Obligat phytoparasitische Kleinpilze an Bärlauch

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 23.481 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Calabaza.

  • Hallo ihr Lieben,


    für heute habe ich mir den Bärlauch (Allium ursinum) als Wirtspflanze für die Kleinpilze herausgesucht.


    Bärlauch ist ein sehr früh im Jahr austreibendes Lauchgewächs, was oftmals gesammelt wird zur Herstellung von Pesto, Gewürzpasten etc. Die Art ist unverwechselbar, selbst vegetativ ist es meiner Meinung nach nicht möglich die Art mit Maiglöckchen zu verwechseln, da Maiglöckchen eine glänzende Blattunterseite und Bärlauch eine stumpfe hat. Wenn man allerdings mit der Sense durch den Wald geht und erntet, muss man sich nicht wundern...





    Ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen, dass ich mich mit den obligat phytoparasitischen Kleinpilzen beschäftige. Also im Regelfall sitzen diese auf den grünen Pflanzenteilen, denn die Pflanze muss ja noch leben damit der Pilz leben kann. Man muss für diese Kleinpilzsuche also nicht am Boden kriechen und tote Stängel etc. suchen, sondern auf den ganzen grünen Blättern die nun sprießen.


    Auf dem Bärlauch gibt es zwei Rostpilzarten, die sich makroskopisch schon gut unterscheiden. Vom Aussehen sind sie wieder ähnlich wie beim Schneeglöckchen:
    Caeoma allii-ursini G. Winter bildet polsterförmige Aecien aus, welche keine Pseudoperidie ausbilden (deswegen Polsterform und keine Becher oder Säulen). Dem Voraus geht immer die Bildung von kleinen orangen punktförmigen Spermogonien, welche meist blattoberseits zu sehen sind. Wie auch beim Schneeglöckchen ist im Stadium der Spermogonien keine eindeutige Bestimmung möglich, weil der zweite mögliche Rostpilz seine Entwicklung genauso startet. Der Pilz wechselt im Sommer zu Pappel oder Weide.




    Die Aeciosporen sind feinwarzig.



    Der zweite mögliche Rostpilz, der auch häufiger als die vorherige Art ist, ist Puccinia sessilis W.G. Schneid., welchen ich euch schon auf Schneeglöckchen und Aronstab gezeigt habe. Auch hier werden wieder becherförmige Aecien ausgebildet, die wegen des vorhandenseins einer Pseudoperidie so aussehen. Im Sommer wechselt der Pilz auf Glanzgras und beendet dort mit der Ausbildung von Uredien und Telien seine Entwicklung.





    Und dann gibt es noch einen Vertreter der Imperfekten Pilze auf Bärlauch, einen sogenannten Grauschimmel: Botrytis globosa A. Raabe
    Auf meist olivgrauen Blattflecken, die schnell bräunen werden kleine gräuliche Nadeln mit Köpfchen ausgebildet. Der Rasen ist meist recht dicht.




    Im Mikroskop zeigt sich dann worher dieser Pilz seinen Namen "globosa" hat. Auf den Konidienträgern werden die fast runden, 14 - 16 µm im Durchmesser großen Konidien ausgebildet.





    Liebe Grüße Julia

  • Hallo Julia, wieder eine schöne Doku von dir, bei den viele Bärlauch sammler die hier in Forum sind, werden bestimmt bald ein paar Bilder dazu kommen.

    Gruß Mario
    Ein Gruß aus den Bergischen Land


    Pilzchips 40 / 13 PC fürs APR.


    Bei Geschmackprobe bitte nicht runter schlucken.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Julia!


    Haargenau. Also ein weiterer Grund, sich nochmal den Bärlauch unter die Lupe zu nehmen. Dann gibt's nicht nur was für die Küche, sondern auch für die Kamera. Ich hoffe mal, die Bärlauch Saison hält noch ein bisschen, jetzt im Hochsommer... ;)



    LG, Pablo.

  • Klasse Jule!


    Zum "imperfekten" Botrytis globosa gibt es natürlich auch noch den "perfekten" Pilz,
    also die Hauptfruchtform.
    Das ist Botryotinia globosa, ein kleiner gestielter Sklerotien-Becherling, den man bei gezielter Suche in dichten Bärlauchbeständen finden kann. Er ist wohl recht selten, aber immerhin zwei Funde dieser Art sind mir bisher gelungen. Leider hab' ich kein Bild.
    Vielleicht schaut Ihr mal bei der nächsten Bärlauchernte auf vegetationsarme Stellen unter dem Bärlauch.
    Viel Glück beim Finden.


    Lieben Gruß vom Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,


    danke sehr für den ergänzenden Hinweis :)


    Ich hab den noch nie gefunden, hab hier um Bayreuth auch eindeutig zu wenig Kalk, wir haben ja nur Richtung Rodersberg raus ne kleine Muschelkalkzunge.


    Außerdem ist dann auch immer die Frage, ob diese Becherlinge auf den Wurzeln etc. wirklich obligat phytoparasitisch sind ;)


    Liebe Grüße Jule

  • Ausgrab ...
    Die Zeit passt ja gerade dafür.





    Mal ´ne Frage aus dem Bauch heraus, Jule.


    Du futterst den Bärlauch ja auch.


    Wie hältst du es mit einem etwaigen Befall der Pflanze bzw. was weiß man über die Wirkung diverser Pilze und Krankheiten auf Bärlauch (und anderen essbaren Pflanzen) ?
    Vor meiner Pilzzeit hier hätte ich essbare Pflanzen optisch nach Gutdünken begutachtet und entsprechend sortiert. Was krank aussieht fliegt raus. ABER ... ich hätte noch vor 2 Jahren einiges übersehen. Helle Punkte oder so hätten in meinen Augen nur eine Abweichung vom idealen Bild bedeutet, eine Mangelerscheinung oder sonst was gewöhnliches, nicht aber unbedingt eine Krankheit oder Befall.
    Heute schau ich kritischer.


    Wenn ich nun zu Speisezwecken sammele, am Sonntag ist z.B. Bärlauch auf dem Zettel, sollte ich da gewisse "gezeichnete" Pflanzen meiden ? Sind gesundheitlich negative Wirkungen bekannt oder vermutet durch dieses oder jenes ? Und geschmackliche Beeinträchigungen ? Weißt du darüber etwas ?


    Wäre toll wenn du darüber etwas erzählen könntest, sowohl im speziellen (Bärlauh) als auch im allgemeinen.

  • Hallo,


    also, ich pflücke grundsätzlich nur unversehrte Blätter, also ohne Pilzbefall. Da ich nicht weiß wie sich das auswirkt. Außerdem bin ich der Meinung, man muss nicht alles essen. Ich nehm ja auch keine angeschimmelten Großpilze mit und schneide zu Hause den Schimmel dann weg. Ich bin der Meinung, dass man ja selber Sammeln geht, damit man Qualität hat, die man vielleicht im Supermarkt nicht bekommt. Oder man sammelt eben Sachen die in Supermärkten oder auf Märkten nur selten angeboten werden.


    Außerdem ist ja nicht jeder helle Punkt gleich nen Pilz. Ich finde, es macht auch so ein bisschen der Gesamteindruck. Jeder sollte das selbst für sich entscheiden. Man kann sich auf die komplett gesunden beschränken (deswegen habe ich so früh gesammelt, da die Pilze auf Bärlauch noch nen Augenblick brauchen, ich denke mal 2 Wochen). Obs geschmackliche Beeinträchtigungen hat weiß ich nicht, aber ich würds glaub ich nicht ausprobieren wollen.


    Liebe Grüße Jule

  • Hallo Jule!
    Einen klasse Bericht hast Du da erstellt, wirklich interessant. Da werde ich die Augen beim Sammlen weit aufmachen! ;)
    Ich möchte aber gerne noch zu der Verwechslung von Bärlauch mit Nachbarpflanzen etwas sagen: Ich finde auch, dass man ihn nur schwer mit Maiglöckchen verwechseln kann,allerdings gibt es auch noch den Aronstab, der nicht immer gefleckte Blätter hat und sie sind auch nicht immer in Spatelform (oder heißt das pfeilförmig?). Er versteckt sich aber auch sehr gerne in den Bärlauchteppichen.

  • Hallo Julia,


    auch von mir besten Dank für dieses Portrait. :thumbup:


    Damit hat sich auch für mich die Frage geklärt, was ich letztes Frühjahr an den Blättern von allinum ursum fand.


    Erstaunt bin ich, wer hier im Forum schon alles Bärlauch findet. Hier herrscht diesbezüglich noch absolute Ruhe. Ich habe gerade auf den letzten drei kleinen Gläschen eingelegter Bärlauchblütenknospen nachgeschaut.... sie stammen vom 28.04.2013.

    Als erstes Grün zeigen sich momentan ganz junge Blätter des Gefleckten Aronstabs.


    Aber wir werden sehen, massive Bärlauchfunde dürften in den nächsten Wochen auch hier zu erwarten sein.


    Deswegen auch ein Dankeschön an Nobi für den Hinweis auf die HFF.
    Damit lässt sich gezielt darauf achten und vielleicht gelingt uns ein solcher Fund innerhalb des Forums. Schade, ein Foto wäre hilfreich.
    Kann vielleicht sonst jemand eine Aufnahme zur Verfügung stellen ?


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Dank dir Jule! :)


    Also wie gehabt. Augen auf beim Sammeln und pingelig sein.


    Ich bin beim essen eh recht eigen.
    Aber unter den Leuten mit denen ich am Sonntag Bärlauch sammeln bin sind auch von den robusten welche. Die futtern auch direkt in der Natur frohgemut was da gerade steht. Also falls mal was knackt im Salat und zappelt, dann waren das wohl nur Gratis-Proteine. :D Die nimmt man achselzuckend mit.
    Daher wollte ich ein bißchen mehr wissen. In Sachen Pilze hören die mir ja auch gerne zu.



    Calabaza


    Bei dir rührt sich noch kein Bärlauch ? Sicher ?
    Also hier in Hamburg, sonnenexponiert, kommt er gerade in Wallung und versprüht seinen Duft.
    Da müßte er doch bei euch auch unterwegs sein.

  • Calabaza


    Bei dir rührt sich noch kein Bärlauch ? Sicher ?
    Also hier in Hamburg, sonnenexponiert, kommt er gerade in Wallung und versprüht seinen Duft.
    Da müßte er doch bei euch auch unterwegs sein.


    Nö, Mausmann,


    leider ist gerade gar nichts los. NiLa und ich waren am Sonntag mit Pilzologe im Schönbuch. (Fast ) Gar nichts. Direkt zuhause auch noch nichts.
    Ab Donnerstag wird es wärmer, dann sollte es auch hier losgehen.
    Hoffentlich mit noch Vielem mehr. Wir werden gegebenenfalls berichten... und pingelig die Augen offen halten ;)


    LG,
    Markus