaarius dionysae kenne ich so gut wie gar nicht, das einzige Bild, was ich davon habe, ist ein irgendwie hellerer Pilz. Ich hätte den auch (ohne dran zu riechen) fast als Cortinarius anserinus eingeordnet, aber Bernd Oertel war auch da am selben Vereinsabend und hat das natürlich kassiert.
    Also das wäre mein Bild von C. dionysae:




    Gefunden allerdings in einem thermophilen Laubwald (Pfälzer Wald) - wenn auch nicht unbedingt dezidiert kalkhaltig.

    Dein Fund verfärbt insbesondere am Stiel an Druckstellen nicht zufälligerweise ganz dunkel violett?
    Weil wenn ja täte mich der schon irgednwie an Cortinarius purpurascens (gehört in bodensaure Nadelwälder, was zu deiner Beschreibung der Ökologie passen würde) erinnern. Wäre dann mit Lugol / Melzer auf der Trama blutrot.




    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    das ist eines der Hauptprobleme bei der Phlegmacienbestimmung: die Vertreter derselben Art können unterschiedlich aussehen - das Problem kennst du ja sicher von den Risspilzen, wo es sich genau so verhält. Schon die Zeitdauer, die zwischen dem Ausrupfen und dem Fotoschießen vergeht, können Phlegmacien mit einer Farbveränderung quittieren. Die Farbverteilung oder Farbabstimmung oder Farbidee (ich weiß jetzt nicht, wie ich das besser ausdrücken soll) deines Fundes aus dem Laubwald stimmt ja mit Tobis Fund aus dem moosigen Nadelwald grundsätzlich überein, nur dass bei dir eben alles viel blasser erscheint. Bei deinem Foto war die Farbtemperatur an der Kamera auch erkennbar anders eingestellt als die bei Tobi.

    FG

    Oehrling

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    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Deswegen meine ich ja: Ich weiß es nicht. ich geriet weniger wegen den Farben ein kleines bisschen ins Zweifeln, sondern eher wegen den ökologischen Fundbedingungen.
    Ich wollte einfach nur eine weitere Option anbieten. :)
    Jemand mit noch mehr Phlegmacien - Erfahrung könnte vielleicht noch weitre Optionen anbieten.



    LG; Pablo.

  • Mehlgeruch bei Phlegmacien ist halt schon ein knackestrammes Argument.

    Nun gut, bei Cortinarius multiformis oder Cortinarius cliduchus haben sie ja auch aus den Laubwaldsippen eigene Arten gemacht, das kommt bei C. dionysae bestimmt auch noch, falls es nicht irgendwo im Literatur-Orkus schon geschehen ist.

    FG

    Oehrling

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  • Hi Pablo,

    ich finde den Ansatz mit purpurascens im Vergleich mit deinen Bildern ziemlich einleuchtend - eine echt gute Idee! Zumal der Standort in der Tat nicht schlecht passen würde. Aber ich konnte die Sektion ausschließen, da Lugol negativ war und zudem keinerlei Violettfärbung an Druckstellen feststellbar war. Die Sporenmaße gäben zudem einen wenn auch nur etwas zu kleinen Q-Wert. Sorry, diese Sachen habe ich beim Veröffentlichen alle nicht mit angegeben, weil es da einfach schon relativ spät und ich recht müde war. Anserinus habe ich absolut in Erwägung gezogen aber unter anderem aufgrund fehlendem bitten Geschmack der Huthaut (und dem Standort) ausgeschlossen.

    Sicher auch schade, dass es nur ein einzelner Fruchtkörper war - zwei, drei mehr hätten es für mehr Klarheit gerne sein dürfen.

    Liebe Grüße,

    Tobi

  • Hallo Toby, also der Risspilz ist sicher nicht curvipes, der hat eine andere Sporenform und auch andere Zystiden: Wichtig war das erste Bild, das zeigt eben ganz andere Zystiden, als sie curvipes hat.

    Deine Art ist eine aus der recht großen Gruppe der oben bereiften Arten, das gibt es einige, die sich extrem ähnlich sind - auch wenn die Auswahl durch sauren Boden und Fichte eingeschränkt wird. Da geht keine weitere Bestimmung über die wenigen Fotos. Auf jeden Fall sieht es, nach den beiden Mikrobildern zu schließen, nach einer interessanten Art aus.

    Herzlich, Ditte

  • Hallo Ditte,

    vielen Dank. Dann müssen bei curvipes diese balsigen und ausgezogenen Zystiden aus der Schneide stammen? Diese abgebildeten Zellen, die ich dann wohl falsch interpretiert habe, habe ich irgendwo mitten aus der Lamelle herausgequetscht.

    Wie auch immer - in jedem Fall habe ich hier Exikat genug. Ich werde dann mal noch versuchen ein paar weitere Präparate mit Bildern nachzuliefern und ein kompletteres Portrait daraus zu machen. Makroskopisch auffällig war übrigens ein rosa-violettlicher Farbton - weshalb ich erst an nitiduscula dachte, was dann wegen der Sporen gleich vom Tisch war - vor allem im oberen Stieldrittel. Auf den Bildern kommt das noch nicht so gut raus, aber auch da schaue ich mal nach, ob ich noch ein besseres habe.

    Liebe Grüße,

    Tobi

  • Ja, diese anderen Elemente waren was auch immer, aber keine Hymenialzystiden, Tobi. Wenn du es hinbekommst, mach mal Fotos von den Zystiden, die ganz oben am Stiel sitzen, und zwar möglichst so, dass man sie ganz sehen kann, also nicht nur zur Hälfte. Und auch von den anderen Zystiden, damit man die Form besser sehen kann. Und dann auch mehr Sporen und Maße der Sporen. Ich fürchte zwar, dass ich dennoch so nicht viel sagen kann, aber ein Versuch ist esimmerhin wert....

    Liebe Grüße Ditte

  • Servus Tobi,


    nur kurz zu Cortinarius dionysae. Ich habe den zwar lange nicht mehr in der Hand gehabt (und da war der Mehlgeruch sehr deutlich), aber in unseren Moränengebieten kommt der immer wieder vor. Ob das Habitat wirklich sauer war, müsste geprüft werden, denn der ganze Rücken ist purer Kalk. Der kann natürlich verdeckt sein, kommt aber immer wieder durch.


    Hier eine Verbreitungskarte (von unserem Ammersee-Projekt): Startseite | Pilze am Ammersee


    Ich wohne übrigens ums Eck - wenn du mal gemeinsam in die Kalkbuchenwälder hier gehen willst, gib einfach Bescheid.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Sevus Christoph,


    herzlichen Dank für das Angebot einer gemeinsamen Exkursion. Das wäre in der Tat eine tolle Sache, die sehr gerne einmal machen würde!


    Diese Jexhof-Gegend finde inzwischen insbesondere auf den zweiten Blick außergewöhnlich abwechslungsreich mit so vielen unterschiedlichen "Kleinbiotopen". Der gezeigte Risspilz wuchs in einem Kiefern-Fichten-Mischwald Bereich in einem dieser Blaubeer bedeckten Moorgebiete, typischer Weise findet man da Russula claroflava, Lactarius helvus, usw. - ähnlich dem Haspelmoor. Ein paar Meter weiter befindet sich eine auch botanisch interessante Saftlingswiese, gleich darauf Kalkbuchen- und -fichtenwaldbereiche. Allein innherhalb dieses Areals könnte man wohl das ganze Jahr über immer wieder die unterschiedlichsten Besonderheiten aufstöbern, schätze ich. Ich vermute, du kennst das dort ja alles. Der Standort der Cortinarie ist höchstwahrscheinlich neutral oder zumindest nur sehr schwach und oberflächlich sauer, ganz so leicht tue ich mir in der Einschätzung da aber nicht. Dafür spricht jedoch, dass ich da schon andere Arten, die Kalk gebunden sind und wohl nicht all zuviel Oberflächenversauerung abhaben können gefunden habe, wie zum Beisiel Gomphus clavatus.


    Liebe Grüße,

    Tobi

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Tobi!


    Danke für die weiteren Details zum Schleierling: Klar, mit ohne Lugol - Reaktion und ohne erkennbare Verfärbungen auf Druck kann man den Gedanken von mir vergessen - es war ohnehin nur eine schwache Idee, weil Stephan eben auch recht hat mit dem Geruch: Wenn mehlartig, dann sind ohnehin die allermeisten Arten auszuschließen.



    LG; Pablo.

  • Hallo Toby, dein Päckchen ist gut angekommen, und ich hab die Exsikkate untersucht. Wie ich dir schon privat als meine Vermutung geschrieben hatte, handelt es sich bei deinem oben gezeigten Fund um eine interessante und seltene Art: Inocybe silvae-herbaceae. Sie wurde erst 2011 beschrieben (du findest die Beschreibung im Netz, wenn du Eleven new nodulose species, und Kokkonen & Vauras eingibst). Es handelt sich um eine schwierig zu erkennende Art, sie hat aber ein besonderes Merkmal, das ich hier auf einem Foto zeige: Die Zystiden sind oft oben schwach kopfig und am Apex verdickt, wie verstärkt. Das ist ansonsten sehr untypisch.

    Die beiden anderen Exsikkate aus der Umgebung des Fundes waren nicht silvae-herbaceae, sondern I. napipes, die im selben Habitat wohnt, aber eine deutliche Knolle hat. Die Sporen sind stärker höckerig und die Zystiden sind oft geformt wie ein Plattfisch - also halslos. Ich häng ein Foto an.

    Liebe Grüße Ditte